2009/07/05

04. Bach Edition: Cantatas I

BACH EDITION
VOLUME III
Cantatas I
89
CD III-1
CANTATAS BWV 80-82 & 61
Our picture of Bach is very much that of the Thomaskirche cantor in Leipzig. For no less than 27 years he was
responsible for the church music on Sundays and feast-days in the four main Leipzig churches: the
Thomaskirche, Nicolaikirche, Peterskirche and Neue Kirche. Here Bach composed his many cantatas, his now
world-famous St John Passion and St Matthew Passion, and the motets. To perform them he selected the best
choral singers from the pupils of the neighbouring Thomasschule and students of Leipzig University. Choir
practices were held on Monday, Tuesday, Wednesday and Friday, and on Saturday choir, soloists and orchestra
rehearsed for the cantata services on Sunday. Often, however, there was hardly time to rehearse, and much to
Bach’s annoyance performances often left much to be desired. Bach’s enormous production of cantatas in
Leipzig and previously in Weimar (an estimated 300), combined with their remarkable quality, forms one of
the most astounding creative outbursts in music history.
Cantata 80 `Ein feste Burg ist unser Gott’ is a rather large-scale work (8 movements totalling about 30 minutes)
written around 1728-31 for Reformation Day. As far as we know the work is an extended version of
Cantata 80a ‘Alles was von Gott geboren’ written in Weimar in 1715. Precisely when and for what purpose the
cantata was written, we do not know. Bach appears to have added the opening chorus and central chorale (no.
5) later. Bach’s eldest son Wilhelm Friedemann reinforced the already large and festive instrumentation by
adding trumpets and timpani in nos. 1 and 5. The cantata opens with one of Bach’s very finest choral movements
and ends with a simple and sober chorale to the tune ‘Ein feste Burg ist unser Gott’, the Lutheran hymn
par excellence.
Cantata 82 ‘Ich habe genug’ (1727) is one of Bach’s most moving and popular solo cantatas. With the cantata
‘Ich will den Kreuzstab gerne tragen’ it belongs to the favourite repertoire of bass singers. The five-movement
cantata ‘Ich habe genug’, however, exists in three different versions including one for soprano and one for
mezzo-soprano. The sober instrumentation, comprising solo voice, oboe, strings and basso continuo, was probably
prompted by the fact that the work was written for the feast of the Purification of the Blessed Virgin Mary
on 2 February.
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The six-movement Advent Cantata 61 ‘Nun komm, der Heiden Heiland’ (1714) is one of about 20 cantatas
which Bach wrote in Weimar. The work is embraced by two choral movements, both based on world-famous
chorale tunes, the first on the Lutheran hymn ‘Nun komm der Heiden Heiland’ and the final chorus on ‘Wie
schön leuchtet der Morgenstern’. In the second recitative (no. 4) there is a very graphic moment when Christ
(the bass soloist) knocks on the door, accompanied by plucked notes on the strings.
Clemens Romijn
Ein feste Burg is unser Gott
BWV 80
Chor
Ein feste Burg ist unser Gott,
Ein gute Wehr und Waffen.
Er hilft uns frei aus aller Not,
Die uns itzt hat betroffen.
Der alte böse Feind,
Mit Ernst ers jetzt meint,
Groß Macht und viel List
Sien grausam Rüstung ist,
Auf Erd ist nicht seinsgleichen.
Arie
Mit unser Macht ist nichts getan,
Wir sind gar bald verloren.
Es streit vor uns der rechte Mann,
Den Gott selbst hat erkoren.
Fragst Du, wer er ist?
Er heißt Jesu Christ,
Der Herre Zebaoth,
Und ist kein andrer Gott,
Das Feld Muß er behalten.
Alles, was von Gott geboren,
Ist zum Siegen auserkoren.
Wer bei Christi Blutpanier
In der Taufe Treu geschworen,
Siegt im Geiste für und für.
Rezitativ
Erwäge doch, Kind Gottes, die so große
Liebe,
Da Jesus sich
Mit seinem Blute dir verschriebe,
Wormit er dich
Zum Kriege wider Satans Heer und wider
Welt und Sünde
Geworben hat!
Gib nicht in deiner Seele
Dem Satan und den Lastern statt!
Laß nicht dein Herz,
Den Himmel Gottes auf der Erden,
Zur Wüste werden!
Bereue deine Schuld mit Schmerz,
Daß Christi Geist mit dir sich fest verbinde!
Arie
Komm in mein Herzenshaus,
Herr Jesu, mein Verlangen!
Treib Welt und Satan aus
Und laß dein Bild in mir erneuert prangen!
Weg, schnöder Sündengraus!
Choral
Und wenn die Welt voll Teufel wär
Und wollten uns verschlingen,
So fürchten wir uns nicht so sehr,
Es soll uns doch gelingen.
Der Fürst dieser Welt,
Wie saur er sich stellt,
Tut er uns doch nicht,
Das macht, er ist gericht’,
Ein Wörtchen kann ihn fällen.
Rezitativ
So stehe denn bei Christi blutgefärbten
Fahne,
O Seele, fest
Und glaube, daß dein Haupt dich nicht verläßt,
Ja daß sein Sieg
Auch dir den weg zu deiner Krone bahne!
Tritt freudig in den Krieg!
Wirst du nur Gottes Wort
So hören als bewahren,
So wird der Feind gezwungen auszufahren,
Dein Heiland bleibt dein Hort!
Duett
Wie selig sind doch die, die Gott im Munde
tragen,
Doch selger ist das Herz, das ihn im Glauben trägt!
Es bleibet ubesiegt und kann die Feinde schlagen
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Und wird zuletzt gekrönt, wenn es den Tod
erlegt.
Choral
Das Wort sie sollen lassen stahn
Und kein’ Dank dazu haben.
Er ist bei uns wohl auf dem Plan
Mit seinem Geist und Gaben.
Nehmen Sie uns den Leib,
Gut, Ehr, Kind und Weib,
Laß fahren dahin,
Sie habens kein’ Gewinn;
Das Reich muß uns doch bleiben.
Ich habe genung
BWV 82
Arie
Ich habe genung,
Ich habe den Heiland, das Hoffen der
Frommen,
Auf meine begierigen Arme genommen;
Ich habe genug!
Ich habe ihn erblickt,
Mein Glaube hat Jesum ans Herze gedrückt;
Nun wünsch ich noch heute mit Freuden
Von hinnen zu scheiden.
Rezitativ
Ich habe genung!
Mein Trost ist nur allein,
Daß Jesus mein und ich sein eigen möchte
sein.
Im Glauben halt ich ihn,
Da seh ich auch mit Simeon,
Die Freude jenes Lebens schon.
Laßt uns mit diesem Manne ziehn!
Ach! Möchte mich von meines Leibes Ketten
Der Herr erretten;
Ach! wäre doch mein Abschied hier,
Mit Freuden sagt ich, Welt, zu dir:
Ich habe genug.
Arie
Schlummert ein, ihr matten Augen,
Fallet sanft und selig zu!
Welt, ich bleibe nicht mehr hier,
Hab ich doch kein Teil an dir,
Das der Seele könnte taugen.
Hier muß ich das Elend bauen,
Aber dort, dort werd ich schauen
Süßen Friede, stille Ruh.
Rezitativ
Mein Gott! Wenn kommt das schöne: Nun!
Da ich im Friede fahren werde
Und in dem Sande kühler Erde
Und dort bei dir im Schoße ruhn?
Der Abschied ist gemacht,
Welt, gute Nacht!
Arie
Ich freue mich auf meinen Tod,
Ach, hätt er sich schon eingefunden.
Da entkomm ich aller Not,
Die mich noch auf der Welt gebunden.
Nun komm, der Heiden Heiland
BWV 61
Chor
Nun komm, der Heiden Heiland,
Der Jungfrauen Kind erkannt,
Des sich wundert alle Welt:
Gott solch Geburt ihm bestellt.
Rezitativ
Der Heiland ist gekommen,
Hat unser armes Fleisch und Blut
An sich genommen
Und nimmet uns zu Blutsverwandten an.
O allerhöchstes Gut,
Was hast du nicht an uns getan?
Was tust du nicht
Noch täglich an den Deinen?
Du kommst und lässt Dein Licht
Mit vollem Segen scheinen.
Arie
Komm, Jesu komm zu deiner Kirche
Und gib ein selig neues Jahr!
Befördre deines Namens Ehre,
Erhalte die gesunde Lehre
Und segne Kanzel und Altar!
Rezitativ
Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an.
So jemand meine Stimme hören wird und die
Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und
das Abendmahl mit ihm halten und er
mit mir.
Arie
Öffne dich, mein ganzes Herze,
Jesus kömmt und ziehet ein.
Bin ich gleich nur Staub und Erde,
Will er mich doch nicht verschmähn,
Seine Lust an mir zu sehn,
Dass ich seine Wohnung werde.
O wie selig werd ich sein!
Choral
Amen, Amen!
Komm, du schöne Freudenkrone,
Bleib nicht lange.
Deiner Wart ich mit Verlangen.
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CD III-2
CANTATAS BWV 16-170 & 133
The six-movement Cantata 16 ‘Herr Gott, dich loben wir’ is a New Year cantata, written for the new year of
1726. It is based on the text and tune of Martin Luther’s German Te Deum, ‘Herr Gott, dich loben wir’, written
in 1529. The beginning of the Te Deum is heard in long notes in the soprano part of the elaborate opening
chorus, and in the accompanying horn part. The jubilant mood of the New Year’s feast is superbly expressed
in the aria ‘Lasst uns jauchzen’ (no. 3), where Bach combines a bass aria with a choral section. The words
‘jauchzen’ (= rejoice) and ‘krönt’ (= crowns) are grasped by Bach to create wonderful moments of text expression.
Cantata 170 ‘Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust’ was written for 28 July 1726, the 6th Sunday after Trinity. It
is a solo cantata for alto, without choir and therefore even without a final chorale, but with an obbligato organ
part in the two arias (nos. 3 and 5). Instead of drawing on the bible, the text of this cantata is a free poem by
Georg Christian Lehms (1711), based on passages from the Sermon on the Mount dealing with man’s malice,
his miserable existence and his longing for peace in death. The greatest misery comes to those who do not believe,
according to the text. In the aria ‘Wie jammern mich doch die verkehrten Herzen’ (no. 3) they have lost the
very ground under their feet. Bach silences the ever-present continuo and bases the movement on a thin thread
spun by the viola (‘Bassettchen’).
The six-movement chorale Cantata 133 ‘Ich freue mich in dir’ was written for the 3rd day of Christmas in 1724.
It is symmetrically constructed, with a choral movement at the beginning and end, and four movements in
between consisting of aria-recitative and aria-recitative. Despite the festive occasion the instrumentation is
relatively sober, comprising four soloists, four-part choir, two oboes d’amore, cornett, strings and basso continuo.
The fact that singers and players were already under great pressure on the first two days of Christmas probably
played a role. This may also explain the cornett part, which simply reinforces the sopranos in the opening
and final choruses, giving extra colour to the chorale tune ‘Ich freue mich in dir’.
Clemens Romijn
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Herr Gott, dich loben wir
BWV 16
Chor
Herr Gott, dich loben wir,
Herr Gott, wir danken dir!
Dich, Gott Vater in Ewigkeit,
Ehret die Welt weit und breit.
Rezitativ
So stimmen wir bei dieser frohen Zeit
Mit heisser Andacht an
Und legen dir, o Gott, auf dieses neue Jahr
Das erste Herzensopfer dar.
Was hast du nicht von Ewigkeit
Vor Heil an uns getan;
Und was muss unsre Brust noch itzt vor Lieb
und Treu verspüren?
Dein Zion sieht vollkommne Ruh;
Es fällt ihm Glück und Segen zu,
Der Tempel schallt
Von Psaltern und von Harfen, und unsre
Seele wallt,
Wenn wir nur Andachtsglut in Herz und
Munde führen.
O sollte darum nicht ein neues Lied erklingen,
Und wir in heisser Liebe singen?
Arie
Lasst uns jauchzen, lasst uns freuen:
Gottes Güt und Treu
Bleibet alle Morgen neu!
Krönt und segnet seine Hand,
Ach so glaubt, dass unser Stand
Ewig glücklich sei!
Rezitativ
Ach treuer Hort,
Beschütz auch fernerhin dein wertes Wort,
Beschütze Kirch und Schule,
So wird dein Reich vermehrt,
Und Satans arge List gestört.
Erhalte nur den Frieden
Und die beliebte Ruh,
So ist uns schon genug beschieden,
Und uns fällt lauter Wohlsein zu.
Ach! Gott, dus wirst das Land
Noch ferner wässern,
Du wirst er stets verbessern,
Du wirst es selbst mit deiner Hand
Und deinem Segen bauen.
Wohl uns! Wenn wir dir für und für,
Mein Jesus und mein Heil, vertrauen.
Arie
Geliebter Jesu, du allein
Sollst meiner Seele Reichtum sein!
Wir wollen dich vor allen Schätzen
In unser treues Herze setzen,
Ja, wenn das Lebensband zerreisst,
Stimmt unser gottvergnügter Geist
Noch mit den Lippen sehnlich ein:
Geliebter Jesu, du allein
Sollst meiner Seele Reichtum sein.
Choral
All solch dein Güt wir preisen,
Vater ins Himmels Thron,
Die du uns tust beweisen
Durch Christum, deinen Sohn,
Und bitten ferner dich,
Gib uns ein friedlich Jahre,
Vor allem Leid bewahre
Und nähr uns mildiglich.
Für -jetzt- im Himmelsthron.
Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust
BWV 170
Arie
Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust,
Dich kann man nicht bei Höllensünden,
Wohl aber Himmelseintracht finden;
Du stärkst allein die schwache Brust.
Drum sollen lauter Tugendgaben
In meinem Herzen Wohnung haben.
Rezitativ
Die Welt, das Sündenhaus,
Bricht nur in Höllenlieder aus
Und sucht durch Hass und Neid
Des Satans Bild an sich zu tragen.
Ihr Mund ist voller Ottergift,
Der oft die Unschuld tödlich trifft,
Und will allein von Rache sagen.
Gerechter Gott, wie weit
Ist doch der Mensch von dir entfernet;
Du liebst, jedoch sein Mund
Macht Fluch und Feindschaft kund
Und will den Nächsten nur mit Füssen treten.
Ach! diese Schuld ist schwerlich zu verbeten.
Arie
Wie jammern mich doch die verkehrten
Herzen,
Die dir, mein Gott, so sehr zuwider sein;
Ich zittre recht und fühle tausend Schmerzen,
Wenn sie sich nur an Rach und Hass erfreun.
Gerechter Gott, was magst du doch gedenken,
Wenn sie allein mit rechten Satansränken
Dein scharfes Strafgebot so frech verlacht.
Ach! Ohne Zweifel hast du so gedacht:
Wie jammern mich doch die verkehrten
Herzen!
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Rezitativ
Wer sollte sich demnach
Wohl hier zu leben wünschen,
Wenn man nur Haß und Ungemach
Vor seine Liebe sieht?
Doch, weil ich auch den Feind
Wie meinen besten Freund
Nach Gottes Vorschrift lieben soll,
So flieht
Mein Herze Zorn und Groll
Und wünscht allein bei Gott zu leben,
Der selbst die Liebe heisst.
Ach, eintrachtvoller Geist,
Wenn wird er dir doch nur sein Himmelszion
geben?
Arie
Mir ekelt mehr zu leben,
Drum nimm mich, Jesu, hin!
Mir graut vor allen Sünden,
Lass mich dies Wohnhaus finden,
Wo selbst ich ruhig bin.
Ich freue mich in dir
BWV 133
Chor
Ich freue mich in dir
Und heisse dich willkommen,
Mein liebes Jesulein!
Du hast dir vorgenommen,
Mein Brüderlein zu sein.
Ach, wie ein süsser Ton!
Wie freundlich sieht er aus,
Der große Gottessohn!
Arie
Getrost! Es fasst ein heilger Leib
Des Höchsten unbegreiflichs Wesen.
Ich habe Gott - wie wohl ist mir geschehen! -
Von angesicht zu Angesicht gesehen.
Ach! meine Seele muss genesen.
Rezitativ
Ein Adam mag sich voller Schrecken
Vor Gottes Angesicht
Im Paradies verstecken!
Der allerhöchste Gott kehrt selber bei uns
ein:
Und so entsetzet sich mein Herze nicht;
Es kennet sein erbarmendes Gemüte.
Aus unermessner Güte
Wird er ein kleines Kind und heisst mein
Jesulein.
Arie
Wie lieblich klingt es in den Ohren,
Dies Wort: mein Jesus ist geboren,
Wie dringt es in das Herz hinein!
Wer Jesu Namen nicht versteht,
Und wem es nicht durchs Herze geht,
Der muss ein harter Felsen sein.
Rezitativ
Wohlan, des Todes Furcht und Schmerz
Erwägt nich mein getröstet Herz.
Will er vom Himmel sich
Bis zu der Erde lenken,
So wird er auch an mich
In meiner Gruft gedenken.
Wer Jesum recht erkennt,
Der stirbt nicht, wenn er stirbt,
Sobald er Jesus nennt.
Choral
Wohlan, so will ich mich
An dich, o Jesu, halten,
Und sollte gleich die Welt in tausend Stücken
spalten.
O Jesu, dir, nur dir, dir leb ich ganz allein;
Auf dich, allein auf dich,
Mein Jesu, schlaf ich ein.
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CD III-3
CANTATAS BWV 97-132 & 72
The nine-movement Cantata 97 `In allen meinen Taten' is a relatively late cantate, dated 1734. Precisely for what
purpose and which liturgical sunday or feastday Bach wrote this work, we do not know. The church hymn `In allen
meinen Taten' is given only to the opening chorus and the final chorale movement. This cantata has an unusual
number of solo pieces (five), among them four arias, and an even more strikingly small number of recitatives (two).
The opening chorus is in the style of a french ouverture with characteristic dotted rhythm. The chorale melody is
given as a cantus firmus to the soprano. The four arias are written for bass, tenor, alto and soprano-bass duet respectively.
In two of them (nos.4 and 6) the solo violin plays a striking role. Especially in the first one, `Ich traue seiner
Gnaden', it has a very expressive and virtuoso part full of scale-like passages and double stops.
Cantata 132 ‘Bereitet die Wege, bereitet die Bahn’ is also based on a text by Salomon Franck; but it was written
in Bach’s Weimar period in 1715, about eleven years earlier than Cantata 72 and therefore at the time when
Franck wrote his poem. Composed for the 4th Sunday in Advent, it is a rather soberly scored work for four
soloists, oboe, solo violin, strings and basso continuo, almost a ‘chamber’ instrumentation like many Weimar
cantatas. The work comprises three arias and two recitatives, without an opening or final chorus. The coloratura
soprano and oboe parts present a colourful image of the opening text ‘Bereitet die Wege, bereitet die Bahn’.
Cantata 72 ‘Alles nur nach Gottes Willen’ was composed for 27 January 1726, the 3rd Sunday after Epiphany.
The work includes music which Bach used later as the basis of the first Gloria chorus in the Mass in G Minor
BWV 235. The text of the cantata is by Salomon Franck, Bach’s favourite cantata poet in Weimar, to whom he
often resorted again in his later Leipzig cantatas. The text is strongly reminiscent of that of Cantata 73 ‘Herr,
wie du willt, so schicks mit mir’, likewise for the 3rd Sunday after Epiphany. In the music too the cantatas seem
to quote one another. The fragment ‘Herr, so du willt’ in the arioso of no. 2 in Cantata 72 is identical to a passage
with exactly the same text in the bass aria no. 4 in Cantata 73. The work concludes with the chorale ‘Was
mein Gott will, das gscheh allzeit’.
Clemens Romijn
96
In allen meinen Taten
BWV 97
Chor
In allen meinen Taten
Laß ich den Höchsten raten,
Der alles kann und hat;
Er muß zu allen Dingen,
Solls anders wohl gelingen,
Selbst geben Rat und Tat.
Arie
Nichts ist es spat und frühe
Um alle meine Mühe,
Mein Sorgen ist umsonst.
Er mags mit meinen Sachen
Nach seinem Willen machen,
Ich stells in seine Gunst.
Rezitativ
Es kann mir nichts geschehen,
Als was er hat versehen,
Und was mir seligt ist:
Ich nehm es, wie ers gibet;
Was ihm von mir beliebet,
Das hab ich auch erkiest.
Arie
Ich traue seiner Gnaden,
Die mich vor allem Schaden,
Vor allem Übel schützt.
Leb ich nach seinen Gesetzen,
So wird mich nichts verletzen,
Nichts fehlen, was mir nützt.
Rezitativ
Er wolle meiner Sünden
In Gnaden micht entbinden,
Durchstreichen meine Schuld!
Er wird auf mein Verbrechen
Nicht stracks das Urteil sprechen
Und haben noch Geduld.
Arie
Leg ich mich späte nieder,
Erwache frühe wieder,
Lieg oder ziehe fort,
In Schwachheit und in Banden,
Und was mir stößt zuhanden,
So tröstet mich sein Wort.
Duett
Hat er es denn beschlossen,
So will ich unverdrossen
An mein Verhängnis gehn!
Kein Unfall unter allen
Wird mir zu harte fallen,
Ihn will ihn überstehn.
Arie
Ihm hab ich mich ergeben
Zu sterben und zu leben,
Sobald er mir gebeut.
Es sei heut oder morgen,
Dafür laß ich ihn sorgen;
Er weiß die rechte Zeit.
Choral
So sein nun, Seele, deine
Und traue dem alleine,
Der dich erschaffen hat;
Es gehe, wie es gehe,
Dein Vater in der Höhe
Weiß allen Sachen Rat.
Bereitet die Wege, bereitet die Bahn
BWV 132
Arie
Bereitet die Wege, bereitet die Bahn!
Bereitet die Wege
Und machet die Stege
Im Glauben und Leben
Dem Höchsten ganz eben;
Messias kömmt an!
Rezitativ
Willst du dich Gottes Kind und Christi
Bruder nennen,
So müssen Herz und Mund den Heiland frei
bekennen.
Ja, Mensch, dein ganzes Leben
Muß von dem Glauben Zeugnis geben!
Soll Christi Wort und Lehre
Auch durch dein Blut versiegelt sein,
So gib dich willig drein!
Denn dieses ist der Christen Kron und Ehre.
Indes, mein Herz, bereite
Noch heute
Dem Herrn die Glaubensbahn
Und räume weg die Hügel und die Höhen,
Die ihm entgegenstehen!
Wälz ab die schweren Sündensteine,
Nimm deinen Heiland an,
Daß er mit dir im Glauben sich vereine!
Arie
Wer bist du? frage dein Gewissen,
Da wirst du sonder Heuchelei,
Ob du, o Mensch, falsch oder treu,
Dein rechtes Urteil hören müssen.
Wer bist du? frage das Gesetze,
Das wird dir sagen, wer du bist:
Ein Kind des Zorns in Satans Netze,
97
Ein falsch und heuchlerischer Christ.
Rezitativ
Ich will, mein Gott, dir frei heraus bekennen:
Ich habe dich bisher nicht recht bekannt!
Ob Mund und Lippen gleich dich
Herr und Vater nennen,
Hat sich mein Herz doch von dir abegewandt.
Ich habe dich verleugnet mit dem Leben,
Wie kannst du mir ein gutes Zeugnis geben?
Als, Jesu, mich dein Geist- und Wasserbad
Gereiniget von meiner Missetat,
Hab ich dir zwar stets feste Treu versprochen.
Ach! aber ach! der Taufbund ist gebrochen.
Die Untreu reuet mich.
Ach Gott, erbarme dich!
Ach hilf, daß ich mit unverwandter Treue
Den Gnadenbund im Glauben stets erneue.
Arie
Christi Glieder, ach bedenket,
Was der Heiland euch geschenket
Durch der Taufe reines Bad!
Bei der BLut- und Wasserquelle
Werden eure Kleider helle,
Die befleckt von Missetat.
Christus gab zum neuen Kleide
Roten Purpur, weisse Seide,
Diese sind der Christen Staat.
Choral
Ertöt uns durch dein Güte,
Erweck uns durch dein Gnad;
Den alten Menschen kränke,
Dass der neu'leben mag
Wohl hie auf diser Erden,
Den Sinn und all Begehrden
Und Gdanken habn zu dir.
Alles nur nach Gottes Willen
BWV 72
Chor
Alles nur nach Gottes Willen,
So bei Lust als Traurigkeit,
So bei gut als böser Zeit.
Gottes Wille soll mich stillen
Bei Gewölk und Sonnenschein.
Alles nur nach Gottes Willen!
Dies soll meine Losung sein.
Rezitativ
O selger Christ, der allzeit seinen Willen in
Gottes Willen senkt, es gehe, wie es gehe, bei
Wohl und Wehe. Herr so du willt, so muss
sich alles fügen!
Herr, so du willt, so kannst dus mich vergnügen!
Herr, so du willt, verschwindet meine Pein!
Herr, so du willt, werd ich gesund und rein!
Herr, so du willt, wir Traurigkeit zur Freude!
Herr, so du willt, find ich auf Dornen Weide!
Herr, so du willt, werd ich einst selig sein!
Herr, so du willt, -lass mich dies Wort im
Glauben fassen
Und meine Seele stillen!-
Herr, so du willt, so sterb ich nicht,
Ob Leib und Leben mich verlassen,
Wenn mir dein Geist dies Wort ins Herze
spricht!
Arie
Mit allem, was ich hab und bin,
Will ich mich Jesu lassen,
Kann gleich mein schwacher Geist und Sinn
Des Höchsten Rat nicht fassen;
Er führe mich nur immer hin
Auf Dorn- und Rosenstrassen!
Rezitativ
So glaube nun!
Dein Heiland saget: Ich wills tun!
Er pflegt die Gnadenhand
Noch willigst auszustrecken,
Wenn Kreuz und Leiden dich erschrecken,
Er kennet deine Not und löst dein
Kreuzesband.
Er stärkt, was schwach
Und will das niedre Dach
Der armen Herzen nicht verschmähen,
Darunter gnädig einzugehen.
Arie
Mein Jesus will es tun, er will dein Kreuz
versüßen.
Obgleich dein Herze liegt in viel
Bekümmernissen,
Soll es doch sanft und still in seinen Armen
ruhn,
Wenn ihn der Glaube faßt; mein Jesus well es
tun!
Choral
Was mein Gott will, das gescheh allzeit,
Sein Will, der ist der beste,
Zu helfen den’n er ist bereit,
Die an ihn glauben feste.
Er hilft aus Not, der fromme Gott,
Und züchtiget mit Maßen.
Werr Gott vertraut, fest auf ihn baut,
Den will er nicht verlassen.
98
CD III-4
CANTATAS BWV 113 & 42
Bach composed Cantata 113 ‘Herr Jesu Christ, du höchstes Gut’ for 20 August 1724, the 11th Sunday after
Trinity. It is a typical chorale cantata, in which the chorale tune ‘Herr Jesu Christ, du höchstes Gut’ has left its
mark on no less than four different movements. It is first introduced in the opening chorus, where it is sung line
for line by the sopranos. In the following chorale (no. 2) the same tune is heard without ornamentation in the
alto, frequently interrupted by instrumental refrains featuring descending scale motifs. Commentators have suggested
that these motifs were inspired by the words ‘wer sich selbst erniedrigt’. In the recitative ‘Jedoch dein
heilsam Wort’ the chorale tune is sung by the bass, in combination with a most lively basso continuo. In the duet
‘Ach Herr, mein Gott’ (no. 7) Bach has again incorporated the chorale melody, though less conspicuously, less
completely and with more embellishment. Finally, the chorale tune is heard once more in the final chorale.
In Leipzig the composition and performance of about 60 sacred cantatas each year for Sundays and feast-days
was one of Bach’s most important tasks as cantor of the Thomaskirche. Beside composing new cantatas for this
purpose he adapted earlier works too (concerto and sonata movements and parts of secular cantatas), sometimes
employing a new text to suit the specific occasion. By re-using his own work he was able to ensure that
his best music was not forgotten.
An example is Cantata 42 ‘Am Abend aber desselbigen Sabbats’, composed for Sunday 8 April 1725, the 1st
Sunday after Easter, otherwise known as Quasimodogeniti. This name originates from the opening text for
Mass on this Sunday, Quasimodo geniti infantes, meaning ‘as new-born babes’. Bach commences the cantata
with an instrumental Sinfonia somewhat reminiscent of the Brandenburg Concertos and probably based on a
lost instrumental work. In this first movement the wind group (two oboes and bassoon) competes with a string
group (two violins and viola). The cantata comprises seven movements: the opening sinfonia is followed by
two recitatives, two arias and two chorales, firstly ‘Verzage nicht, du Häuflein klein’, and as final chorale
‘Verleih’ uns Frieden gnädiglich’.
Clemens Romijn
99
Herr Jesu Christ, du höchstes Gut
BWV 113
Chor
Herr Jesu Christ, du höchstes Gut,
Du Brunnquell aller Gnaden,
Sieh doch, wie ich in meinem Mut
Mit Schmerzen bin beladen
Und in mir hab der Pfeile viel,
Die im Gewissen ohne Ziel
Mich armen Sünder drücken.
Choral
Erbarm dich mein in solcher Last,
Nimm sie aus meinem Herzen,
Dieweil du sie gebüsset hast
Am Holz mit Todesschmerzen,
Auf daß ich nicht für großem Weh
In meinem Sünden untergeh,
Noch ewiglich verzage.
Arie
Fürwahr, wenn mir das kömmet ein,
Daß ich nicht recht vor Gott gewandelt
Und täglich wider ihn mißhandelt,
So quält mich Zittern, Furcht und Pein.
Ich weiß, daß mir das Herze bräche,
Wenn mir dein Wort nicht Trost verspräche.
Rezitativ
Jedoch dein heilsam Wort, das macht
Mit seinem süßen Singen,
Daß meine Brust,
Der vormals lauter Angst bewußt,
Sich wieder kräftig kann erquicken.
Das jammervolle Herz
Empfindet nun nach tränenreichem Schmerz
Den hellen Schein von Jesu Gnadenblicken;
Sein Wort hat mir so vielen Trost gebracht,
Daß mir das Herze wieder lacht.
Als wenns beginnnt zu springen.
Wie wohl ist meiner Seelen!
Das zagende Gewissen kann mich nicht länger
quälen,
Dieweil Gott alle Gnad verheißt,
Hiernächst die Gläubigen und Frommen
Mit Himmelsmanna speist,
Wenn wir nur mit zerknirschtem Geist
Zu unserm Jesu kommen.
Arie
Jesus nimmt die Sünder an:
Süßes Wort voll Trost und Leben!
Er schenkt die wahre Seelenruh
Und rufet jedem tröstlich zu:
Dein Sünd ist dir vergeben.
Rezitativ
Der Heiland nimmt die Sünder an:
Wie lieblich klingt das Wort in meinen
Ohren!
Er ruft: Kommt her zu mir,
Die ihr mühselig und beladen,
Kommt her zum Brunnquell aller Gnaden,
Ich hab euch mir zu Freunden auserkoren!
Auf dieses Wort will ich zu dir
Wie der bußfertge Zöllner treten
Und mit demütgem Geist Gott sie mir gnädig!
beten
Ach, tröste meinen blöden Mut
Und mache mich durch dein vergossnes Blut
Von allen Sünden rein,
So werd ich auch wie David und Manasse,
Wenn ich dabei
Dich stets in Lieb und Treu
Mit meinem Glaubensarm umfasse,
Hinfort ein Kind des Himmels sein.
Arie
Ach Herr, mein Gott, vergib mirs doch,
Womit ich deinen Zorn erreget,
Zerbrich das schwere Sündenjoch,
Das mir der Satan auferleget,
Daß sich mein Herz zufrieden gebe
Und dir zum Preis und Ruhm hinfort
Nach deinem Wort
In kindlichem Gehorsam lebe.
Choral
Stärk mich mit deinem Freudengeist,
Heil mich mit deinen Wunden,
Wasch mich mit deinem Todesschweiß
In meiner letzten Stunden;
Und nimm mich einst, wenn dirs gefällt,
In wahrem Glauben von der Welt
Zu deinen Auserwählten!
Am Abend aber desselbigen Sabbats
BWV 42
Sinfonia
Rezitativ
Am Abend aber desselbigen Sabbats, da die
Jünger versammlet und die Türen verschlossen
waren aus Furcht für den Jüden, kam
Jesus und trat mitten ein.
Arie
Wo zwei und drei versammlet sind
In Jesu teurem Namen,
Da stellt sich Jesus mitten ein
Und spricht darzu das Amen.
Denn was aus Lieb und Not geschicht,
Das bricht des Höchsten Ordnung nicht.
100
Arie
Verzage nicht, o Häuflein klein,
Obschon die Feinde willens sein,
Dich gänzlich zu verstören,
Und suchen deinen Untergang,
Davon dir wird recht angst und bang:
Es wird nicht lange währen.
Rezitativ
Mann kann hiervon ein schön Exempel sehen
An dem, was zu Jerusalem geschehen;
Denn da die Jünger sich versammlet hatten
Im finstern Schatten,
Aus Furcht für denen Jüden,
So trat mein Heiland mitten ein,
Zum Zeugnis daß er seiner Kirche Schutz
will sein.
Drum laßt die Feinde wüten!
Arie
Jesus ist ein Schild der Seinen,
Wenn sie die Verfolgung trifft.
Ihnen muß die Sonne scheinen
Mit der güldnen Überschrift:
Jesus ist ein Schild der Seinen,
Wenn sie die Verfolgung trifft.
Choral
Verleih uns Frieden gnädiglich,
Herr Gott, zu unsern Zeiten;
Es ist doch ja kein andrer nicht,
Der für uns könnte streiten,
Denn du, unser Gott, alleine.
Gib unsern Fürsten und allr Obrigkeit
Fried und gut Regiment,
Daß wir unter ihnen
Ein geruhig und stilles Leben führen mögen
In aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit.
Amen.
CD III-5
CANTATAS BWV 33-56 & 37
Cantata 33 ‘Allein zu dir, Herr Jesu Christ’ was intended for 3 September 1724, the 13th Sunday after Trinity. It
belongs to the second annual cycle of cantatas written by Bach for performance in Leipzig and consisting largely
of chorale cantatas. Konrad Hubert’s chorale ‘Allein zu dir, Herr Jesus Christ’, written in 1540, is woven into
the four-part texture of the canonic opening chorus, and returns again in the final chorale. Bach’s first annual cycle
of Leipzig cantatas includes Cantata 37 ‘Wer da gläubet und getauft wird’, composed for Ascension Day, 18 May
1724. Here Bach employed the world-famous tune of ‘Wie schön leuchtet der Morgenstern’ in a duet for alto and
tenor to the new text ‘Herr Gott Vater, mein starker Held’ (no. 3).
One of Bach’s most beautiful works for solo voice and orchestra is Cantata 56 ‘Ich will den Kreuzstab gerne tragen’
(BWV 56). This intimate cantata for Sunday 27 October 1726, the 17th Sunday after Trinity, was originally
written for Bach’s second wife Anna Magdalena, who had a fine soprano voice and was often involved in performances
of Bach’s music. Later, in 1731-32, Bach adapted the cantata for alto and even bass; since then this
work has moved countless churchgoers and concert audiences. The composition is based on the gospel for the
19th Sunday after Trinity (St Matthew 9: 1-8), which tells of the paralysed man who was healed by Christ and
redeemed from his sins. In the first aria, with a wonderful feeling for text depiction, Bach symbolises the word
Allein zu dir, Herr Jesu Christ
BWV 33
Chor
Allein zu dir, Herr Jesu Christ,
Mein Hoffnung steht auf Erden;
Ich weiss, dass du mein Tröster bist,
Kein Trost mag mir sonst werden.
Von Anbeginn ist nichts erkorn,
Auf Erden war kein Mensch geborn,
Der mir aus Nöten helfen kann.
Ich ruf dich an,
Zu dem ich mein Vertrauen hab.
Rezitativ
Mein Gott und Richter, willst du mich aus
dem Gesetze fragen,
So kann ich nicht,
Weil mein Gewissen widerspricht,
Auf tausend eines sagen.
An Seelenkräften arm und an der Liebe bloß,
Und meine Sünd ist schwer und übergroß;
Doch weil sie mich von Herzen reuen,
Wirst du, mein Gott und Hort,
Durch ein Vergebungswort
Mich wiederum erfreuen.
Arie
Wie furchtsam wankten meine Schritte,
Doch Jesus hört auf meine Bitte
Und zeigt mich seinem Vater an.
Mich drückten Sündenlasten nieder,
Doch hilft mir Jesu Trostwort wieder:
Daß er für mich genung getan.
Rezitativ
Mein Gott, verwirf mich nicht,
Wiewohl ich dein Gebot noch täglich übertrete,
Von deinem Angesicht!
Das kleinste ist mir schon zu halten viel zu
schwer,
Doch, wenn ich um nichts mehr
Als Jesu Beistand bete,
So wird mich kein Gewissenstreit
Der Zuversicht berauben;
Gib mir nur aus Barmherzigkeit
Den wahren Christenglauben!
So stellt er sich mit guten Früchten ein
Und wird durch Liebe tätig sein.
Arie (Duett)
Gott, der du die Liebe heisst,
Ach, entzünde meinen Geist,
Laß zu dir vor allen Dingen
Meine Liebe kräftig dringen.
Gib, daß ich aus reinem Triebe
Als mich selbst den Nächsten liebe;
Stören Feinde meine Ruh,
Sende du mir Hilfe zu!
Choral
Ehr sei Gott in dem höchsten Thron,
Dem Vater aller Güte,
Und Jesu Christ, seinm liebsten Sohn,
Der uns allzeit behüte,
Und Gott, dem heiligen Geiste,
Der uns sein Hilf allzeit leiste,
101
‘Kreuzstab’ (cross) with a # (C sharp) and illustrates ‘tragen’ (bearing) with expressive ‘seufzer’ (sighing) motifs
in voice and instruments. At the text ‘Da leg ich den Kummer auf einmal ins Grab’ the bass sings in a sudden and
conspicuous triplet rhythm, with a descending sixth at the word ‘Grab’ (grave). These fine phrases of resignation
are reinforced by long bass notes, affective ‘sighing’ in the strings and oboes, and a combination of quavers and
triplets. In the ensuing recitative we are again reminded of the same passage from St Matthew, where Christ
crosses the water by boat and arrives in his city. At the text ‘Mein Wandel auf der Welt ist einer Schiffahrt gleich’
Bach suggests the movement of the waves with an undulating motif in the solo cello part. This accompaniment
stops suddenly as the tired traveller reaches heaven, leaving the ship and finally finding peace after such sorrow:
‘So tret’ ich aus dem Schiff in meine Statt, die ist das Himmelreich, wohin ich mit den Frommen aus vieler
Trübsal werde kommen’. Full of joy, the solo voice and oboe ring out to the text ‘Endlich wird mein Joch wieder
von mir weichen müssen’ in the following da capo aria in B flat major. The cantata concludes with a simple chorale
setting, ‘Komm, o Tod’.
Clemens Romijn
102
Damit wir ihm gefällig sein,
Hier in dieser Zeit
Und folgends in der Ewigkeit.
Ich will den Kreuzstab gerne tragen
BWV 56
Arie
Ich will den Kreuzstab gerne tragen,
Er kömmt von Gottes lieber Hand,
Der führet mich nach meinen Plagen
Zu Gott in das gelobte Land.
Da leg ich den Kummer auf einmal ins Grab,
Da wischt mir die Tränen mein Heiland
selbst ab.
Rezitativ
Mein Wandel auf der Welt
Ist einer Schiffahrt gleich;
Betrübnis, Kreuz und Not
Sind Wellen, welche mich bedecken
Und auf den Tod
Mich täglich schrecken;
Mein Anker aber, der mich hält,
Ist die Barmherzigkeit,
Womit mein Gott mich oft erfreut.
Der rufet so zu mir:
Ich bin bei dir,
Ich will dich nicht verlassen noch versäumen!
Und wenn das wütenvolle Schäumen
Sein Ende hat,
So tret ich aus dem Schiff in meine Stadt,
Die ist das Himmelreich,
Wohin ich mit den Fommen
Aus vielem Trübsal werde kommen.
Arie
Endlich, endlich wird mein Joch
Wieder von mir weichen müssen.
Dar krieg ich in dem Herren Kraft,
Da hab ich Adlers Eigenschaft,
Da fahr ich auf von dieser Erden
Und laufe sonder matt zu werden.
O, gescheh es heute noch!
Rezitativ
Ich stehe fertig und bereit,
Das Erbe meiner Seligkeit
Mit Sehnen und verlangen
Von Jesus Händen zu empfangen.
Wie wohl wird mir geschehn,
Wenn ich den Port der Ruhe werde sehn.
Da leg ich den Kummer auf einmal ins Grab,
Da wischt mir die Tränen mein Heiland ab.
Choral
Komm, o Tod, du Schlafes Bruder,
Komm und führe mich nur fort;
Löse meines Schiffleins Ruder,
Bringe mich an sichern Port!
Es mag, wer da will, dich scheuen,
Du kannst mich vielmehr erfreuen;
Denn durch dich komm ich herein
Zu dem schönsten Jesulein.
Wer da gläubet und getauft wird
BWV 37
Chor
Wer da gläubet und getauft wird, der wird
selig werden.
Arie
Der Glaube ist das Pfand der Liebe,
Die Jesus für die Seinen hegt.
Drum hat er bloss aus Liebestriebe,
Da er ins Lebensbuch mich schriebe,
Mir dieses Kleinod beigelegt.
Choral
Herr Gott Vater, mein starker Held,
Du hast mich ewig von der Welt
In deinem Sohn geliebet.
Dein Sohn hat mich ihm selbst vertraut,
Er ist mein Schatz, ich bin sein Braut,
Sehr hoch in ihm erfreuet.
Eia! Eia!
Himmlisch Leben wird er geben mir dort
oben;
Ewig soll mein Herz ihn loben.
Rezitativ
Ihr Sterblichen, verlanget ihr
Mit mir
Das Antlitz Gottes anzuschauen?
So dürft ihr nicht auf gute Werke bauen,
Denn ob sich wohl ein Christ
Muss in den guten Werken üben,
Weil es der ernste Wille Gottes ist,
So macht der Glaube doch allein,
Dass wir vor Gott gerecht und selig sein.
Arie
Der Glaube schafft der Seele Flügel.
Dass sie sich in den Himmel schwingt,
Die Taufe ist das Gnadensiegel,
Dass uns den Segen Gottes bringt;
Und daher heisst ein selger Christ,
Wer gläubet und getaufet ist.
Choral
Den Glauben mir verleihe
An dein’ Sohn Jesum Christ,
Mein Sünd mir auch verzeihe
Allhier zu dieser Frist.
Du wirst mir nicht versagen,
Was du verheissen hast,
Dass er mein Sünd tu tragen
Und lös mich von der Last.
103
CD III-6
CANTATAS BWV 92-54 & 44
Cantata 92 ‘Ich hab in Gottes Herz und Sinn’ comes from the second cycle of cantatas composed by Bach for
Leipzig. It was performed on 28 January 1725, the 3rd Sunday before Lent, known as Septuagesima. In terms of
both text and music the work is rather extensive (about 30 minutes), consisting of nine movements including an
opening chorus and final chorale. The instrumental sections at the beginning and end of the first movement, in
which the two oboes d’amore maintain a dialogue with the strings, are identical. In the choir the cantus firmus of
the chorale melody ‘Was meine gott will, das g’scheh’ allzeit’ is heard in the soprano, supported by the other voices
in an independent and ingenious texture. Remarkable examples of Bach’s illustrative skills are heard in the
second movement at the words ‘mit Prasseln und mit grausem Knallen’ (rising and falling scale motifs) and at
‘auf grossen Wassern’ (continuous undulating semiquaver movement). Highly suggestive too is the restless and
bustling violin part in the tenor aria at the words ‘wie bricht, wie reisst, wie fällt’.
Cantata 54 ‘Widerstehe doch der Sünde’ is twice as short (about 15 minutes). While the previous cantata was for
four soloists, choir and instrumentalists, this one, written about ten years earlier, is for alto soloist, strings and
basso continuo only. This cantata has been described as one of Bach’s best musical sermons. Through ingenious
use of consonances (literally: well-sounding chords) and dissonances the first aria warns against the temptation
and deadly poison of sin. In the succeeding recitative Bach’s sudden semiquaver scales at ‘das scharfe Schwert’
are most realistic.
Cantata 44 ‘Sie werden euch in den Bann tun’ for the Sunday before Pentecost, known as Exaudi, comes from
Bach’s first Leipzig cycle for the church year 1723-24, Bach’s first year at the Thomaskirche. It requires roughly
the same players and singers as the first cantata on this CD: four soloists, four-part choir, two oboes, bassoon,
strings and basso continuo. The opening words are the same as in cantata 183, though this is the only similarity.
After a short instrumental introduction of about twenty bars a wonderful duet for tenor and bass begins, the oboes
joining in to create a most expressive quartet. This movement forms a whole with the following choral section
‘Es kommt aber die Zeit’. In addition to a central chorale-based movement (‘Ach Gott, wie manches Herzeleid’),
a recitative and final chorale, there are two arias for soprano (nos. 3 and 6). In the first of these the richly ornamented,
interwoven lines of the soprano and oboe suggest a melancholic trio sonata.
Clemens Romijn
104
Ich hab in Gottes Herz und Sinn
BWV 92
Chor
Ich hab in Gottes Herz und Sinn
Mein Herz und Sinn ergeben.
Was böse scheint, ist mein Gewinn,
Der Tod selbst ist mein Leben.
Ich bin ein Sohn des, der den Thron
Des Himmels aufgezogen:
Ob er gleich schlägt und Kreuz auflegt,
Bleibt doch sein Herz gewogen.
Rezitativ und Choral
Es kann mir fehlen nimmermehr!
Es müssen eh‘r,
Wie selbst der treue Zeuge spricht,
Mit Prasseln und mit grausem Knallen
Die Berge und die Hügel fallen;
Mein Heiland aber trüget nicht,
Mein Vater muss mich lieben.
Durch Jesu rotes Blut bin ich in seine Hand
geschrieben;
Er schützt mich doch!
Wenn er mich auch gleich wirft ins Meer,
So lebt der Herr auf grossen Wassern noch,
Der hat mir selbst mein Leben zugeteilt,
Drum werden sie mich nicht ersäufen
Wenn mich die Wellen schon ergreifen
Und ihre Wut mit mir zum Abgrund eilt,
So will er mich nur üben,
Ob ich an Jonam werde denken,
Ob ich den Sinn mit Petro auf ihn werde lenken.
Er will mich stark im Glauben machen,
Er will vor meine Seele wachen
Und mein Gemüt,
Das immer wankt und weicht,
In seiner Güt,
Der an Beständigkeit nichts gleicht,
Gewöhnen, fest zu stehen.
Mein Fuss soll fest
Bis an der Tage letzten Rest
Sich hier auf diesen Felsen gründen.
Halt ich denn stand,
Und lasse mich in felsenfestem
Glauben finden,
Weiss seine Hand,
Die er mir schon vom Himmel beut,
Zu rechter Zeit
Mich wieder zu erhöhen.
Arie
Seht, seht! Wie reisst, wie bricht, wie fällt,
Was Gottes starker Arm nicht hält!
Seht aber fest und unbeweglich prangen,
Was unser Held mit seiner Macht umfangen!
Lasst Satan wüten, rasen krachen,
Der starke Gott wird uns unüberwindlich
machen!
Choral
Zudem is Weisheit und Verstand
Bei Ihm ohn alle Massen,
Zeit, Ort und Stund is ihm bekannt,
Zu tun und auch zu lassen.
Er weiss, wenn Freud, er weiss, wenn Leid
Uns, seinen Kindern, diene;
Und was er tut, ist alles gut,
Obs noch so traurig schiene.
Rezitativ
Wir willen nun nicht länger zagen
Und uns mit Fleisch und Blut,
Weil wir in Gottes Hut,
So furchtsam wie bisher befragen.
Ich denke dran,
Wie Jesus nicht gefürcht‘ das tausendfache
Leiden;
Er sah es an,
Als eine Quelle ewger Freuden.
Und dir, mein Christ,
Wird deine Angst und Qual, dein bitter Kreuz
und Pein
Um Jesu willen Heil und Zucker sein.
Vertraue Gottes Huld
Und merke noch, was nötig ist:
Geduld!
Arie
Das Brausen von den rauhen Winden
Macht, dass wir volle Ähren finden.
Des Kreuzes Ungestüm schafft bei den
Christen Frucht,
Drum lasst uns alle unser Leben
Dem weisen Herrscher ganz ergeben.
Küsst seines Sohnes Hand, verehrt die treue
Zucht!
Choral und Rezitativ
Ei nun, mein Gott, so fall ich dir
Getrost in deine Hände.
So spricht der Gott gelassne Geist,
Wenn er des Heilands Brudersinn
Und Gottes Treue gläubig preist.
Nimm mich, und mache es mit mir
Bis an mein letztes Ende!
Ich weiss gewiss,
Dass ich unfehlbar selig bin,
Wenn meine Not und mein Bekümmernis
Von dir so wird geendigt werden,
Wie du wohl weisst, dass meinem Geist
Dadurch sein Nutz entstehe,
Dass schonn auf dieser Erden,
Dem Satan zum Verdruss,
105
Dein Himmelreich sich in mir zeigen muss
Und deine Ehr je mehr und mehr
Sich in ihr selbst erhöhe.
So kann mein Herz nach deinem Willen
Sich, o mein Jesu, selig stillen,
Und ich kann bei gedämpften Saiten
Dem Friedensfürst ein neues Lied bereiten.
Arie
Meinem Hirten bleib ich treu.
Will er mir den Kreuzkelch füllen,
Ruh ich ganz in seinem Willen.
Er steht mir im Leiden bei.
Es wird dennoch, nach dem Weinen,
Jesu Sonne wieder scheinen.
Jesu leb ich, der wird walten,
Freu dich, Herz, du sollst erkalten,
Jesus hat genug getan.
Amen; Vater, nimm mich an!
Choral
Soll ich denn auch des Todes Weg
Und finstre Strasse reisen,
Wohlan, so tret ich Bahn und Steg,
Den mir dein Augen weisen.
Du bist mein Hirt, der alles wird
Zu solchem Ende kehren,
Dass ich einmal in deinem Saal
Dich ewig möge ehren.
Widerstehe doch der Sünde
BWV 54
Arie
Widerstehe doch der Sünde,
Sonst ergreifet dich ihr Gift.
Lass dich nicht den Satan blenden;
Denn die Gottes Ehre schänden,
Trifft ein Fluch, der tödlich ist.
Rezitativ
Die Art verruchter Sünden
Ist zwar von aussen wunderschön,
Allein man muss
Hernach mit Kummer und Verdruss
Viel Ungemach empfinden.
Von aussen ist sie Gold,doch will man weiter
gehn,
So zeigt saich nur ein leerer Schatten
Und übertünchtes Grab.
Sie ist den Sodomsäpfeln gleich,
Und die sich mit derselben gatten,
Gelangen nicht in Gottes Reich.
Sie ist als wie ein scharfes Schwert,
Das uns durch Leib und Seele fährt.
Arie
Wer Sünde tut, der ist vom Teufel,
Denn dieser hat sie aufgebracht;
Doch wenn man ihren schnöden Banden
Mit rechter Andacht widerstanden,
Hat sie sich gleich davongemacht.
Sie werden euch in den Bann tun
BWV 44
Arie
Sie werden euch in den Bann tun.
Chor
Es kömmt aber die Zeit, dass, wer euch tötet,
wird meinen,
er tue Gott einen Dienst daran.
Arie
Christen müssen auf der Erden
Christi wahre Jünger sein.
Auf sie warten alle Stunden,
Bis sie selig überwunden,
Marter, Bann und schwere Pein.
Choral
Ach Gott, wie manches Herzeleid
Begegnet mir zu dieser Zeit!
Der schmale Weg ist trübsalvoll,
Den ich zum Himmel wandern soll.
Rezitativ
Es sucht der Antichrist,
Das grosse Ungeheuer,
Mit Schwert und Feuer
Die Glieder Christi zu verfolgen,
Weil ihre Lehre ihm zuwider ist.
Er bildet sich dabei wohl ein,
Es müsse sein Tun Gott gefällig sein.
Allein es gleichen Christen denen
Palmenzweigen,
Die durch die Last nur desto höher steigen.
Arie
Es ist und bleibt der Christen Trost,
Dass Gott vor seine Kirche wacht.
Denn wenn sich gleich die Wetter türmen,
So hat doch nach den Trübsalstürmen
Die Freudensonne bald gelacht.
Choral
So sei nun, Seele, deine
Und traue dem alleine,
Der dich erschaffen hat.
Es gehe, wie es gehe:
Dein Vater in der Höhe,
Der weiss zu allen Sachen Rat.
106
CD III-7
CANTATAS BWV 111-159-165 & 22
Cantata 111 ‘Was mein Gott will, das gscheh allzeit’ is a so-called chorale cantata by reason of the fact that it
is based on a chorale melody, as so often in Bach’s music. The melody of the same name is heard clearly in the
soprano of the large-scale opening chorus and the simple final chorale. The cantata was written for 21 January
1725, the 3rd Sunday after Epiphany (6 January). In the text the faithful are urged to accept God’s will, the recitative
(no. 3) recalling the story of Jonah who tried in vain to turn away from God. The dance-like duet (no. 4)
for alto and tenor depicts the optimism and trust of the faithful, even in the face of death.
Cantata 159 ‘Sehet, wir gehn hinauf gen Jerusalem’ was composed for the 7th Sunday before Easter, known as
Quinquagesima or Esto mihi, probably 27 February 1729. This was therefore the last cantata before the performance
of the St Matthew Passion on Good Friday 1729. The text anticipates the Passion period: in the
expressive opening recitative and arioso the believer is moved by Christ’s suffering, while the wonderful fourth
movement, an expressive duet for bass and oboe, refers to Good Friday with the words ‘Es ist vollbracht’.
Cantata 165 ‘O heil’ges Geist- und Wasserbad’ is a cantata from Bach’s Weimar period, probably written for
Trinity Sunday on 16 June 1715. With a few small alterations Bach performed the work again in Leipzig in his
first year as cantor of the Thomaskirche (1723-24). The theme of this six-movement work is the redemption of
the heirs of Adam (‘Adamserben’), the sinners, through the blood of Christ (‘Christi Blut’). Three arias and two
recitatives are heard in turn, with a simple chorale setting to conclude.
Cantata 22 ‘Jesus nahm zu sich die Zwölfe’, like Cantata 159, was written for Sunday Esto mihi (= Be with
me, after Psalm 31). In fact the work was first composed with Cantata 23 as a test piece in connection with
Bach’s appointment as cantor of the Thomaskirche in Leipzig on 7 February 1723. A year later he performed
the cantata again on Sunday Esto mihi, 20 February 1724. The opening arioso employs a gospel text, with the
tenor as the evangelist and the bass as Christ: ‘Sehet, wir gehen hinauf gen Jerusalem’. In the succeeding aria
‘Mein Jesu, ziehe mich nach dir’ (no. 2), the alto and oboe engage in a beautiful dialogue. New examples of
striking text illustration are heard in the following recitative, including fast motifs at the word ‘laufen’ (running).
The work ends with a four-part chorale.
Clemens Romijn
107
Was mein Gott will, das g‘scheh allzeit
BWV 111
Chor
Was mein Gott will, das g‘scheh allzeit,
Sein Will, der ist der beste;
Zu helfen den‘n er ist bereit,
Die an ihn gläuben feste.
Er hilft aus Not, der fromme Gott,
Und züchtiget mit Massen:
Wer Gott vertraut, fest auf ihn baut,
Den will er nicht verlassen.
Arie
Entsetze dich, mein Herze, nicht,
Gott ist dein Trost und Zuversicht
Und deiner Seele Leben.
Ja, was sein weiser Rat bedacht,
Dem kann die Welt und Menschenmacht
Unmöglich widerstreben.
Rezitativ
O Törichter! Der sich von Gott entzieht
Und wie ein Jonas dort
Vor Gottes Angesichte flieht;
Auch unser Denken ist ihm offenbar,
Und unsers Hauptes Haar
Hat er gezählet.
Wohl dem, der diesen Schutz erwählet
Im gläubigen Vertrauen,
Auf dessen Schluss und Wort
Mit Hoffnung und Geduld zu schauen.
Arie
So geh ich mit beherzten Schritten,
Auch wenn mich Gott zum Grabe führt.
Gott hat die Tage aufgeschrieben,
So wird, wenn seine Hand mich rührt,
Des Todes Bitterkeit vertrieben.
Rezitativ
Drum wenn der Tod zuletzt den Geist
Noch mit Gewalt aus seinem Körper reisst,
So nimm ihn, Gott, in treue Vaterhände!
Wenn Teufel, Tod und Sünde micht bekriegt
Und meine Sterbekissen
Ein Kampfplatz werden müssen,
So hilf, damit in dir mein Glaube siegt!
O seliges, gewünschtes Ende!
Choral
Noch eins, Herr, will ich bitten dich,
Du wirst mir‘s nicht versagen:
Wenn mich der böse Geist anficht,
Lass mich doch nicht verzagen.
Hilf, steur und wehr, ach Gott, mein Herr,
Zu Ehren deinem Namen.
Wer das begehrt, dem wirds gewährt;
Drauf sprech ich frölich: Amen.
Sehet, wir gehn hinauf gen Jerusalem
BWV 159
Arioso und Rezitativ
Sehet!
Komm, schaue doch, mein Sinn,
Wo geht dein Jesus hin?
Wir gehn hinauf –
O harter Gang! Hinauf?
O ungeheurer Berg, den meine Sünden zeigen!
Wie sauer wirst du müssen steigen.
Gen Jerusalem.
Ach, gehe nicht!
Dein Kreuz is dir schon zugericht‘.
Wo du dich sollst zu Tode bluten;
Hier sucht man Geisseln vor, dort bindt man
Ruten;
Die Bande warten dein;
Ach, gehe selber nicht hinein!
Doch bliebest du zurücke stehen,
So müsst ich selbst nicht nach Jerusalem,
Ach, leider in die Hölle gehen.
Arie und Choral
Ich folge dir nach
Ich will hier bei dir stehen,
Verachte mich doch nicht!
Durch Speichel und Schmach;
Von dir will ich nicht gehen,
Am Kreuz will ich dich noch umfangen,
Bis dir dein Herze bricht.
Dich lass ich nicht aus meiner Brust,
Wenn dein Haupt wird erblassen
Im letztenTodesstoss,
Und wenn du endlich scheiden musst,
Alsdenn will ich dich fassen,
Sollst du dein Grab in mir erlangen.
In meinen Arm und Schoss.
Rezitativ
Nun will ich mich,
Mein Jesus, über dich
In meinem Winkel grämen;
Die Welt mag immerhin
Den Gift der Wollust zu sich nehmen,
Ich labe mich an meinen Tränen
Und will mich eher nicht
Nach einer Freude sehnen,
Bis dich mein Angesicht
Wird in der Herrlichkeit erblicken,
Bis ich durch dich erlöset bin;
Da will ich mich mit dir erquicken.
Arie
Es ist vollbracht,
108
Das Leid ist alle,
Wir sind von unserm Sündenfalle
In Gott gerecht gemacht.
Nun will ich eilen
Und meinem Jesu Dank erteilen,
Welt, gute Nacht!
Er ist vollbracht!
Choral
Jesu, deine Passion
Ist mir lauter Freude,
Deine Wunden, Kron und Hohn
Meines Herzens Weide;
Meine Seel auf Rosen geht,
Wenn ich dran gedenke,
In den Himmel eine Stätt
Mir deswegen schenke.
O heilges Geist- und Wasserbad
BWV 165
Arie
O heilges Geist- und Wasserbad,
Das Gottes Reich uns einverleibet
Und uns ins Buch des Lebens schreibet!
O Flut, die alle Missetat
Durch ihre Wunderkraft ertränket
Und uns das neue Leben schenket,
O heiliges Geist- und Wasserbad!
Rezitativ
Die sündige Geburt verdammter Adamserben
Gebieret Gottes Zorn, den Tod und das
Verderben.
Denn was vom Fleisch geboren ist,
Ist nichts als Fleisch, von Sünden angestecket,
Vergiftet und beflecket.
Wie selig ist ein Christ!
Er wird im Geist- und Wasserbade
Ein Kind der Seligkeit und Gnade,
Er ziehet Christum an
Und seiner Unschuld weisse Seide,
Er wird mit Christi Blut, der Ehre
Purpurkleide,
Im Taufbad angetan.
Arie
Jesu, der aus grosser Liebe
In der Taufe mir verschriebe
Leben, Heil und Seligkeit,
Hilf, dass ich mich dessen freue
Und den Gnadenbund erneue
In der ganzen Lebenszeit.
Rezitativ
Ich habe ja, mein Seelenbräutigam,
Da du mich neu geboren,
Dir ewig treu zu sein geschworen,
Hochheilges Gotteslamm!
Doch hab ich, ach, den Taufbund oft gebrochen
Und nicht erfüllt, was ich versprochen.
Erbarme dich aus Gnaden über mich!
Vergib mir die begangne Sünde,
Du weisst, mein Gott, wie schmerzlich ich
empfinde
Der alten Schlange Stich;
Das Sündengift verderbt mir Leib und Seele,
Hilf, dass ich gläubig dich erwähle,
Blutrotes Schlangenbild,
Das an dem Kreuz erhöhet,
Das alle Schmerzen stillt
Und mich erquickt, wenn alle Kraft vergehet.
Arie
Jesu, meines Todes Tod, Lass in meinem Leben
Und in meiner letzten Not
Mir für Augen schweben,
Dass du mein Heilschlänlein seist
Vor das Gift der Sünde.
Heile, Jesu, Seel und Geist,
Das ich Leben finde!
Choral
Sein Wort, sein Tauf, sein Nachtmahl
Dient wider allen Unfall,
Der heilige Geist im Glauben
Lehrt uns darauf vertrauen.
Jesus nahm zu sich die Zwölfe
BWV 22
Arie und Chor
Jesus nahm zu sich die Zwölfe und sprach:
Sehet wir gehn hinauf gen Jerusalem, und es
wird alles vollendet werden,
das geschrieben ist von des Menschen Sohn.
Sie aber vernahmen der keines und wussten
nicht, was das gesaget war.
Arie
Mein Jesu, ziehe mich nach dir,
Ich bin bereit, ich will von hier
Und nach Jerusalem zu deinen Leiden gehn.
Wohl mir, wenn ich die Wichtigkeit
Von dieser Leid- und Sterbenszeit
Zu meinem Troste kann durchgehends wohl
verstehn!
Rezitativ
Mein Jesu, ziehe mich, so werd ich laufen,
Denn Fleisch und Blut verstehet ganz und gar,
Nebst deinen Jüngern nicht, was das gesaget war.
Es sehnt sich nach der Welt und nach dem
grössten Haufen;
109
Sie wollen beiderseits, wenn du verkläret
bist,
Zwar eine feste Burg auf Tabors Berge
bauen,
Hingegen Golgatha, so voller Leiden ist,
In deiner Niedrigkeit met keinem Auge
schauen.
Ach! kreuzige bei mir in der verderbten Brust
Zuvörderst diese Welt und die verbotne Lust,
So werd ich, was du sagst, vollkommen wohl
verstehen
Und nach Jerusalem mit tausend Freuden
gehen.
Arie
Mein Alles in Allem, mein ewiges Gut,
Verbessre das Herze, verändre den Mut;
Schlag alles darnieder,
Was dieser Entsagung des Fleisches zuwider!
Doch wenn ich nun geistlich ertötet da bin,
So ziehe mich nach dir in Friede dahin!
Choral
Ertöt uns durch dein Güte,
Erweck uns durch dein Gnad;
Den alten Menschen kränke,
Dass der neu‘ leben mag
Wohl hie auf dieser Erden,
Den Sinn und all Begehren
Und Gdanken habn zu dir.
CD III-8
CANTATAS BWV 114-57 & 155
Cantata 114 ‘Ach, lieben Christen, seid getrost’ is for the 17th Sunday after Trinity, and was performed on 1
October 1724. It is another typical chorale cantata from Bach’s first Leipzig cycle, with a chorus and chorale
to begin and end the work. The chorale melody in the soprano of the opening chorus is anticipated in the instrumental
introduction. Notable is the suggestive role of the oboe, with its repeated notes and trills. A similarly
striking role is given to the flute in the succeeding tenor aria (no. 2), where even without words Bach gives
a most realistic rendition of the ‘Jammertale’ (vale of tears). In no. 4 the simple, unornamented chorale melody
in the soprano is combined with a most lively bass line, full of whimsical rests, illustrating instrumentally
what the soprano sings in all simplicity: the wheat grain is barren unless it falls in the earth.
Cantata 57 ‘Selig ist der Mann’, in eight movements and conceived as a dialogue, was written for the second
day of Christmas 1725. Two vocal soloists fulfill the main roles, the bass portraying Christ and the soprano the
human soul, called ‘Anima’ by Bach. Remarkably, the entire cantata text omits any reference to Christmas, the
birth of Christ. The theme is rather the temptation of sin, over which Christ is victorious. Despite frequent mention
of martyrdom, optimism predominates in arias such as no. 5 ‘Ja, ich kann die Feinde schlagen’, with its
lively bass and dominating violin part. In the soprano aria no. 7 ‘Ich ende behende mein irdisches Leben’, a
110
fine trio for soprano, solo violin and basso continuo, the reason for this optimism, the life everlasting, becomes
clear: ‘Mein Heiland ich sterbe mit höchster Begier’. A simple chorale brings the cantata to an end in a mood
of acquiescence.
Bach composed Cantata 155 ‘Mein Gott, wie lang, ach lange’ in Weimar for 19 january 1716, the Second
Sunday after Epiphany. Our attention is drawn immediately by the opening recitative with its depiction of the
yearning soul, waiting endlessly and symbolised by no less than 11 bars of repeated bass notes. Other striking
moments in this movement include the lively soprano writing at the word ‘Freude’ and the hardly hopeful, descending
bass line at the end: ‘Mir sinkt fast alle Zuversicht’. But most remarkable of all is the following duet
(no. 2) ‘Du musst glauben, du musst hoffen’, in which positive forces are generated by the energetic concertato
part for the bassoon.
Clemens Romijn
Ach, lieben Christen, seid getrost
BWV 114
Chor
Ach, lieben Christen, seid getrost,
Wie tut ihr so verzagen!
Weil uns der Herr heimsuchen tut,
Lasst uns von Herzen sagen:
Die Straf wir wohl verdienet han,
Solchs muss bekennen jedermann,
Niemand darf sich ausschliessen.
Arie
Wo wird in diesem Jammertale
Vor meinen Geist die Zuflucht sein?
Allein zu Jesu Vaterhänden
Will ich mich in der Schwachheit wenden;
Sonst weiss ich weder aus noch ein.
Rezitativ
O Sünder, trage mit Geduld,
Was du durch deine Schuld
Dir selber zugezogen!
Das Unrecht säufst du ja
Wie Wasser in dich ein,
Und diese Sündenwassersucht
Ist zum Verderben da
Und wird dir tödlich sein.
Der Hochmut ass vordem von der verbotnen
Frucht,
Gott gleich zu werden;
Wie oft erhebst du dich mit schwülstigen
Gebärden,
Dass du erniedrigt werden musst.
Wohlan, bereite deine Brust,
Dass sie den Tod und Grab nicht scheut,
So kömmst du durch ein selig Sterben
Aus diesem sündlichen Verderben
Zur Unschuld und zur Herrlichkeit.
Choral
Kein Frucht das Weizenkörnlein bringt,
Es fall denn in die Erden;
So muss auch unser irdscher Leib
Zu Staub und Aschen werden,
Eh er kömmt zu der Herrlichkeit,
Die du, Herr Christ, uns hast bereit‘
Durch deinen Gang zum Vater.
Arie
Du machst, o Tod, mir nun nicht ferner
bange,
Wenn ich durch dich die Freiheit nur erlange,
Es muss ja so einmal gestorben sein.
Mit Simeon will ich in Friede fahren,
111
Mein Heiland will mich in der Gruft bewahren
Und ruft mich einst zu sich verklärt und rein.
Rezitativ
Indes bedenke deine Seele
Und stelle sie dem Heiland dar;
Gib deinen Leib und deine Glieder
Gott, der sie dir gegeben, wieder.
Er sorgt und wacht,
Und so wird seiner Liebe Macht
Im Tod und Leben offenbar.
Choral
Wir wachen oder schlafen ein,
So sind wir doch des Herren;
Auf Christum wir getaufet sein,
Der kann dem Satan wehren.
Durch Adam auf uns kömmt der Tod,
Christus hilft uns aus aller Not.
Drum loben wir den Herren.
Selig ist der Mann BWV 57
Arie
Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet;
denn,
nachdem er bewähret ist, wird er die Krone
des Lebens empfahen.
Rezitativ
Ach! dieser süsse Trost erquickt auch mir
mein Herz,
Das sonst in Ach und Schmerz
Sein ewigs Leiden findet
Und sich als wie ein Wurm in seinem Blute
windet.
Ich muss als wie ein Schaf
Bei tausend rauhen Wölfe leben;
Ich bin ein recht verlassnes Lamm und muss
mich ihrer Wut
Und Grausamkeit ergeben.
Was Abeln dort betraf,
Erpresset mir auch diese Tränenflut.
Ach! Jesu, wüsst ich hier
Nicht Trost von dir,
So müsste Mut und Herze brechen,
Und voller Trauern sprechen:
Arie
Ich wünschte mir den Tod,
Wenn du, mein Jesu, mich nicht liebtest.
Ja wenn du mich annoch betrübtest,
So hätt ich mehr als Höllennot.
Rezitativ
Ich reiche dir die Hand
Und auch damit das Herze.
Ach! süsses Liebespfand,
Du kannst die Feinde stürzen
Und ihren Grimm verkürzen.
Arie
Ja, ja, ich kann die Feinde schlagen,
Die dich nur stets bei mir verklagen,
Drum fasse dich, bedrängter Geist.
Bedrängter Geist, hör auf zu weinen,
Die Sonne wird noch helle scheinen,
Die dir itzt Kummerwolken weist.
Rezitativ
In meiner Schoss liegt Ruh und Leben,
Dies will ich dir einst ewig geben.
Ach! Jesu, wär ich schon bei dir,
Ach striche mir
Der Wind schon über Gruft und Grab,
So könnt ich alle Not besiegen.
Wohl denen, die im Sarge liegen
Und auf den Schall der Engel hoffen!
Ach! Jesu, mache mir doch nur, wie
Stephano, den Himmel offen!
Mein Herz ist schon bereit,
Zu dir hinauf zu steigen.
Komm, komm, vergnügte Zeit!
Du magst mir Gruft und Grab
Und meinen Jesum zeigen.
Arie
Ich ende behende mein irdisches Leben,
Mit Freuden zu scheiden verlang ich itzt
eben.
Mein Heiland, ich sterbe mit höchster Begier,
Hier hast du die Seele, was schenkest du
mir?
Choral
Richte dich, Liebste, nach meinem Gefallen
und gläube,
Dass ich dein Seelenfreund immer und ewig
verbleibe,
Der dich ergötzt
Und in den Himmel versetzt
Aus dem gemarterten Leibe.
Mein Gott, wie lang, ach lange
BWV 155
Rezitativ
Mein Gott, wie lang, ach lange?
Des Jammers ist zuviel,
Ich sehe gar kein Ziel
Der Schmerzen und der Sorgen‘
Dein süsser Gnadenblick
Hat unter Nacht und Wolken sich verborgen,
Die Liebeshand zieht sich, ach! ganz zurück,
Um Trost ist mir sehr bange.
Ich finde, was mich Armen täglich kränket,
112
Der Tränen Mass wird stets voll eingeschenket
Der Freuden Wein gebricht;
Mir sinkt fast alle Zuversicht.
Arie
Du musst glauben, du musst hoffen,
Du musst Gott gelassen sein!
Jesus weiss die rechten Stunden,
Dich mit Hilfe zu erfreun.
Wenn die trübe Zeit verschwunden,
Steht sein ganzes Herz dir offen.
Rezitativ
So sei, o Seele, sei zufrieden!
Wenn es vor deinen Augen scheint,
Als ob dein liebster Freund
Sich ganz von dir geschieden;
Wenn er dich kurze Zeit verlässt,
Herz! glaube fest,
Es wird ein kleines sein,
Da er für bittre Zähren
Den Trost- und Freudenwein
Und Honigseim für Wermut will gewähren!
Ach! denke nicht,
Dass er von Herzen dich betrübe,
Er prüfet nur durch Leiden deine Liebe,
Er machet, dass dein Herz bei trüben Stunden
weine,
Damit sein Gnadenlicht
Dir desto lieblicher erscheine;
Er hat, was dich ergötzt,
Zuletzt
Zu deinem Trost dir vorbehalten;
Drum lass ihn nur, o Herz, in allem walten!
Arie
Wirf, mein Herze, wirf dich noch
In des Höchsten Liebesarme,
Dass er deiner sich erbarme.
Lege deiner Sorgen Joch,
Und was dich bisher beladen,
Auf die Achseln seiner Gnaden.
Choral
Ob sichs anliess, als wollt er nicht,
Lass dich es nicht erschrecken,
Denn wo er ist am besten mit,
Da will ers nicht entdecken.
Sein Wort lass dir gewisser sein,
Und ob dein Herz spräch lauter Nein,
So lass doch dir nicht grauen.
CD III-9
CANTATAS BWV 98-188 & 23
Cantata 98 ‘Was Gott tut, das ist wohlgetan’ was composed by Bach for 10 november 1726, the 21st Sunday
after Trinity. Unlike cantatas 99 and 100, which have the same opening text, the rather small-scale Cantata 98
(15 minutes) is not a chorale cantata framed by chorale-based choral movements. Although there is no final
chorale, the melody ‘Was Gott tut, das ist wohlgetan’ is heard fragmentarily in the opening chorus. These fragments
are joined together by instrumental refrains in which the solo violin plays the leading part. The two arias
(nos. 3 and 5) for soprano and bass respectively also feature obbligato instruments in the accompaniment, the
first with oboe and the second with two violins.
Cantata 188 ‘Ich habe meine Zuversicht’, like Cantata 98, was composed for the 21st Sunday after Trinity.
113
Picander, Bach’s favourite Leipzig writer, wrote the text, which was published in 1728-29. From this we may
assume that Bach wrote his cantata in the same period and that it is therefore one of the approximately 63 cantatas
for the 1728-29 cycle which has only partially survived. The manuscript of this cantata was torn to shreads
after Bach’s death! The work was reconstructed from later sources. In the second aria (no. 3) ‘Gott meint
es gut mit jedermann’, the obbligato organ plays a prominent role.
Cantata 23 ‘Du wahrer Gott und Davids Sohn’ was written for Sunday Esto mihi (= Be with me), as was
Cantata 22 ‘Jesus nahm zu sich die Zwölfe’. Both works were originally composed as test pieces in connection
with Bach’s appointment as cantor of the Thomaskirche in Leipzig on 7 February 1723, when one cantata was
performed before the sermon and the other afterwards. Originally without a final chorale, Bach probably added
one after his arrival in Leipzig, reinforcing the choir with cornetts and trombones at the same time. Another
version (in a different key and with other wind instruments) was performed by Bach in the period 1728-31. The
chorus usually sung at the end of this expressive cantata originally formed the final movement of the St John
Passion (in the 1725 version) until Bach replaced it by the so familiar chorus ‘Ach Herr, lass dein lieb
Engelein’.
Clemens Romijn
Was Gott tut das ist wohlgetan BWV 98
Chor
Was Gott tut, das ist wohlgetan.
Es bleibt gerecht Sein Wille;
Wie er fängt meine Sachen an,
Will ich ihm halten stille.
Er ist mein Gott, der in der Not,
Mich wohl weiss zu erhalten;
Drum lass ich ihn nur walten.
Rezitativ
Ach Gott! wenn wirst du mich einmal
Von meiner Leidensqual,
Von meiner Angst befreien?
Wie lange soll ich Tag und Nacht
Um Hilfe schreien?
Und ist kein Retter da!
Der Herr ist denen allen nah,
Die seiner Macht und seiner Huld vertrauen.
Drum will ich meine Zuversicht
Auf Gott alleine bauen,
Denn er verlässt die Seinen nicht.
Arie
Hört, ihr Augen, auf zu weinen!
Trag ich doch mit Geduld mein schweres
Joch.
Gott, der Vater, lebet noch,
Von den Seinen lässt er keinen.
Hört, ihr Augen, auf zu weinen!
Rezitativ
Gott hat ein Herz, das des Erbarmens Überfluss;
Und wenn der Mund vor seinen Ohren klagt
Und ihm des Kreuzes Schmerz
Im Glauben und Vertrauen sagt,
So bricht in ihm das Herz,
Dass er sich über uns erbarmen muss.
Er hält sein Wort;
Er saget: Klopfet an, so wird euch aufgetan!
Drum lasst uns alsofort,
Wenn wir in höchsten Nöten schweben,
114
Das Herz zu Gott allein erheben!
Arie
Meinem Jesum lass ich nicht,
Bis mich erst wein Angesicht
Wird erhören oder segnen.
Er allein soll mein Schutz in allem sein,
Was mir Übels kann begegnen.
Ich habe meine Zuversicht BWV 188
Arie
Ich habe meine Zuversicht
Auf den getreuen Gott gericht,
Da ruhet meine Hoffnung feste.
Wenn alles bricht, wenn alles fällt,
Wenn niemand Treu und Glauben hält,
So ist doch Gott der allerbeste.
Rezitativ
Gott meint es gut mit jedermann,
Auch in den allergrössten Nöten.
Verbirget er gleich seine Liebe,
So denkt sein Herz doch heimlich dran,
Das kann er niemals nicht entziehn;
Und wollte mich der Herr auch töten,
So hoff ich doch auf ihn.
Denn sein erzürntes Angesicht
Ist anders nicht als eine Wolke trübe,
Sie hindert nur den Sonnenschein,
Damit durch einen sanften Regen
Der Himmelssegen
Um so viel reicher möge sein.
Der Herr verwandelt sich in einen grausamen,
Um desto tröstlicher zu scheinen;
Er will, er kanns nich böse meinen.
Drum lass ich ihn nicht, er segne mich denn.
Arie
Unerforschlich ist die Weise,
Wie der Herr die Seinen führt.
Selber unser Kreuz und Pein
Muss zu unserm Besten sein
Und zu seines Namens Preise.
Rezitativ
Die Macht der Welt verlieret sich.
Wer kann auf Stand und Hoheit bauen?
Gott aber bleibet ewiglich;
Wohl allen, die auf ihn vertrauen!
Choral
Auf meinen lieben Gott
Trau ich in Angst und Not;
Er kann mich allzeit retten
Aus Trübsal, Angst und Nöten;
Mein Unglück kann er wenden,
Steht alls in seinen Händen.
Du wahrer Gott und Davids sohn BWV 23
Arie
Du wahrer Gott und Davids Sohn,
Der du von Ewigkeit in der Entfernung schon
Mein Herzeleid und meine Leibespein
Umständlich angesehn, erbarm dich mein!
Und lass durch deine Wunderhand,
Die so viel Böses abgewandt,
Mir gleichfalls Hilf und Trost geschehen.
Rezitativ
Ach, gehe nicht vorüber;
Du aller Menschen Heil,
Bist ja erschienen,
Die Kranken und nicht die Gesunden zu
bedienen.
Drum nehm ich ebenfalls an deiner Allmacht
teil;
Ich sehe dich auf diesen Wegen,
Worauf man mich hat wollen legen,
Auch in der Blindheit an.
Ich fasse mich und lasse dich
Nicht ohne deinen Segen.
Chor
Aller Augen warten, Herr,
Du allmächtger Gott, auf dich,
Und die meinen sonderlich.
Gib denselben Kraft und Licht,
Lass sie nicht immerdar in Finsternissen!
Künftig soll dein Wink allein
Der geliebte Mittelpunkt
Aller ihrer Werke sein,
Bis du sie einst durch den Tod
Wiederum gedenkst zu schliessen.
Choral
Christe, du Lamm Gottes
Der du trägst die Sünd der Welt,
Erbarm dich unser!
Christe, du Lamm Gottes,
Der du trägst die Sünd der Welt,
Gib uns dein Frieden.
Amen.
115
CD III-10
CANTATAS BWV 135-86-85 & 167
The chorale cantata 135 ‘Ach Herr, mich armen Sünder’ was written for the 3rd Sunday after Trinity, 25 June
1724. It comprises six movements, and commences with an extensive chorus in strict style based on the eightline
chorale melody. The succeeding secco recitative offers fine examples of text illustration: the ‘schnelle
Fluten von Tränen’, for instance, are translated into rising and falling scale motifs. The work continues with
arias for tenor and bass and a most expressive and chromatic recitative ‘Ich bin von Seufzen müde’, while a
simple chorale setting forms the conclusion.
Cantata 86 ‘Wahrlich, wahrlich, ich sage euch’ was composed by Bach for the 5th Sunday after Easter, Sunday
Rogate, 14 May 1724. The name is derived from the Latin text of the gospel for this particular Sunday, which
begins with the word ‘Rogate’ (= ask), after a text from St John 16: 23-30. The structure of this cantata is similar
to that of Cantata 85 ‘Ich bin ein guter Hirt’. Both have a chorale as central movement. The opening movement,
an aria in which the bass part represents the voice of Jesus, is of an archaic and strict character; it employs
the above-mentioned text from St John 16: 23-30, with the key words ‘ask’ (see Rogate) and ‘give’. The following
aria (no.2) has a particularly virtuosic violin part, and both violin and alto revel in word illustration with
such welcome texts as ‘Ich will doch Rosen brechen, wenn auch gleich die Dornen stechen’.
Cantata 85 ‘Ich bin ein guter Hirt’ begins likewise with a bass solo representing the words of Jesus. This work
was intended for Sunday Misericordias Domini, 15 April 1725. The central movement is again a chorale, with
the melody in the soprano supported by the texture of two oboes and basso continuo. The succeeding aria ‘Jesus
ist ein guter Hirt’ offers a fine role for the violoncello piccolo (personification of Christ?). Since Bach’s manuscript
of this cantata makes no mention of a choir, the final chorale was probably performed by solo voices.
Cantata 167 ‘Ihr Menschen, rühmet Gottes Liebe’ is for the feast of St John the Baptist on 24 June. Bach performed
it on this date in 1723, shortly after his appointment as cantor of the Thomaskirche in Leipzig. The work
comprises five movements: an aria, a duet, two recitatives and a final chorale. In terms of both concept and instrumentation
the scope of the cantata is limited. In addition to strings and basso continuo only an oboe (or oboe
116
da caccia) and trumpet (clarino) are required, merely to reinforce the vocal parts. The introductory aria ‘Ihr
Menschen, rühmet Gottes Liebe’ sets the charming and pastoral mood of this cantata.
Clemens Romijn
Ach Herr, mich armen Sünder BWV 135
Chor
Ach Herr, mich armen Sünder
Straf nicht in deinem Zorn,
Dein’ernsten Grimm doch linder,
Sonst ists mit mir verlorn.
Ach Herr, wollst mir vergeben
Mein Sünd und gnädig sein,
Dass ich mag ewig leben,
Entfliehn der Höllenpein.
Rezitativ
Ach heile mich, du Arzt der Seelen,
Ich bin sehr krank und schwach;
Man möchte die Gebeine zählen,
So jämmerlich hat mich mein Ungemach,
Mein Kreuz und Leiden zugericht;
Das Angesicht ist ganz von Tränen aufgeschwollen,
Die, schnellen Fluten gleich, von Wangen
abwärts rollen.
Der Seele ist von Schrecken angst und bange;
Ach, du Herr, wie so lange?
Arie
Tröste mir, Jesu, mein Gemüte,
Sonst versink ich in den Tod,
Hilf mir, hilf mir durch deine Güte
Aus der grossen Seelennot!
Denn im Tod ist alles stille,
Da gedenkt man deiner nicht.
Liebster Jesu, ists dein Wille,
So erfreu mein Angesicht!
Rezitativ
Ich bin von Seufzen müde,
Mein Geist hat weder Kraft noch Macht,
Weil ich die ganze Nacht
Oft ohne Seelenruh und Friede
In grossem Schweiss und Tränen liege.
Ich gräme mich fast tot und bin vor Trauern
alt,
Denn meine Angst ist mannigfalt.
Arie
Weicht, all ihr Übeltäter,
Mein Jesus tröstet mich!
Er lässt nach wieder scheinen;
Das Trübsalswetter ändert sich,
Die Feinde müssen plötzlich fallen
Und ihre Pfeile rückwärts prallen.
Choral
Ehr sei ins Himmels Throne
Mit hohem Ruhm und Preis
Dem Vater und dem Sohne
Und auch zu gleicher Weis
Dem heilgen Geist mit Ehren
In alle Ewigkeit,
Der woll uns alln bescheren
Die ewge Seligkeit.
Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch
BWV 86
Arie
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch,
so ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem
Namen,
so wird ers euch geben.
Arie
Ich will doch wohl Rosen brechen,
Wenn mich gleich itzt Dornen stechen.
Denn ich bin der Zuversicht,
Dass mein Bitten und mein Flehen
Gott gewiss zu Herzen gehen,
Weil es mir sein Wort verspricht.
Choral
Und was der ewig gütig Gott
In seinem Wort versprochen
hat,
Geschworn bei seinem Namen,
Das hält und gibt er gwiss fürwahr.
Der helf uns zu der Engel Schar
Durch Jesum Christum, Amen!
Rezitativ
Gott macht es nich gleich wie die Welt,
Die viel verspricht und wenig hält;
Denn was er zusagt, muss geschehen,
Dass man daran kann seine Lust und Freude
sehen.
Arie
Gott hilft gewiss;
Wird gleich die Hilfe aufgeschoben
Wird sie doch drum nicht aufgehoben.
Denn Gottes Wort bezeichet dies:
Gott hilft gewiss!
117
Choral
Die Hoffnung wart’der rechten Zeit,
Was Gottes Wort zugesaget,
Wenn das geschehen soll zur Freud,
Setzt Gott kein gwisse Tage.
Er weiss wohl, wenns am besten ist,
Und braucht an uns kein arge List;
Des solln wie ihm vertrauen.
Ich bin ein guter Hirt
BWV 85
Arie
Ich bin ein Hirt, ein guter Hirt lässt sein
Leben für die Schafe.
Arie
Jesus ist ein guter Hirt:
Denn er hat bereits sein Leben
Für die Schafe hingegeben,
Die ihm niemand rauben wird.
Jesus ist ein guter Hirt.
Choral
Der Herr ist mein getreuer Hirt,
Dem ich mich ganz vertraue,
Zur Weid er mich, sein Schäflein, führt
Auf schöner grünen Aue,
Zum frischen Wasser leit er mich,
Mein Seel zu laben kräftiglich
Durchs selig Wort der Gnaden.
Rezitativ
Wenn die Mietlinge schlafen,
Da wachet dieser Hirt bei seinen Schafen,
So dass ein jedes in gewünschter Ruh
Die Trift und Weide kann geniessen,
In welcher Lebensströme fliessen.
Denn sucht der Höllenwolf gleich einzudringen,
Die Schafe zu verschlingen,
So hält ihm dieser Hirt doch seinen Rachen
zu.
Arie
Seht, was die Liebe tut.
Mein Jesus hält in guter Hut
Die Seinen feste eingeschlossen
Und hat am Kreuzesstamm vergossen
Für sie sein teures Blut.
Choral
Ist Gott mein Schutz und treuer Hirt,
Kein Unglück mich berühren wird:
Weicht, alle meine Feinde,
Die ihr mir stiftet Angst und Pein,
Es wird eurem Schaden sein,
Ich habe Gott zum Freunde.
Ihr Menschen, rühmet Gottes Liebe, BWV
167
Arie
Ihr Menschen, rühmet Gottes Liebe
Und preiset seine Gütigkeit!
Lobt ihn reinem Herzenstriebe,
Dass er uns zu bestimmter Zeit
Das Horn des Heils, den Weg zum Leben
An Jesu, seinen Sohn, gegeben.
Rezitativ
Gelobet sei der Herr Gott Israel,
Der zich in Gnaden zu uns wendet
Und seinen Sohn
Vom hohen Himmelsthron
Zum Welterlöser sendet.
Erst stellte sich Johannes ein
Und musste Weg und Bahn
Dem Heiland zubereiten;
Hierauf kam Jesus selber an,
Die armen Menschenkinder
Und die verlornen Sünder
Mit Gnad und Liebe zu erfreun
Und sie zum Himmelreich in wahrer Buss zu
leiten.
Duett
Gottes Wort, das trüget nicht,
Es geschieht, was er verspricht.
Was er in dem Paradies
Und vor so viel hundert Jahren
Denen Vätern schon verhiess,
Haben wir Gottlob erfahren.
Rezitativ
Des Weibes Samen kam,
Nachdem die Zeit erfüllet;
Der Segen den Gott Abraham,
Dem Glaubensheld, versprochen,
Ist wie der Glanz der Sonnen angebrochen,
Und unser Kummer ist gestillet.
Ein stummer Zacharias preist mit lauter
Stimme Gott vor seine Wundertat,
Die er dem Volk erzeiget hat.
Bedenkt, ihr Christen, auch, was Gott an
euch getan,
Und stimmet ihm ein Loblied an!
Choral
Sei Lob und Preis mit Ehren
Gott Vater, Sohn, heiligem Geist!
Der woll in uns vermehren,
Was er uns aus Gnad verheisst,
Dass wir ihm fest vertrauen,
Gänzlich verlassn auf ihn.
Von Herzen auf ihn bauen,
Dass unsr Herz, Mut und Sinn
Ihm festiglich angehangen;
Darauf singn wir zur Stund:
Amen, wir werdns erlangen,
Glaubn wir aus Herzens Grund.
118
CD III-11
CANTATAS BWV 172-182 & 90
The Pentecost Cantata 172 ‘Erschallet, ihr Lieder’ is a fine example of the economical and painstaking manner
in which Bach borrowed his own music. This is one of the cantatas composed after his appointment as concertmaster
in Weimar, with the obligation to produce a church composition every month. The work dates from
20 May 1714; Bach was to repeat it several times in Leipzig, though in a somewhat more extensive form in
which the opening chorus was repeated at the end, as an extra seventh movement after the original final chorale.
Moreover, the entire work was transposed from C major to D major. The radiant and dance-like opening
chorus to the text ‘Erschallet, ihr Lieder’ is reinforced by three trumpets (and timpani), seeming to compete
with the strings. The mood of the music reminds one of the opening of the Christmas Oratorio. In the more subdued
middle section the trumpets are silent, only to claim a leading role once more in the bass aria ‘Heiligste
Dreieinigkeit’, where their triad patterns symbolise the Holy Trinity. In terms of dynamics the succeeding tenor
aria is more modest; it is really a menuet for a trio consisting of tenor, high strings and basso continuo. In the
following duet (no. 5), a chorale-based movement, we hear a dialogue between the soul (soprano) and the holy
spirit (alto), while the oboe and organ perform an ornamented version of the chorale melody.
Cantata 182 ‘Himmelskönig, sei willkommen’ dates from approximately the same period. It was written for
Palm Sunday 25 March 1714, and Bach repeated it at least twice in Leipzig in 1724 and 1728. In view of the
text it is understandable that Bach used the work in Leipzig on the feast of the Annunciation of the Blessed
Virgin Mary (25 March); indeed, in 1714 Palm Sunday and the Annunciation fell on the same day. In the dignified
opening movement (Sonata) the ‘king of heaven’ is welcomed by recorders, solo violin and plucked
(later bowed) strings. The cantata boasts no less than three choral movements: one after the Sonata, and two to
conclude the work. In between are three arias: one for the bass, a wonderfully expressive movement for the
alto, and a calm and sometimes richly ornamented aria for the tenor.
In Cantata 90 ‘Es reisset euch ein schrecklich Ende’ the role of the choir is limited to the final chorale, the other
movements being solos (recitatives and arias) for the tenor, alto, bass, and again tenor. The work was written
for the 25th Sunday after Trinity (14 November 1723). Apart from the high solo trumpet part in the third movement
the instrumentation is uncertain. Bach probably had a string ensemble in mind, strengthened by an oboe
and supported by the continuo. The text refers to the Day of Judgement, illustrated by the somewhat threatening
embellishments in the solo violin part and the trumpet warnings in the third movement.
Clemens Romijn
119
BWV 172
Erschallet, ihr Lieder, erklinget, ihr
Saiten!
1. Coro
Erschallet, ihr Lieder, erklinget, ihr Saiten!
O seligste Zeiten!
Gott will sich die Seelen zu Tempeln bereiten.
2. Recitativo Basso
Wer mich liebet, der wird mein Wort halten,
und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden
zu ihm kommen und Wohnung bei ihm
machen.
3. Aria Basso
Heiligste Dreieinigkeit,
Großer Gott der Ehren,
Komm doch, in der Gnadenzeit
Bei uns einzukehren,
Komm doch in die Herzenshütten,
Sind sie gleich gering und klein,
Komm und laß dich doch erbitten,
Komm und ziehe bei uns ein!
4. Aria Tenore
O Seelenparadies,
Das Gottes Geist durchwehet,
Der bei der Schöpfung blies,
Der Geist, der nie vergehet;
Auf, auf, bereite dich,
Der Tröster nahet sich.
5. Aria (Duetto) Soprano Alto
Seele (S), Heiliger Geist (A)
Sopran
Komm, laß mich nicht länger warten,
Komm, du sanfter Himmelswind,
Wehe durch den Herzensgarten!
Alt
Ich erquicke dich, mein Kind.
Sopran
Liebste Liebe, die so süße,
Aller Wollust Überfluß,
Ich vergeh, wenn ich dich misse.
Alt
Nimm von mir den Gnadenkuß.
Sopran
Sei im Glauben mir willkommen,
Höchste Liebe, komm herein!
Du hast mir das Herz genommen.
Alt
Ich bin dein, und du bist mein!
6. Choral
Von Gott kömmt mir ein Freudenschein,
Wenn du mit deinen Äugelein
Mich freundlich tust anblicken.
O Herr Jesu, mein trautes Gut,
Dein Wort, dein Geist, dein Leib und Blut
Mich innerlich erquicken.
Nimm mich
Freundlich
In dein Arme, daß ich warme werd von
Gnaden:
Auf dein Wort komm ich geladen.
BWV 182
Himmelskönig, sei willkommen
1. Sonata
2. Coro
Himmelskönig, sei willkommen,
Laß auch uns dein Zion sein!
Komm herein,
Du hast uns das Herz genommen.
3. Recitativo Basso
Siehe, ich komme, im Buch ist von mir
geschrieben; deinen Willen, mein Gott, tu ich
gerne.
4. Aria Basso
Starkes Lieben,
Das dich, großer Gottessohn,
Von dem Thron
Deiner Herrlichkeit getrieben,
Daß du dich zum Heil der Welt
Als ein Opfer vorgestellt,
Daß du dich mit Blut verschrieben.
5. Aria Alto
Leget euch dem Heiland unter,
Herzen, die ihr christlich seid!
Tragt ein unbeflecktes Kleid
Eures Glaubens ihm entgegen,
Leib und Leben und Vermögen
Sei dem König itzt geweiht.
6. Aria Tenore
Jesu, laß durch Wohl und Weh
Mich auch mit dir ziehen!
Schreit die Welt nur "Kreuzige!",
So laß mich nicht fliehen,
Herr, von deinem Kreuzpanier;
Kron und Palmen find ich hier.
7. Choral
Jesu, deine Passion
Ist mir lauter Freude,
Deine Wunden, Kron und Hohn
Meines Herzens Weide;
Meine Seel auf Rosen geht,
Wenn ich dran gedenke,
In dem Himmel eine Stätt
120
Uns deswegen schenke.
8. Coro
So lasset uns gehen in Salem der Freuden,
Begleitet den König in Lieben und Leiden.
Er gehet voran
Und öffnet die Bahn.
BWV 90
Es reißet euch ein schrecklich Ende
1. Aria Tenore
Es reißet euch ein schrecklich Ende,
Ihr sündlichen Verächter, hin.
Der Sünden Maß ist voll gemessen,
Doch euer ganz verstockter Sinn
Hat seines Richters ganz vergessen.
2. Recitativo Alto
Des Höchsten Güte wird von Tag zu Tage
neu,
Der Undank aber sündigt stets auf Gnade.
O, ein verzweifelt böser Schade,
So dich in dein Verderben führt.
Ach! wird dein Herze nicht gerührt?
Dass Gottes Güte dich
Zur wahren Buße leitet?
Sein treues Herze lässet sich
Zu ungezählter Wohltat schauen:
Bald läßt er Tempel auferbauen,
Bald wird die Aue zubereitet,
Auf die des Wortes Manna fällt,
So dich erhält.
Jedoch, o! Bosheit dieses Lebens,
Die Wohltat ist an dir vergebens.
3. Aria Basso
So löschet im Eifer der rächende Richter
Den Leuchter des Wortes zur Strafe doch aus.
Ihr müsset, o Sünder, durch euer Verschulden
Den Greuel an heiliger Stätte erdulden,
Ihr machet aus Tempeln ein mörderisch
Haus.
4. Recitativo Tenore
Doch Gottes Auge sieht auf uns als
Auserwählte:
Und wenn kein Mensch der Feinde Menge
zählte,
So schützt uns doch der Held in Israel,
Es hemmt sein Arm der Feinde Lauf
Und hilft uns auf;
Des Wortes Kraft wird in Gefahr
Um so viel mehr erkannt und offenbar.
5. Choral
Leit uns mit deiner rechten Hand
Und segne unser Stadt und Land;
Gib uns allzeit dein heilges Wort,
Behüt für's Teufels List und Mord;
Verleih ein selges Stündelein,
Auf daß wir ewig bei dir sein!
CD III-12
CANTATAS BWV 106-199 & 161
Cantata 106 Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit’, also referred to as the ‘Actus tragicus’, is Bach’s well-known
funeral cantata. It is a brilliant early work from the Mühlhausen period, probably written in 1707 when Bach
was only 22 years of age. Although the occasion for which the work was composed remains uncertain, it is
assumed that this was the death of Bach’s uncle Tobias Lämmerhirt (on his mother’s side of the family) who
died on 10 August 1707. It is a very special cantata, the music expressive and profound, the mood most sor121
rowful. With this piece alone the young Bach excelled beyond his examples and beyond all comparable works
by his predecessors. Nevertheless, the instrumentation is quite modest, comprising four soloists, two recorders,
two viols, a small choir and continuo, while the music is generally soft and slow – hardly a showy spectacle!
Perhaps Bach even had a solo vocal ensemble in mind, reflecting the subdued mood. The work is based on
various bible passages concerning death and man’s encounter with Christ in paradise. There are wonderfully
moving moments for the recorders and viols as they entwine with the singers, sharing their sorrow.
Even more subdued is the instrumentation of the solo cantata 199 ‘Mein Herze schwimmt im Blut’. Written for
the 11th Sunday after Trinity, 12 August 1714, the work requires only a solo soprano, oboe, strings and basso
continuo. The cantata comprises eight movements, featuring recitatives and arias in alternation. The absence of
a choir seems to have prompted Bach to give the soprano and oboe parts an extra dimension. In the wonderful
slow and elegiac first aria (no. 2), for instance, the oboe indulges in expressive embellishments and ‘seufzer’
(sighing) motifs which underline the text ‘stumme Seufzer, stille Klagen’ (speechless sighs, silent laments). In
the last recitative (no. 7) the soprano expresses an entirely different mood with lively coloraturas to the words
‘fröhlich singen’ (sing joyfully).
Cantata 161 ‘Komm, du süsse Todesstunde’, composed for the 16th Sunday after Trinity, is one of Bach’s most
impressive cantatas. As far as we know it was written in Weimar in 1715 but not performed completely until
27 September 1716. The six-movement work requires two soloists (alto and tenor), four-part choir, two recorders,
obbligato organ and basso continuo. The cantata begins with a chorale-based movement for alto soloist,
recorders, organ and continuo, in which the final chorale ‘Herzlich tut mich verlangen’ is anticipated. The ‘sobbing’
motifs are remarkable, permeating even the basso continuo. According to the great Bach scholar Alfred
Dürr each movement has its origin in the final chorale melody. In the last alto recitative (no. 4) the recorders
and strings accompany the mortal soul realistically to its ‘sanften Schlaf’ (soft sleep).
Clemens Romijn
122
BWV 106
Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit
Actus Tragicus
1. Sonatina
2a. Coro
Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit.
In ihm leben, weben und sind wir, solange er
will.
In ihm sterben wir zur rechten Zeit, wenn er
will.
2b. Arioso Tenore
Ach, Herr, lehre uns bedenken, daß wir sterben
müssen, auf daß wir klug werden.
2c. Aria Basso
Bestelle dein Haus; denn du wirst sterben
und nicht lebendig bleiben.
2d. Coro
Es ist der alte Bund: Mensch, du mußt sterben!
Sopran
Ja, komm, Herr Jesu, komm!
3a. Aria Alto
In deine Hände befehl ich meinen Geist; du
hast mich erlöset, Herr, du getreuer Gott.
3b. Arioso Basso e Choral Alto
Heute wirst du mit mir im Paradies sein.
Mit Fried und Freud ich fahr dahin
In Gottes Willen,
Getrost ist mir mein Herz und Sinn,
Sanft und stille.
Wie Gott mir verheißsen hat:
Der Tod ist mein Schlaf geworden.
4. Coro
Glorie, Lob, Ehr und Herrlichkeit
Sei dir, Gott Vater und Sohn bereit,
Dem heilgen Geist mit Namen!
Die göttlich Kraft
Mach uns sieghaft
Durch Jesum Christum, Amen.
BWV 199
Mein Herze schwimmt im Blut
1. Recitativo Soprano
Mein Herze schwimmt im Blut,
Weil mich der Sünden Brut
In Gottes heilgen Augen
Zum Ungeheuer macht.
Und mein Gewissen fühlet Pein,
Weil mir die Sünden nichts
Als Höllenhenker sein.
Verhaßte Lasternacht!
Du, du allein
Hast mich in solche Not gebracht;
Und du, du böser Adamssamen,
Raubst meiner Seele alle Ruh
Und schließest ihr den Himmel zu!
Ach! unerhörter Schmerz!
Mein ausgedorrtes Herz
Will ferner mehr kein Trost befeuchten,
Und ich muß mich vor dem verstecken,
Vor dem die Engel selbst ihr Angesicht verdecken.
2. Aria e Recitativo Soprano
Stumme Seufzer, stille Klagen,
Ihr mögt meine Schmerzen sagen,
Weil der Mund geschlossen ist.
Und ihr nassen Tränenquellen
Könnt ein sichres Zeugnis stellen,
Wie mein sündlich Herz gebüßt.
Mein Herz ist itzt ein Tränenbrunn,
Die Augen heiße Quellen.
Ach Gott! wer wird dich doch zufriedenstellen?
3. Recitativo Soprano
Doch Gott muß mir genädig sein,
Weil ich das Haupt mit Asche,
Das Angesicht mit Tränen wasche,
Mein Herz in Reu und Leid zerschlage
Und voller Wehmut sage:
Gott sei mir Sünder gnädig!
Ach ja! sein Herze bricht,
Und meine Seele spricht:
4. Aria Soprano
Tief gebückt und voller Reue
Lieg ich, liebster Gott, vor dir.
Ich bekenne meine Schuld,
Aber habe doch Geduld,
Habe doch Geduld mit mir!
5. Recitativo Soprano
Auf diese Schmerzensreu
Fällt mir alsdenn dies Trostwort bei:
6. Choral
Ich, dein betrübtes Kind,
Werf alle meine Sünd,
So viel ihr in mir stecken
Und mich so heftig schrecken,
In deine tiefen Wunden,
Da ich stets Heil gefunden.
7. Recitativo Soprano
Ich lege mich in diese Wunden
Als in den rechten Felsenstein;
Die sollen meine Ruhstatt sein.
In diese will ich mich im Glauben schwingen
Und drauf vergnügt und fröhlich singen:
123
8. Aria Soprano
Wie freudig ist mein Herz,
Da Gott versöhnet ist
Und mir auf Reu und Leid
Nicht mehr die Seligkeit
Noch auch sein Herz verschließt.
BWV 161
Komm, du süße Todesstunde
1. Aria Alto
Komm, du süße Todesstunde,
Da mein Geist
Honig speist
Aus des Löwen Munde;
Mache meinen Abschied süße,
Säume nicht,
Letztes Licht,
Daß ich meinen Heiland küsse.
2. Recitativo Tenore
Welt, deine Lust ist Last,
Dein Zucker ist mir als ein Gift verhaßt,
Dein Freudenlicht
Ist mein Komete,
Und wo man deine Rosen bricht,
Sind Dornen ohne Zahl
Zu meiner Seele Qual.
Der blasse Tod ist meine Morgenröte,
Mit solcher geht mir auf die Sonne
Der Herrlichkeit und Himmelswonne.
Drum seufz ich recht von Herzengrunde
Nur nach der letzten Todesstunde.
Ich habe Lust, bei Christo bald zu weiden,
Ich habe Lust, von dieser Welt zu scheiden.
3. Aria Tenore
Mein Verlangen
Ist, den Heiland zu umfangen
Und bei Christo bald zu sein.
Ob ich sterblich' Asch und Erde
Durch den Tod zermalmet werde,
Wird der Seele reiner Schein
Dennoch gleich den Engeln prangen.
4. Recitativo Alto
Der Schluß ist schon gemacht,
Welt, gute Nacht!
Und kann ich nur den Trost erwerben,
In Jesu Armen bald zu sterben:
Er ist mein sanfter Schlaf.
Das kühle Grab wird mich mit Rosen decken,
Bis Jesus mich wird auferwecken,
Bis er sein Schaf
Führt auf die süße Lebensweide,
Daß mich der Tod von ihm nicht scheide.
So brich herein, du froher Todestag,
So schlage doch, du letzter Stundenschlag!
5. Coro
Wenn es meines Gottes Wille,
Wünsch ich, daß des Leibes Last
Heute noch die Erde fülle,
Und der Geist, des Leibes Gast,
Mit Unsterblichkeit sich kleide
In der süßen Himmelsfreude.
Jesu, komm und nimm mich fort!
Dieses sei mein letztes Wort.
6. Choral
Der Leib zwar in der Erden
Von Würmen wird verzehrt,
Doch auferweckt soll werden,
Durch Christum schön verklärt,
Wird leuchten als die Sonne
Und leben ohne Not
In himml'scher Freud und Wonne.
Was schadt mir denn der Tod?
124
CD III-13
CANTATAS BWV 99-35 & 17
Cantata 99 ‘Was Gott tut, das ist wohlgetan’ is based on the same opening text and chorale melody as cantatas
98 and 100. Bach wrote the work in Leipzig for the 15th Sunday after Trinity, 17 September 1724, during his
second year as cantor at the Thomaskirche. The cantata opens with an extensive choral movement in which the
orchestra plays a substantial role. The horn doubles the sopranos, who sing the chorale melody from bar 20/21
onwards. In addition to the customary strings, the flauto traverso and oboe d’amore make their appearance as a
duo. A secco recitative for the bass leads to a tenor aria (no. 3) in the appropriate key of E minor. The flute and
voice illustrate the text most imaginatively at words such as ‘erschüttre dich nur nicht’ (do not be shaken), where
Bach indeed gives the notes a shaking. The fifth movement, entitled aria, really comprises two duets, one
between the soprano and alto and the other between the flute and oboe d’amore. The work concludes with a
simple chorale.
In contrast to the previous work, Cantata 35 ‘Geist und Seele wird verwirret’ does not require a choir. It is a solo
cantata for soprano, two oboes, oboe da caccia, organ obbligato, strings and continuo, written for the 12 Sunday
after Trinity, 8 September 1726. The absence of a choir seems to be compensated by a more prominent role for
the orchestra and in particular the obbligato organ. Here, as in some other cantatas from the same year, Bach
borrowed an earlier instrumental work which has since been lost: the Harpsichord Concerto BWV 1059, of
which only a fragment survives, or an earlier version of the same work for oboe or violin. Bach arranged the
first movement of the concerto as the introduction to this cantata, and the last movement as the introduction to
the second part. The Bach scholar Alfred Dürr has even suggested that the aria ‘Geist und Seele wird verwirret’
is an arrangement of the slow middle movement of the concerto. One is struck by the somewhat worldly mood
of the music and the absence of biblical texts.
For two weeks later in the same year, the 14th Sunday after Trinity, 22 September 1726, Bach wrote the Cantata
17 ‘Wer Dank opfert, der preiset mich’. Like the previous work, this cantata has a first and second part, relating
to the liturgical practice of Bach’s time in which part of the cantata was performed before, and part after the sermon.
This cantata provides an example of borrowing in reverse. Part of the impressive, grandiose opening chorus
was used later as the final chorus of the Mass in G major BWV 236. Many of the cantatas in two parts
employ a New Testament text at the beginning of the second part, often in the form of a bass solo suggesting the
role of Christ. Here, however, one associates the recitative and aria for the tenor with the evangelist.
125
BWV 99
Was Gott tut, das ist wohlgetan II
1. Coro
Was Gott tut, das ist wohlgetan,
Es bleibt gerecht sein Wille;
Wie er fängt meine Sachen an,
Will ich ihm halten stille.
Er ist mein Gott,
Der in der Not
Mich wohl weiß zu erhalten;
Drum laß ich ihn nur walten.
2. Recitativo Basso
Sein Wort der Wahrheit stehet fest
Und wird mich nicht betrügen,
Weil es die Gläubigen nicht fallen noch verderben
läßt.
Ja, weil es mich den Weg zum Leben führet,
So faßt mein Herze sich und lässet sich
begnügen
An Gottes Vatertreu und Huld
Und hat Geduld,
Wenn mich ein Unfall rühret.
Gott kann mit seinen Allmachtshänden
Mein Unglück wenden.
3. Aria Tenore
Erschüttre dich nur nicht, verzagte Seele,
Wenn dir der Kreuzeskelch so bitter schmeckt!
Gott ist dein weiser Arzt und Wundermann,
So dir kein tödlich Gift einschenken kann,
Obgleich die Süßigkeit verborgen steckt.
4. Recitativo Alto
Nun, der von Ewigkeit geschloß'ne Bund
Bleibt meines Glaubens Grund.
Er spricht mit Zuversicht
Im Tod und Leben:
Gott ist mein Licht,
Ihm will ich mich ergeben.
Und haben alle Tage
Gleich ihre eigne Plage,
Doch auf das überstandne Leid,
Wenn man genug geweinet,
Kommt endlich die Errettungszeit,
Da Gottes treuer Sinn erscheinet.
5. Aria (Duetto) Soprano Alto
Wenn des Kreuzes Bitterkeiten
Mit des Fleisches Schwachheit streiten,
Ist es dennoch wohlgetan.
Wer das Kreuz durch falschen Wahn
Sich vor unerträglich schätzet,
Wird auch künftig nicht ergötzet.
6. Choral
Was Gott tut, das ist wohlgetan,
Dabei will ich verbleiben.
Es mag mich auf die rauhe Bahn
Not, Tod und Elend treiben,
So wird Gott mich
Ganz väterlich
In seinen Armen halten;
Drum laß ich ihn nur walten.
BWV 35
Geist und Seele wird verwirret
Erster Teil
1. Sinfonia
2. Aria Alto
Geist und Seele wird verwirret,
Wenn sie dich, mein Gott, betracht'.
Denn die Wunder, so sie kennet
Und das Volk mit Jauchzen nennet,
Hat sie taub und stumm gemacht.
3. Recitativo Alto
Ich wundre mich;
Denn alles, was man sieht,
Muß uns Verwundrung geben.
Betracht ich dich,
Du teurer Gottessohn,
So flieht
Vernunft und auch Verstand davon.
Du machst es eben,
Daß sonst ein Wunderwerk vor dir was
Schlechtes ist.
Du bist
Dem Namen, Tun und Amte nach erst wunderreich,
Dir ist kein Wunderding auf dieser Erde
gleich.
Den Tauben gibst du das Gehör,
Den Stummen ihre Sprache wieder,
Ja, was noch mehr,
Du öffnest auf ein Wort die blinden
Augenlider.
Dies, dies sind Wunderwerke,
Und ihre Stärke
Ist auch der Engel Chor nicht mächtig auszusprechen.
4. Aria Alto
Gott hat alles wohlgemacht.
Seine Liebe, seine Treu
Wird uns alle Tage neu.
Wenn uns Angst und Kummer drücket,
Hat er reichen Trost geschicket,
Weil er täglich für uns wacht.
Gott hat alles wohlgemacht.
126
Zweiter Teil
5. Sinfonia
6. Recitativo Alto
Ach, starker Gott, laß mich
Doch dieses stets bedenken,
So kann ich dich
Vergnügt in meine Seele senken.
Laß mir dein süßes Hephata
Das ganz verstockte Herz erweichen;
Ach! lege nur den Gnadenfinger in die
Ohren,
Sonst bin ich gleich verloren.
Rühr auch das Zungenband
Mit deiner starken Hand,
Damit ich diese Wunderzeichen
In heilger Andacht preise
Und mich als Erb und Kind erweise.
7. Aria Alto
Ich wünsche nur bei Gott zu leben,
Ach! wäre doch die Zeit schon da,
Ein fröhliches Halleluja
Mit allen Engeln anzuheben.
Mein liebster Jesu, löse doch
Das jammerreiche Schmerzensjoch
Und laß mich bald in deinen Händen
Mein in martervolles Leben enden.
BWV17
Wer Dank opfert, der preiset mich,
1. Coro
Wer Dank opfert, der preiset mich,
und das ist der Weg, das ich ihm zeige das
Heil Gottes.
2. Recitativo
Es muss die ganze Welt ein stummer Zeuge
werden
Von Gottes hoher Majestät,
Luft, Wasser, Firmament und Erden,
Wenn ihre Ordnung als in Schnuren geht;
Ihn preiset die Natur mit ungezählten gaben,
Die er ihr in den Schoss gelegt,
Und was den Odem hegt,
Will noch mehr Anteil an ihm haben,
Wenn es zu seinem Ruhm so Zung als Fittich
regt.
3. Arie
Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel
ist,
Und deine Wahrheit langt, so weit die
Wolken gehen.
Wüsst ich gleich sonsten nicht, wie herrlich
gross du bist,
So könnt ich es gar leicht aus deinen Werken
sehen.
Wie sollt man dich mit Dank davor nicht stetig
preisen?
Da du uns willst den Weg des Heils hingegen
weisen.
Seconda Parte
4. Recitativo
Einer aber unter ihnen, da er sahe, dass er
gesund worden war,
kehrete um und preisete Gott mit lauter
Stimme und fiel auf sein Angesicht
zu seinem Füssen und dankete ihm;
und er was ein Samariter.
5. Arie
Welch Übermass der Güte
Schenkst du mir!
Doch was gibt mein Gemüte Dir dafür?
Herr, ich weiss sonst nichts zu bringen,
Als dir Dank und Lob zu singen.
6. Recitativo
Sieh meinen Willen an, ich kenne, was ich
bin;
Leib, Leben und Verstand, Gesundheit, Kraft
und Sinn,
Der du mich lässt mit frohem Mund geniessen,
Sind Ströme deiner Gnad, die du auf mich
lässt fliessen;
Lieb, Fried, gerechtigkeit und Freud in deinem
Geist
Sind Schätz, dadurch du mir schon hier ein
Vorbild weist,
Was Gutes du gedenkst mir dorten zuzuteilen
Und mich an Leib und Seel vollkommentlich
zu heilen.
7. Choral
Wie sich ein Vatr erbarmet
Übr seine junge Kindlein klein,
So tut der Herr uns Armen,
So wir ihn kindlich fürchten rein.
Er kennt das arm Gemächte,
Gott weiss, wir sind nur Staub,
Gleich wie das Gras vom Rechen,
Ein Blum und fallendes Laub,
Der Wind nur drüber wehet,
So ist es nimmer da:
Also der Mensch vegehet,
Sein End, das ist ihm nah.
127
CD III-14
CANTATAS BWV 123-87 & 173
Bach composed Cantata 123 ‘Liebster Immanuel, Herzog der Frommen’ for 6 January 1725, Epiphany Sunday.
This feast commemorates both the manifestation of Christ to the three kings, and his later appearance at the
wedding at Cana where he turned water into wine. ‘Epiphaneia’ is the Greek word for appearance, and in the
first verse of the text, sung by the choir, this appearance is anticipated: ‘Liebster Immanuel, Herzog der
Frommen, Du meiner Seelen Heil, komm nur bald!’. This opening chorus is dominated by the orchestra, the
choir beginning (with the chorale melody in the soprano part) after an instrumental introduction of no less than
20 bars. The choral writing is simple and homophonic, contrasting with the polyphonic texture of the instrumental
parts. The orchestral introduction is repeated as a final ritornello. Two recitative-aria pairs follow, after
which the work ends with a mildly rocking chorale in 3/2 time. Of great beauty is the slow, somewhat chromatic
tenor aria in F sharp minor, in which the tenor intermingles with the two oboe d’amore parts to form an
expressive trio.
The seven-movement Cantata 87 ‘Bisher habt ihr nichts gebeten in meinem Namen’ was written for Rogation
Sunday, 6 May 1725. The text by Mariane von Ziegler is based on St John’s gospel (Joh. 16: 24, 33) and would
appear to have been adapted by Bach himself. In the first two movements we hear the words of Christ, first in
an aria in D minor with the title text, and thereafter in a contemplative recitative. In the third movement, an
alto aria, we hear a confession and a prayer for perseverance. The mood of prayer and adjuration is most convincingly
portrayed in parallel seufzer (sighing) motifs in the two oboe da caccia parts and the pleading,
upward gestures in the basso continuo. The final chorale ‘Muss ich sein betrübet?’ employs the melody of
‘Jesu, meine Freude’.
Cantata 173 ‘Erhöhtes Fleisch und Blut’ is a work for the second day of Pentecost, probably 29 May 1724;
there is also evidence of later performances. The cantata is really a remodelled version of the earlier Cantata
BWV 173a ‘Durchlauchtster Leopold’, written for the birthday of Prince Leopold of Anhalt-Köthen on 10
December 1717 or 1722. The six-movement work includes two recitatives, three arias and a final chorus; a
chorale is omitted, and it is therefore two movements shorter than the original version. Bach has occasionally
128
adapted the texture and distribution of parts. In BWV 173 the first recitative ‘Erhöhtes Fleisch und Blut’ is sung
by the tenor, while in the birthday cantata BWV 173a it is for the soprano. Remarkable is the apparent ease
with which Bach replaced the final chorus text ‘Nimm auch, grosser Fürst, uns auf’ in the birthday cantata by
the sacred text ‘Rühre, Höchster, unser Geist’. Listening to the music rather than the text, one hears in both
cases a light, dance-like piece in the form of a polonaise.
Clemens Romijn
BWV 123
Liebster Immanuel, Herzog der Frommen
1. Coro
Liebster Immanuel, Herzog der Frommen,
Du, meiner Seele Heil, komm, komm nur
bald!
Du hast mir, höchster Schatz, mein Herz
genommen,
So ganz vor Liebe brennt und nach dir wallt.
Nichts kann auf Erden
Mir liebers werden,
Als wenn ich meinen Jesum stets behalt.
2. Recitativo Alto
Die Himmelssüßigkeit, der Auserwählten
Lust
Erfüllt auf Erden schon mein Herz und Brust,
Wenn ich den Jesusnamen nenne
Und sein verborgnes Manna kenne:
Gleichwie der Tau ein dürres Land erquickt,
So ist mein Herz
Auch bei Gefahr und Schmerz
In Freudigkeit durch Jesu Kraft entzückt.
3. Aria Tenore
Auch die harte Kreuzesreise
Und der Tränen bittre Speise
Schreckt mich nicht.
Wenn die Ungewitter toben,
Sendet Jesus mir von oben
Heil und Licht.
4. Recitativo Basso
Kein Höllenfeind kann mich verschlingen,
Das schreiende Gewissen schweigt.
Was sollte mich der Feinde Zahl umringen?
Der Tod hat selbsten keine Macht,
Mir aber ist der Sieg schon zugedacht,
Weil sich mein Helfer mir, mein Jesus, zeigt.
5. Aria Basso
Laß, o Welt, mich aus Verachtung
In betrübter Einsamkeit!
Jesus, der ins Fleisch gekommen
Und mein Opfer angenommen,
Bleibet bei mir allezeit.
6. Choral
Drum fahrt nur immer hin, ihr Eitelkeiten,
Du, Jesu, du bist mein, und ich bin dein;
Ich will mich von der Welt zu dir bereiten;
Du sollst in meinem Herz und Munde sein.
Mein ganzes Leben
Sei dir ergeben,
Bis man mich einsten legt ins Grab hinein.
BWV 87
Bisher habt ihr nichts gebeten in meinem
Namen
1. Arioso Basso
Bisher habt ihr nichts gebeten in meinem
Namen.
2. Recitativo Alto
O Wort, das Geist und Seel erschreckt!
Ihr Menschen, merkt den Zuruf, was dahinter
steckt!
Ihr habt Gesetz und Evangelium vorsätzlich
übertreten;
Und dies möcht' ihr ungesäumt in Buß und
Andacht beten.
3. Aria Alto
Vergib, o Vater, unsre Schuld
Und habe noch mit uns Geduld,
Wenn wird in Andacht beten
Und sagen: Herr, auf dein Geheiß,
Ach, rede nicht mehr sprichwortsweis,
Hilf uns vielmehr vertreten.
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4. Recitativo Tenore
Wenn unsre Schuld bis an den Himmel steigt,
Du siehst und kennest ja mein Herz, das
nichts vor dir verschweigt;
Drum suche mich zu trösten!
5. Arioso Basso
In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost,
ich habe die Welt überwunden.
6. Aria Tenore
Ich will leiden, ich will schweigen,
Jesus wird mir Hilf erzeigen,
Denn er tröst' mich nach dem Schmerz.
Weicht, ihr Sorgen, Trauer, Klagen,
Denn warum sollt ich verzagen?
Fasse dich betrübtes Herz!
7. Choral
Muß ich sein betrübet?
So mich Jesus liebet,
Ist mir aller Schmerz
Über Honig süße,
Tausend Zuckerküsse
Drücket er ans Herz.
Wenn die Pein sich stellet ein,
Seine Liebe macht zur Freuden
Auch das bittre Leiden.
BWV 173
Erhöhtes Fleisch und Blut
1. Recitativo Tenore
Erhöhtes Fleisch und Blut,
Das Gott selbst an sich nimmt,
Dem er schon hier auf Erden
Ein himmlisch Heil bestimmt,
Des Höchsten Kind zu werden,
Erhöhtes Fleisch und Blut!
2. Aria Tenore
Ein geheiligtes Gemüte
Sieht und schmecket Gottes Güte.
Rühmet, singet, stimmt die Saiten,
Gottes Treue auszubreiten!
3. Aria Alto
Gott will, o ihr Menschenkinder,
An euch große Dinge tun.
Mund und Herze, Ohr und Blicke
Können nicht bei diesem Glücke
Und so heilger Freude ruhn.
4. Aria (Duetto) Basso Soprano
Baß
So hat Gott die Welt geliebt,
Sein Erbarmen
Hilft uns Armen,
Daß er seinen Sohn uns gibt,
Gnadengaben zu genießen,
Die wie reiche Ströme fließen.
Sopran
Sein verneuter Gnadenbund
Ist geschäftig
Und wird kräftig
In der Menschen Herz und Mund,
Daß sein Geist zu seiner Ehre
Gläubig zu ihm rufen lehre.
beide
Nun wir lassen unsre Pflicht
Opfer bringen,
Dankend singen,
Da sein offenbartes Licht
Sich zu seinen Kindern neiget
Und sich ihnen kräftig zeiget.
5. Recitativo (Duetto) Soprano Tenore
Unendlichster, den man doch Vater nennt,
Wir wollen dann das Herz zum Opfer bringen,
Aus unsrer Brust, die ganz vor Andacht brennt,
Soll sich der Seufzer Glut zum Himmel schwingen.
6. Coro
Rühre, Höchster, unsern Geist,
Daß des höchsten Geistes Gaben
Ihre Würkung in uns haben.
Da dein Sohn uns beten heißt,
Wird es durch die Wolken dringen
Und Erhörung auf uns bringen.
130
CD III-15
CANTATAS BWV 117-153 & 168
We do not know when and for which Sunday Cantata 117 ‘Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut’ was composed.
The structure of the nine-movement cantata runs entirely parallel to the chorale text by Johann Jacob
Schütz, also consisting of nine verses all ending with the words ‘Gebt unserm Gott die Ehre’. The work commences
with a chorus (the choir and orchestra alternating in blocks) based on the text and melody of the chorale.
After a bass recitative and tenor aria accompanied by two oboes d’amore another chorale-like chorus follows,
possibly forming the conclusion to the first part before the sermon. The sixth movement suggests a rather
darkly coloured trio sonata in which the bass voice and solo violin perform a dialogue.
Cantata 153 ‘Schau, lieber Gott, wie meine Feind’ was written for the Sunday after the feast of the circumcision
of Christ, the Sunday after new year’s day, 2 January 1724. At least, this is the only date upon which a
performance of this cantata is recorded. The nine-movement work has no large-scale choral sections, but it does
have three simple chorales (nos. 1, 5 and 9), and three recitatives and three arias. The tenor aria in A minor (no.
6) deserves special mention: here, a restless and virtuosic violin part and a somewhat jerky and jumpy tenor
part illustrate the text ‘Stürmt nur, ihr Trübsalswetter’.
Bach probably composed the small-scale and sparingly orchestrated Cantata 168 ‘Tue Rechnung! Donnerwort’
for the 9th Sunday after Trinity, 29 July 1725. The six-movement work requires four soloists, choir, two oboes
d’amore, strings and continuo. Special moments of typical Baroque text depiction include the opening aria for
the bass, with dotted rhythms and long strings of triplets to the text ‘tue Rechnung’, and the aria for soprano
and alto (no. 5: ‘Herz, zerreiss’ des Mammons Kette’), where ‘Mammon’s chain’ is portrayed by brusque scale
passages in the bass, while the voices make tearing movements in garlands of notes.
Clemens Romijn
131
BWV 117
Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
1. Coro
Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut,
Dem Vater aller Güte,
Dem Gott, der alle Wunder tut,
Dem Gott, der mein Gemüte
Mit seinem reichen Trost erfüllt,
Dem Gott, der allen Jammer stillt.
Gebt unserm Gott die Ehre!
2. Recitativo Basso
Es danken dir die Himmelsheer,
O Herrscher aller Thronen,
Und die auf Erden, Luft und Meer
In deinem Schatten wohnen,
Die preisen deine Schöpfermacht,
Die alles also wohl bedacht.
Gebt unserm Gott die Ehre!
3. Aria Tenore
Was unser Gott geschaffen hat,
Das will er auch erhalten;
Darüber will er früh und spat
Mit seiner Gnade walten.
In seinem ganzen Königreich
Ist alles recht und alles gleich.
Gebt unserm Gott die Ehre!
4. Choral
Ich rief dem Herrn in meiner Not:
Ach Gott, vernimm mein Schreien!
Da half mein Helfer mir vom Tod
Und ließ mir Trost gedeihen.
Drum dank, ach Gott, drum dank ich dir;
Ach danket, danket Gott mit mir!
Gebt unserm Gott die Ehre!
5. Recitativo Alto
Der Herr ist noch und nimmer nicht
Von seinem Volk geschieden,
Er bleibet ihre Zuversicht,
Ihr Segen, Heil und Frieden;
Mit Mutterhänden leitet er
Die Seinen stetig hin und her.
Gebt unserm Gott die Ehre!
6. Aria Basso
Wenn Trost und Hülf ermangeln muß,
Die alle Welt erzeiget,
So kommt, so hilft der Überfluß,
Der Schöpfer selbst, und neiget
Die Vateraugen denen zu,
Die sonsten nirgend finden Ruh.
Gebt unserm Gott die Ehre!
7. Aria Alto
Ich will dich all mein Leben lang,
O Gott, von nun an ehren;
Man soll, o Gott, den Lobgesang
An allen Orten hören.
Mein ganzes Herz ermuntre sich,
Mein Geist und Leib erfreue sich.
Gebt unserm Gott die Ehre!
8. Recitativo Tenore
Ihr, die ihr Christi Namen nennt,
Gebt unserm Gott die Ehre!
Ihr, die ihr Gottes Macht bekennt,
Gebt unserm Gott die Ehre!
Die falschen Götzen macht zu Spott,
Der Herr ist Gott, der Herr ist Gott:
Gebt unserm Gott die Ehre!
9. Coro
So kommet vor sein Angesicht
Mit jauchzenvollem Springen;
Bezahlet die gelobte Pflicht
Und laßt uns fröhlich singen:
Gott hat es alles wohl bedacht
Und alles, alles recht gemacht.
Gebt unserm Gott die Ehre!
BWV 153
Schau, lieber Gott, wie meine Feind
1. Choral
Schau, lieber Gott, wie meine Feind,
Damit ich stets muß kämpfen,
So listig und so mächtig seind,
Daß sie mich leichtlich dämpfen!
Herr, wo mich deine Gnad nicht hält,
So kann der Teufel, Fleisch und Welt
Mich leicht in Unglück stürzen.
2. Recitativo Alto
Mein liebster Gott, ach laß dichs doch erbarmen,
Ach hilf doch, hilf mir Armen!
Ich wohne hier bei lauter Löwen und bei
Drachen,
Und diese wollen mir durch Wut und
Grimmigkeit
In kurzer Zeit
Den Garaus völlig machen.
3. Aria Basso
Fürchte dich nicht, ich bin mit dir. Weiche
nicht, ich bin dein Gott; ich stärke dich, ich
helfe dir auch durch die rechte Hand meiner
Gerechtigkeit.
4. Recitativo Tenore
Du sprichst zwar, lieber Gott, zu meiner
Seelen Ruh
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Mir einen Trost in meinen Leiden zu.
Ach, aber meine Plage
Vergrößert sich von Tag zu Tage,
Denn meiner Feinde sind so viel,
Mein Leben ist ihr Ziel,
Ihr Bogen wird auf mich gespannt,
Sie richten ihre Pfeile zum Verderben,
Ich soll von ihren Händen sterben;
Gott! meine Not ist dir bekannt,
Die ganze Welt wird mir zur Marterhöhle;
Hilf, Helfer, hilf! errette meine Seele!
5. Choral
Und ob gleich alle Teufel
Dir wollten widerstehn,
So wird doch ohne Zweifel
Gott nicht zurücke gehn;
Was er ihm fürgenommen
Und was er haben will,
Das muß doch endlich kommen
Zu seinem Zweck und Ziel.
6. Aria Tenore
Stürmt nur, stürmt, ihr Trübsalswetter,
Wallt, ihr Fluten, auf mich los!
Schlagt, ihr Unglücksflammen,
Über mich zusammen,
Stört, ihr Feinde, meine Ruh,
Spricht mir doch Gott tröstlich zu:
Ich bin dein Hort und Erretter.
7. Recitativo Basso
Getrost! mein Herz,
Erdulde deinen Schmerz,
Laß dich dein Kreuz nicht unterdrücken!
Gott wird dich schon
Zu rechter Zeit erquicken;
Muß doch sein lieber Sohn,
Dein Jesus, in noch zarten Jahren
Viel größre Not erfahren,
Da ihm der Wüterich Herodes
Die äußerste Gefahr des Todes
Mit mörderischen Fäusten droht!
Kaum kömmt er auf die Erden,
So muß er schon ein Flüchtling werden!
Wohlan, mit Jesu tröste dich
Und glaube festiglich:
Denjenigen, die hier mit Christo leiden,
Will er das Himmelreich bescheiden.
8. Aria Alto
Soll ich meinen Lebenslauf
Unter Kreuz und Trübsal führen,
Hört es doch im Himmel auf.
Da ist lauter Jubilieren,
Daselbsten verwechselt mein Jesus das
Leiden
Mit seliger Wonne, mit ewigen Freuden.
9. Choral
Drum will ich, weil ich lebe noch,
Das Kreuz dir fröhlich tragen nach;
Mein Gott, mach mich darzu bereit,
Es dient zum Besten allezeit!
Hilf mir mein Sach recht greifen an,
Daß ich mein' Lauf vollenden kann,
Hilf mir auch zwingen Fleisch und Blut,
Für Sünd und Schanden mich behüt!
Erhalt mein Herz im Glauben rein,
So leb und sterb ich dir allein;
Jesu, mein Trost, hör mein Begier,
O mein Heiland, wär ich bei dir!
BWV 168
Tue Rechnung! Donnerwort
1. Aria Basso
Tue Rechnung! Donnerwort,
Das die Felsen selbst zerspaltet,
Wort, wovon mein Blut erkaltet!
Tue Rechnung! Seele, fort!
Ach, du mußt Gott wiedergeben
Seine Güter, Leib und Leben.
Tue Rechnung! Donnerwort!
2. Recitativo Tenore
Es ist nur fremdes Gut,
Was ich in diesem Leben habe;
Geist, Leben, Mut und Blut
Und Amt und Stand ist meines Gottes Gabe,
Es ist mir zum Verwalten
Und treulich damit hauszuhalten
Von hohen Händen anvertraut.
Ach! aber ach! mir graut,
Wenn ich in mein Gewissen gehe
Und meine Rechnungen so voll Defekte
sehe!
Ich habe Tag und Nacht
Die Güter, die mir Gott verliehen,
Kaltsinnig durchgebracht!
Wie kann ich dir, gerechter Gott, entfliehen?
Ich rufe flehentlich:
Ihr Berge fallt! ihr Hügel decket mich
Vor Gottes Zorngerichte
Und vor dem Blitz von seinem Angesichte!
3. Aria Tenore
Kapital und Interessen,
Meine Schulden groß und klein
Müssen einst verrechnet sein.
Alles, was ich schuldig blieben,
Ist in Gottes Buch geschrieben
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Als mit Stahl und Demantstein.
4. Recitativo Basso
Jedoch, erschrocknes Herz, leb und verzage
nicht!
Tritt freudig vor Gericht!
Und überführt dich dein Gewissen,
Du werdest hier verstummen müssen,
So schau den Bürgen an,
Der alle Schulden abgetan!
Es ist bezahlt und völlig abgeführt,
Was du, o Mensch, in Rechnung schuldig
blieben;
Des Lammes Blut, o großes Lieben!
Hat deine Schuld durchstrichen
Und dich mit Gott verglichen.
Es ist bezahlt, du bist quittiert!
Indessen,
Weil du weißt,
Daß du Haushalter seist,
So sei bemüht und unvergessen,
Den Mammon klüglich anzuwenden,
Den Armen wohlzutun,
So wirst du, wenn sich Zeit und Leben
enden,
In Himmelshütten sicher ruhn.
5. Aria (Duetto) Soprano Alto
Herz, zerreiß des Mammons Kette,
Hände, streuet Gutes aus!
Machet sanft mein Sterbebette,
Bauet mir ein festes Haus,
Das im Himmel ewig bleibet,
Wenn der Erde Gut zerstäubet.
6. Choral
Stärk mich mit deinem Freudengeist,
Heil mich mit deinen Wunden,
Wasch mich mit deinem Todesschweiß
In meiner letzten Stunden;
Und nimm mich einst, wenn dirs gefällt,
In wahrem Glauben von der Welt
Zu deinen Auserwählten.
CD III-16
CANTATAS BWV 130-138 & 81
Cantata 130 ‘Herr Gott, dich loben alle wir’ is a chorale cantata written for Michaelmas, 29 September 1724.
This feast commemorates the archangel Michael’s fight with the dragon, the spectacular story recorded in the
book of Revelation 12: 7-12. Several decades before, around 1680, Bach’s favourite uncle, the ‘profound composer’
Johann Christoph of Eisenach, had already written a gripping work on this subject, ‘Es erhub sich ein
Streit’; Bach was familiar with this piece and performed it later in Leipzig. The two works display certain similarities,
including the large-scale instrumentation with trumpets, oboes and timpani, the so-called military instruments,
and their typical fanfare-like signals with fifth and fourth intervals and triad motifs. In the opening
chorus the trumpets and drums make their presence felt. Here the militant angels are heard: they have triumphed
over the devil and offer protection to God. But Bach reserved the greatest musical effect for the depiction
of the actual fight in the bass aria (no. 3). The three trumpets blare, and the first plays a most virtuosic part as
if involved in a real fight with the equally agile vocal part (‘the old dragon flares with anger...’), or possibly
with his own slightly less agile instrument...
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Avery special and exceptional work is Cantata 138 ‘Warum betrübst du dich, mein Herz?’, written for the 15th
Sunday after Trinity, 5 September 1723. The structure in particular is most unusual. The first three movements
offer a continuous and free alternation of chorale lines and recitatives. In the first movement, for instance, the
first verse of the chorale is suddenly interrupted after three lines by an alto solo ‘Ach, ich bin arm, mich drücken
schwere Sorgen’. The third movement begins with a chorale verse which is cut off half way by two recitatives,
one for the soprano and one for the alto, after which the verse is completed. The cantata does not conclude
with the customary simple chorale, but with a movement in which the chorale lines alternate with instrumental
phrases for two oboes and two virtuosic violins.
In Cantata 81 ‘Jesus schläft, was soll ich hoffen’ for the 4th Sunday after Trinity, 30 January 1724, the role of
the choir is much more modest: the final, simple chorale ‘Unter deinen Schirmen’ is the only choral movement.
The work is based on the well-known episode from St Matthew 8: 23-27 about Jesus sleeping on a boat, being
woken by his fearful disciples, and calming the storm on the lake. The cantata opens with an alto aria in E
minor, scored for the mild flute and violin as a sort of slumber song for Jesus. In the succeeding tenor recitative
and aria the storm on the lake is more realistically protrayed in panicky melodic leaps in the vocal part and
a restless violin part: ‘die schäumenden Wellen ... verdoppeln die Wut’.
Clemens Romijn
BWV 130
Herr Gott, dich loben alle wir
1. Coro
Herr Gott, dich loben alle wir
Und sollen billig danken dir
Für dein Geschöpf der Engel schon,
Die um dich schwebn um deinen Thron.
2. Recitativo Alto
Ihr heller Glanz und hohe Weisheit zeigt,
Wie Gott sich zu uns Menschen neigt,
Der solche Helden, solche Waffen
Vor uns geschafften.
Sie ruhen ihm zu Ehren nicht;
Ihr ganzer Fleiß ist nur dahin gericht',
Daß sie, Herr Christe, um dich sein
Und um dein armes Häufelein:
Wie nötig ist doch diese Wacht
Bei Satans Grimm und Macht?
3. Aria Basso
Der alte Drache brennt vor Neid
Und dichtet stets auf neues Leid,
Daß er das kleine Häuflein trennet.
Er tilgte gern, was Gottes ist,
Bald braucht er List,
Weil er nicht Rast noch Ruhe kennet.
4. Recitativo (Duetto) Soprano Tenore
Wohl aber uns, daß Tag und Nacht
Die Schar der Engel wacht,
Des Satans Anschlag zu zerstören!
Ein Daniel, so unter Löwen sitzt,
Erfährt, wie ihn die Hand des Engels schützt.
Wenn dort die Glut
In Babels Ofen keinen Schaden tut,
So lassen Gläubige ein Danklied hören,
So stellt sich in Gefahr
Noch itzt der Engel Hülfe dar.
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5. Aria Tenore
Laß, o Fürst der Cherubinen,
Dieser Helden hohe Schar Immerdar
Deine Gläubigen bedienen;
Daß sie auf Elias Wagen
Sie zu dir gen Himmel tragen.
6. Choral
Darum wir billig loben dich
Und danken dir, Gott, ewiglich,
Wie auch iler lieben Engel Schar
Dich preisen heut und immerdar.
Und bitten dich, wollst allezeit
Dieselben heißen sein bereit,
Zu schützen leine kleine Herd,
So hält dein göttlichs Wort in Wert.
BWV 138
Warum betrübst du dich,
mein Herz?
1. Choral e Recitativo Alto
Warum betrübst du dich, mein Herz?
Bekümmerst dich und trägest Schmerz
Nur um das zeitliche Gut?
Ach, ich bin arm,
Mich drücken schwere Sorgen.
Vom Abend bis zum Morgen
Währt meine liebe Not.
Daß Gott erbarm!
Wer wird mich noch erlösen
Vom Leibe dieser bösen
Und argen Welt?
Wie elend ist's um mich bestellt!
Ach! wär ich doch nur tot!
Vertrau du deinem Herren Gott,
Der alle Ding erschaffen hat.
2. Recitativo Basso
Ich bin veracht',
Der Herr hat mich zum Leiden
Am Tage seines Zorns gemacht;
Der Vorrat, hauszuhalten,
Ist ziemlich klein;
Man schenkt mir vor den Wein der Freuden
Den bittern Kelch der Tränen ein.
Wie kann ich nun mein Amt mit Ruh verwalten,
Wenn Seufzer meine Speise und Tränen das
Getränke sein?
3. Choral e Recitativo Soprano Alto
Er kann und will dich lassen nicht, Er weiß
gar wohl, was dir gebricht,
Himmel und Erd ist sein!
Sopran
Ach, wie?
Gott sorget freilich vor das Vieh,
Er gibt den Vögeln seine Speise,
Er sättiget die jungen Raben,
Nur ich, ich weiß nicht, auf was Weise
Ich armes Kind
Mein bißchen Brot soll haben;
Wo ist jemand, der sich zu meiner Rettung
findt?
Dein Vater und dein Herre Gott,
Der dir beisteht in aller Not.
Alt
Ich bin verlassen,
Es scheint,
Als wollte mich auch Gott bei meiner Armut
hassen,
Da er's doch immer gut mit mir gemeint.
Ach Sorgen,
Werdet ihr denn alle Morgen
Und alle Tage wieder neu?
So klag ich immerfort;
Ach! Armut, hartes Wort,
Wer steht mir denn in meinem Kummer bei?
Dein Vater und dein Herre Gott,
Der steht dir bei in aller Not.
4. Recitativo Tenore
Ach süßer Trost! Wenn Gott mich nicht verlassen
Und nicht versäumen will,
So kann ich in der Still
Und in Geduld mich fassen.
Die Welt mag immerhin mich hassen,
So werf ich meine Sorgen
Mit Freuden auf den Herrn,
Und hilft er heute nicht, so hilft er mir doch
morgen.
Nun leg ich herzlich gern
Die Sorgen unters Kissen
Und mag nichts mehr als dies zu meinem
Troste wissen:
5. Aria Basso
Auf Gott steht meine Zuversicht,
Mein Glaube läßt ihn walten.
Nun kann mich keine Sorge nagen,
Nun kann mich auch kein Armut plagen.
Auch mitten in dem größten Leide
Bleibt er mein Vater, meine Freude,
Er will mich wunderlich erhalten.
6. Recitativo Alto
Ei nun!
So will ich auch recht sanfte ruhn.
Euch, Sorgen, sei der Scheidebrief gegeben!
Nun kann ich wie im Himmel
leben.
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7. Choral
Weil du mein Gott und Vater bist,
Dein Kind wirst du verlassen nicht,
Du väterliches Herz!
Ich bin ein armer Erdenkloß,
Auf Erden weiß ich keinen Trost.
BWV 81
Jesus schläft, was soll ich hoffen?
1. Aria Alto
Jesus schläft, was soll ich hoffen?
Seh ich nicht
Mit erblaßtem Angesicht
Schon des Todes Abgrund offen?
2. Recitativo Tenore
Herr! warum trittest du so ferne?
Warum verbirgst du dich zur Zeit der Not,
Da alles mir ein kläglich Ende droht?
Ach, wird dein Auge nicht durch meine Not
beweget
So sonsten nie zu schlummern pfleget?
Du wiesest ja mit einem Sterne
Vordem den neubekehrten Weisen,
Den rechten Weg zu reisen.
Ach leite mich durch deiner Augen Licht,
Weil dieser Weg nichts als Gefahr verspricht.
3. Aria Tenore
Die schäumenden Wellen von Belials Bächen
Verdoppeln die Wut.
Ein Christ soll zwar wie Wellen stehn,
Wenn Trübsalswinde um ihn gehn,
Doch suchet die stürmende Flut
Die Kräfte des Glaubens zu schwächen.
4. Arioso Basso
Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam?
5. Aria Basso
Schweig, aufgetürmtes Meer!
Verstumme, Sturm und Wind!
Dir sei dein Ziel gesetzet,
Damit mein auserwähltes Kind
Kein Unfall je verletzet.
6. Recitativo Alto
Wohl mir, mein Jesus spricht ein Wort,
Mein Helfer ist erwacht,
So muß der Wellen Sturm, des Unglücks
Nacht
Und aller Kummer fort.
7. Choral
Unter deinen Schirmen
Bin ich für den Stürmen
Aller Feinde frei.
Laß den Satan wittern,
Laß den Feind erbittern,
Mir steht Jesus bei.
Ob es itzt gleich kracht und blitzt,
Ob gleich Sünd und Hölle schrecken,
Jesus will mich decken.
CD III-17
CANTATAS BWV 149-69 & 169
Cantata 149 ‘Man singet mit Freuden vom Sieg’, like Cantata 130 ‘Herr Gott, dich loben alle wir’ on the previous
cd, was written for Michaelmas 29 September, the feast of the archangel Michael, when his fight with
the dragon is commemorated. Cantata 149 was composed for the 1728 or 1729 cycle. The subject of this work
is the triumph of the angels over Satan rather than the fight between Michael and the dragon. Thus the generally
festive character of the work. The jubilant opening chorus in 3/8 time is an arrangement of the final chorus
of the hunt cantata BWV 208, a most appropriate association. The two horns in the original scoring are
BWV 149
Man singet mit Freuden vom Sieg in den
Hütten der Gerechten
1. Coro
Man singet mit Freuden vom Sieg in den
Hütten der Gerechten: Die Rechte des Herrn
behält den Sieg, die Rechte des Herrn ist
erhöhet, die Rechte des Herrn behält den
Sieg!
2. Aria Basso
Kraft und Stärke sei gesungen
Gott, dem Lamme,das bezwungen
Und den Satanas verjagt,
Der uns Tag und Nacht verklagt.
Ehr und Sieg ist auf die Frommen
Durch des Lammes Blut gekommen.
3. Recitativo Alto
Ich fürchte mich
Vor tausend Feinden nicht,
Denn Gottes Engel lagern sich
Um meine Seiten her;
Wenn alles fällt, wenn alles bricht,
So bin ich doch in Ruhe.
Wie wär es möglich zu verzagen?
Gott schickt mir ferner Roß und Wagen
Und ganze Herden Engel zu.
137
replaced here by three trumpets and timpani. In the following bass aria in B minor God’s strength resounds in
a most agile vocal part. After two recitatives and two arias the work concludes with a simple chorale.
Cantata BWV69 "Lobe den Herrn, meine Seele" is a so-called Ratswechselkantate, written for the election of
a new town council in Leipzig. Bach created a parody of an existing cantate, BWV 69a, composing two new
recitatives and a final chorale.
The work opens with a recitative for soprano, followed by a wonderfully expressive alto aria, "Meine Seele,
auf, erzähle". The simple final chorale "Es danke, Gott, und lobe dich" is given an extra dimension by the
accents of the three trumpets and timpani and the dynamic development in the closing words of thanksgiving.
Cantata 169 ‘Gott soll allein mein Herze haben’ for the 18th Sunday after Trinity, 20 October 1726, is a special
work in view of its instrumentation and parodic origin. The work requires just one solo voice (alto), a fourpart
choir, two oboes d’amore, oboe da caccia and obbligato organ. The latter is explained by the work upon
which parts of the cantata are based, the Harpsichord Concerto in E major BWV 1053, which is probably based
in turn on a lost oboe concerto. The first part of this concerto was arranged by Bach as the introductory sinfonia
to the cantata. He transposed the work from E major to D major, replaced the harpsichord by the organ and
added three oboes. The middle movement of the concerto became the second aria (no. 5) ‘Stirb in mir, Welt’,
in which Bach added the alto part alongside the obbligato organ and thus considerably intensified its expressive
power.
Clemens Romijn
138
4. Aria Soprano
Gottes Engel weichen nie,
Sie sind bei mir allerenden.
Wenn ich schlafe, wachen sie,
Wenn ich gehe,
Wenn ich stehe,
Tragen sie mich auf den Händen.
5. Recitativo Tenore
Ich danke dir,
Mein lieber Gott, dafür;
Dabei verleihe mir,
Daß ich mein sündlich Tun bereue,
Daß sich mein Engel drüber freue,
Damit er mich an meinem Sterbetage
In deinen Schoß zum Himmel trage.
6. Aria (Duetto) Alto Tenore
Seid wachsam, ihr heiligen Wächter,
Die Nacht ist schier dahin.
Ich sehne mich und ruhe nicht,
Bis ich vor dem Angesicht
Meines lieben Vaters bin.
7. Choral
Ach Herr, laß dein lieb Engelein
Am letzten End die Seele mein
In Abrahams Schoß tragen,
Den Leib in seim Schlafkämmerlein
Gar sanft ohn einge Qual und Pein
Ruhn bis am jüngsten Tage!
Alsdenn vom Tod erwecke mich,
Daß meine Augen sehen dich
In aller Freud, o Gottes Sohn,
Mein Heiland und Genadenthron!
Herr Jesu Christ, erhöre mich, erhöre mich,
Ich will dich preisen ewiglich!
BWV 69
Lobe den Herrn, meine Seele
1. Recitativo Soprano
Wie gross ist Gottes Güte doch!
Er bracht uns an das Licht,
Und er erhält uns noch.
Wo findet man nur eine Kreatur,
Der es an Unterhalt gebricht?
Betrachte doch, mein Geist,
Der Allmacht unverdeckte Spur,
Die auch im kleinen sich recht gross erweist.
Ach! möcht es mir, o Höchster, doch gelingen,
Ein würdig Danklied dir zu bringen!
Doch, sollt es mir hierbei an Kräften fehlen,
So will ich doch, Herr, deinen Ruhm erzählen.
2. Aria Alto
Meine Seele, auf erzähle,
Was dir Gott erwiesen hat!
Rühme seine Wundertat,
Lass dem Höchsten zu gefallen
Ihm ein frohes Danklied schallen!
3. Recitativo Tenore
Der Herr hat grosse Ding an uns getan.
Denn er versorget und erhält,
Beschützet und regiert die Welt.
Er tut mehr, als man sagen kann.
Jedoch, nur eines zu gedenken:
Was könnt uns Gott wohl Bessres schenken,
Als dass er unsrer Obrigkeit
Den Geist der Weisheit gibet,
Die denn zu jeder Zeit
Das Böse straft, das Gute liebet?
Ja, die bei Tag und Nacht
Vor unsre Wohlfahrt wacht?
Lasst uns dafür den Höchsten preisen;
Auf! ruft ihn an,
Dass er sich auch noch fernerhin so gnädig
woll erweisen.
Was unserm Lande schaden kann,
Wirst du, o Höchster, von uns wenden
Und uns erwünschte Hilfe senden.
Ja ja, du wirst in Kreuz und Nöten
Uns züchtigen, jedoch nicht töten.
4. Choral
Es danke, Gott, und lobe dich
Das Volk in guten Taten.
Das Land bringt Frucht und bessert sich.
Dein Wort ist wohl geraten.
Uns segne Vater und der Sohn,
Uns segne Gott, der heilge Geist,
Dem alle Welt die Ehre tut,
Für ihm sich fürchten allermeist,
Und sprecht von Herzen: Amen!
BWV 169
Gott soll allein mein Herze haben
1. Sinfonia
2. Arioso Alto
Gott soll allein mein Herze haben.
Zwar merk ich an der Welt,
Die ihren Kot unschätzbar hält,
Weil sie so freundlich mit mir tut,
Sie wollte gern allein
Das Liebste meiner Seele sein.
Doch nein; Gott soll allein mein Herze
haben:
Ich und in ihm das höchste Gut.
Wir sehen zwar
Auf Erden hier und dar
Ein Bächlein der Zufriedenheit,
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Das von des Höchsten Güte quillet;
Gott aber ist der Quell, mit Strömen angefüllet,
Da schöpf ich, was mich allezeit
Kann sattsam und wahrhaftig laben:
Gott soll allein mein Herze haben.
3. Aria Alto
Gott soll allein mein Herze haben,
Ich find in ihm das höchste Gut.
Er liebt mich in der bösen Zeit
Und will mich in der Seligkeit
Mit Gütern seines Hauses laben.
4. Recitativo Alto
Was ist die Liebe Gottes?
Des Geistes Ruh,
Der Sinnen Lustgenieß,
Der Seele Paradies.
Sie schließt die Hölle zu,
Den Himmel aber auf;
Sie ist Elias Wagen,
Da werden wir in Himmel nauf
In Abrahms Schoß getragen.
5. Aria Alto
Stirb in mir,
Welt und alle deine Liebe,
Daß die Brust
Sich auf Erden für und für
In der Liebe Gottes übe;
Stirb in mir,
Hoffart, Reichtum, Augenlust,
Ihr verworfnen Fleischestriebe!
6. Recitativo Alto
Doch meint es auch dabei
Mit eurem Nächsten treu!
Denn so steht in der Schrift geschrieben:
Du sollst Gott und den Nächsten lieben.
7. Choral
Du süße Liebe, schenk uns deine Gunst,
Laß uns empfinden der Liebe Brunst,
Daß wir uns von Herzen einander lieben
Und in Friede auf einem Sinn bleiben.
Kyrie eleis.
CD III-18
CANTATAS BWV 45-150 & 122
Cantata 45 ‘Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist’ was written for the 8th Sunday after Trinity, 11 August 1726.
The theme of the cantata is man’s obedience to God’s will. The believer is summoned to humility in word and
deed, and to subordination as a servant of his master. In reward the obedient Christian is offered divine protection.
In this context a threat is appropriate, and the tenor aria (no. 3) includes the words ‘Qual und Hohn drohet
deinem Übertreten!’, while in the next aria (no. 5) the alto sings ‘Denn der muss ewig brennen, der einzig
mit dem Mund Ihn Herren nennt.’ The tenor sings his words to a restless coloratura while the continuo plays a
most fidgety bass line.
We do not know whether Bach really composed Cantata 150 ‘Nach dir, Herr, verlanget mich’, and, if so, when and
for what occasion. It is possibly an early work, and the Bach scholar Alfred Dürr has estimated that it was written
around 1708-1709. Unusual for Bach is the sequence of no less than four choral movements without a chorale, and
the simplicity of the instrumentation and structure. The work thanks its fame to Johannes Brahms, who borrowed
140
and adapted the chaconne theme from the final chorus (no. 7) in the last movement of his 4th Symphony.
Cantata 122 ‘Das neugeborne Kindelein’ for the Sunday after Christmas already looks forward to the new year.
This is hardly surprising since the cantata is based on the chorale ‘Das neugeborne Kindelein’ by Cyriacus
Schneegass (1597), written in the old tradition in which Christmas and New Year were a single feast. The opening
chorus introduces without delay the joyful theme of the approaching good year, expressed by a dance-like
3/8 movement with the chorale melody in the soprano. The short instrumental ritornellos include fine echo
effects. The bass aria (no. 2) ‘O Menschen, die ihr täglich sündigt’ is somewhat laboured and somber, with
chromaticism and whimsical coloraturas to underline the text. The following soprano recitative (no. 3) suddenly
seems to turn from darkness to light. The high voice and instrumentation with no less than three flutes is
entirely in keeping with the text ‘Die Engel ... erfüllen nun die Luft im höhern Chor’. No. 4 is a trio for the
soprano, alto and tenor soloists, in which the chorale melody is heard in the alto part.
Clemens Romijn
BWV 45
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist
Erster Teil
1. Coro
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und
was der Herr von dir fordert, nämlich: Gottes
Wort halten und Liebe üben und demütig sein
vor deinem Gott.
2. Recitativo Tenore
Der Höchste läßt mich seinen Willen wissen
Und was ihm wohlgefällt;
Er hat sein Wort zur Richtschnur dargestellt,
Wornach mein Fuß soll sein geflissen
Allzeit einherzugehn
Mit Furcht, mit Demut und mit Liebe
Als Proben des Gehorsams, den ich übe,
Um als ein treuer Knecht dereinsten zu bestehn.
3. Aria Tenore
Weiß ich Gottes Rechte,
Was ist's, das mir helfen kann,
Wenn er mir als seinem Knechte
Fordert scharfe Rechnung an.
Seele, denke dich zu retten,
Auf Gehorsam folget Lohn;
Qual und Hohn
Drohet deinem Übertreten!
Zweiter Teil
4. Arioso Basso
Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage:
Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen
geweissaget, haben wir nicht in deinem
Namen Teufel ausgetrieben, haben wir nicht
in deinem Namen viel Taten getan?
Denn werde ich ihnen bekennen: Ich habe
euch noch nie erkannt, weichet alle von mir,
ihr Übeltäter!
5. Aria Alto
Wer Gott bekennt
Aus wahrem Herzensgrund,
Den will er auch bekennen.
Denn der muß ewig brennen,
Der einzig mit dem Mund
Ihn Herren nennt.
6. Recitativo Alto
So wird denn Herz und Mund selbst von mir
Richter sein,
Und Gott will mir den Lohn nach meinem
Sinn erteilen:
Trifft nun mein Wandel nicht nach seinen
Worten ein,
Wer will hernach der Seelen Schaden heilen?
Was mach ich mir denn selber Hindernis?
Des Herren Wille muß geschehen,
Doch ist sein Beistand auch gewiß,
Daß er sein Werk durch mich mög wohl vollendet
sehen.
7. Choral
141
Gib, daß ich tu mit Fleiß,
Was mir zu tun gebühret,
Worzu mich dein Befehl
In meinem Stande führet!
Gib, daß ichs tue bald,
Zu der Zeit, da ich soll;
Und wenn ich's tu, so gib,
Daß es gerate wohl!
BWV 150
Nach dir, Herr, verlanget mich
1. Sinfonia
2. Coro
Nach dir, Herr, verlanget mich. Mein Gott,
ich hoffe auf dich. Laß mich nicht zuschanden
werden, daß sich meine Feinde nicht
freuen über mich.
3. Aria Soprano
Doch bin und bleibe ich vergnügt,
Obgleich hier zeitlich toben
Kreuz, Sturm und andre Proben,
Tod, Höll und was sich fügt.
Ob Unfall schlägt den treuen Knecht,
Recht ist und bleibet ewig Recht.
4. Coro
Leite mich in deiner Wahrheit und lehre
mich; denn du bist der Gott,
der mir hilft, täglich harre ich dein.
5. Aria (Terzetto) Alto Tenore Basso
Zedern müssen von den Winden
Oft viel Ungemach empfinden,
Oftmals werden sie verkehrt.
Rat und Tat auf Gott gestellet,
Achtet nicht, was widerbellet,
Denn sein Wort ganz anders lehrt.
6. Coro
Meine Augen sehen stets zu dem Herrn; denn
er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen.
7. Coro
Meine Tage in dem Leide
Endet Gott dennoch zur Freude;
Christen auf den Dornenwegen
Führen Himmels Kraft und Segen.
Bleibet Gott mein treuer Schutz,
Achte ich nicht Menschentrutz,
Christus, der uns steht zur Seiten,
Hilft mir täglich sieghaft streiten.
BWV 122
Das neugeborne Kindelein
1. Coro
Das neugeborne Kindelein,
Das herzeliebe Jesulein
Bringt abermal ein neues Jahr
Der auserwählten Christenschar.
2. Aria Basso
O Menschen, die ihr täglich sündigt,
Ihr sollt der Engel Freude sein.
Ihr jubilierendes Geschrei,
Daß Gott mit euch versöhnet sei,
Hat euch den süßen Trost verkündigt.
3. Recitativo (e Choral) Soprano
Die Engel, welche sich zuvor
Vor euch als vor Verfluchten scheuen,
Erfüllen nun die Luft im höhern Chor,
Um über euer Heil sich zu erfreuen.
Gott, so euch aus dem Paradies
Aus englischer Gemeinschaft stieß,
Läßt euch nun wiederum auf Erden
Durch seine Gegenwart vollkommen selig
werden:
So danket nun mit vollem Munde
Vor die gewünschte Zeit im neuen Bunde.
4. Choral A e Aria (Duetto) Soprano Tenore
Ist Gott versöhnt und unser Freund,
O wohl uns, die wir an ihn glauben,
Was kann uns tun der arge Feind?
Sein Grimm kann unsern Trost nicht rauben;
Trotz Teufel und der Höllen Pfort,
Ihr Wüten wird sie wenig nützen,
Das Jesulein ist unser Hort.
Gott ist mit uns und will uns schützen.
5. Recitativo Basso
Dies ist ein Tag, den selbst der Herr gemacht,
Der seinen Sohn in diese Welt gebracht.
O selge Zeit, die nun erfüllt!
O gläubigs Warten, das nunmehr gestillt!
O Glaube, der sein Ende sieht!
O Liebe, die Gott zu sich zieht!
O Freudigkeit, so durch die Trübsal dringt
Und Gott der Lippen Opfer bringt!
6. Choral
Es bringt das rechte Jubeljahr,
Was trauern wir denn immerdar?
Frisch auf! itzt ist es Singenszeit,
Das Jesulein wendt alles Leid.
142
CD III-19
CANTATAS BWV 116-13 & 144
Cantata 116 `Du Friedefürst, Herr Jesu Christ’ was written for the 25th Sunday after Trinity, 26 November
1724. The opening movement is composed in Bach’s favourite manner: an independent instrumental section in
which the chorale melody is interwoven line by line. A poignant aria in F sharp minor follows (no. 2), the alto
and oboe d’amore complaining at the text ‘Ach, unaussprechlich ist die Not...’. In the subsequent recitative
Bach makes subtle reference to the chorale melody in the introductory bass line. The work closes with a simple,
accompanied chorale.
Bach composed Cantata 13 ‘Meine Seufzer, meine Tränen’ for the 2nd Sunday after Epiphany, 20 January
1726. The main theme is the disconsolateness and despair of those who have abandoned God and do not believe.
The character of the work is therefore mainly poignant, plaintive and melancholic. Only towards the end,
when the believer recovers from despair and seeks comfort in God, does the music cheer up and conclude with
a calm and serene chorale. The poignant and abandoned mood of the text naturally provided Bach with every
opportunity to create expressive Baroque affects. In the alto recitative (no. 2), where the mortal weeps in vain
and cries out for God’s help, we hear an impressive musical translation of the word plead (‘flehen’). Here Bach
makes use of the melancholic minor second (a sighing effect or ‘seufzer’) and its inversion, large descending
intervals, the diminished fifth, rhythmic ties and chromaticism. The latter four elements are most suitable for
the evocation of an unstable, uncertain and desperate mood. In no. 3 we hear the chorale melody in the soprano,
supported by two recorders and the hauntingly beautiful oboe da caccia. There are two arias for male voices.
The cantata begins with a tenor aria full of expressive moments at the words ‘Seufzer’, ‘Tränen’, ‘Jammer’
and ‘den Weg zum Tode’. The bass aria (no. 5) gives expression to other affects too, providing contrast within
extremes such as ‘Ächzen und erbärmlich Weinen’ and ‘Freudenlicht’.
Cantata 144 `Nimm, was dein ist, und gehe hin’ was composed for Sunday Septuagesima, 6 February 1724,
and therefore belongs to Bach’s first cycle of cantatas for Leipzig. Despite the fact that the surviving manuscript
is unquestionably in Bach’s hand, doubt has been cast on the authorship of the work by reason of the
nature of the first movement. This opening chorus, in which independent instrumental phrases are absent, is a
143
strict choral fugue in motet style in which the instruments double the voices. In the following alto aria (no. 2)
man is summoned to accept his existence as it is. Rebellious grumbling is illustrated by obstinate, repeated
quavers: ‘Murre nicht, lieber Christ’. In the expressive duet between soprano and oboe d’amore (no. 5) the virtues
of sobriety and modesty are praised in the words ‘Genügsamkeit ist ein Schatz in diesem Leben’.
Clemens Romijn
BWV 116
Du Friedefürst, Herr Jesu Christ
1. Coro
Du Friedefürst, Herr Jesu Christ,
Wahr' Mensch und wahrer Gott,
Ein starker Nothelfer du bist
Im Leben und im Tod.
Drum wir allein
Im Namen dein
Zu deinem Vater schreien.
2. Aria Alto
Ach, unaussprechlich ist die Not
Und des erzürnten Richters Dräuen!
Kaum, daß wir noch in dieser Angst,
Wie du, o Jesu, selbst verlangst,
Zu Gott in deinem Namen schreien.
3. Recitativo Tenore
Gedenke doch,
O Jesu, daß du noch
Ein Fürst des Friedens heißest!
Aus Liebe wolltest du dein Wort uns senden.
Will sich dein Herz auf einmal von uns wenden,
Der du so große Hülfe sonst beweisest?
4. Aria (Terzetto) Soprano Tenore Basso
Ach, wir bekennen unsre Schuld
Und bitten nichts als um Geduld
Und um dein unermeßlich Lieben.
Es brach ja dein erbarmend Herz,
Als der Gefallnen Schmerz
Dich zu uns in die Welt getrieben.
5. Recitativo Alto
Ach, laß uns durch die scharfen Ruten
Nicht allzu heftig bluten!
O Gott, der du ein Gott der Ordnung bist,
Du weißt, was bei der Feinde Grimm
Vor Grausamkeit und Unrecht ist.
Wohlan, so strecke deine Hand
Auf ein erschreckt geplagtes Land,
Die kann der Feinde Macht bezwingen
Und uns beständig Friede bringen!
6. Choral
Erleucht auch unser Sinn und Herz
Durch den Geist deiner Gnad,
Daß wir nicht treiben draus ein Scherz,
Der unsrer Seelen schad.
O Jesu Christ,
Allein du bist,
Der solchs wohl kann ausrichten.
BWV 13
Meine Seufzer, meine Tränen
1. Aria Tenore
Meine Seufzer, meine Tränen
Können nicht zu zählen sein.
Wenn sich täglich Wehmut findet
Und der Jammer nicht verschwindet,
Ach! so muss uns diese Pein
Schon den Weg zum Tode bahnen.
2. Recitativo Alto
Mein liebster Gott lässt mich annoch
Vergebens rufen und mir in meinem Weinen
Noch keinen Trost erscheinen.
Die Stunde lässet sich zwar wohl von ferne
sehen,
Allein ich muss doch noch
Vergebens flehen.
3. Chorale
Der Gott, der mir hat versprochen
Seinen Beistand jederzeit,
Der lässt sich vergebens suchen
Jetzt in meiner Traurigkeit.
Ach! Will er denn für und für
Grausam zürnen über mir,
Kann und will er sich der Armen
144
Itzt nicht wie vorhin erbarmen?
4. Recitativo Soprano
Mein Kummer nimmet zu
Und raubt mir alle Ruh,
Mein Jammerkrug ist ganz mit Tränen
angefüllet,
Und diese Not wird nicht gestillet,
SO Sorgen Kummernacht
Drückt mein beklemmtes Herz darnieder,
Drum sing ich lauter Jammerlieder.
Doch, Seele, nein,
Sei nur getrost in deiner Pein:
Gott kann den Wermutsaft gar leicht in
Freudenwein verkehren
Und dir alsdenn viel tausend Lust gewähren.
5. Aria Basso
Ächzen und erbärmlich Weinen
Hilft der Sorgen Krankheit nicht;
Aber wer gen Himmel siehet
Und sich da um Trost bemühet,
Dem kann leicht ein Freudenlicht
In der Trauerbrust erscheinen.
6. Chorale
So sei nun, Seele, deine
Und traue dem alleine,
Der dich erschaffen hat;
Es gehe, wie es gehe,
Dein Vater in der Höhe,
Der weiss zu allen Sachen Rat.
BWV 144
Nimm, was dein ist, und gehe hin
1. Coro
Nimm, was dein ist, und gehe hin.
2. Aria Alto
Murre nicht,
Lieber Christ,
Wenn was nicht nach Wunsch geschicht;
Sondern sei mit dem zufrieden,
Was dir dein Gott hat beschieden,
Er weiß, was dir nützlich ist.
3. Choral
Was Gott tut, das ist wohlgetan,
Es bleibt gerecht sein Wille;
Wie er fängt meine Sachen an,
Will ich ihm halten stille.
Er ist mein Gott,
Der in der Not
Mich wohl weiß zu erhalten:
Drum lass ich ihn nur walten.
4. Recitativo Tenore
Wo die Genügsamkeit regiert
Und überall das Ruder führt,
Da ist der Mensch vergnügt
Mit dem, wie es Gott fügt.
Dagegen, wo die Ungenügsamkeit das Urtel
spricht,
Da stellt sich Gram und Kummer ein,
Das Herz will nicht
Zufrieden sein,
Und man gedenket nicht daran:
Was Gott tut, das ist wohlgetan.
5. Aria Soprano
Genügsamkeit
Ist ein Schatz in diesem Leben,
Welcher kann Vergnügung geben
In der größten Traurigkeit,
Genügsamkeit.
Denn es lässet sich in allen
Gottes Fügung wohl gefallen
Genügsamkeit.
6. Choral
Was mein Gott will, das gscheh allzeit,
Sein Will, der ist der beste.
Zu helfen den'n er ist bereit,
Die an ihn glauben feste.
Er hilft aus Not, der fromme Gott,
Und züchtiget mit Maßen.
Wer Gott vertraut, fest auf ihn haut,
Den will er nicht verlassen.
145
CD III-20
CANTATAS BWV 102-7 & 196
Cantata 102 `Herr, deine Augen sehen nach dem Glauben’ was composed for the 10th Sunday after Trinity, 25
August 1726. It consists of two sections and seven movements, four in the first section and three in the second.
The work opens with one of Bach’s very finest choral movements, choir and orchestra alternating in a most
ingenious manner: the orchestra introduces and rounds off the phrases sung by the choir, while the two oboes
go their own way. Note the realistic staccato notes in the choir at the words ‘Du schlägest sie...’. After a bass
recitative a moving alto aria in F minor (no. 3) follows, ‘Weh der Seele, die den Schaden nicht mehr kennt’, a
slow and sorrowful dialogue between the voice and a concertato oboe, full of sighing motifs and poignant dissonances.
A greater contrast with the succeeding bass aria is hardly conceivable: here a most lively and dancelike
3/8 movement (Vivace) concludes the first section of the cantata before the sermon. A disquieting tenor
aria (no. 5) follows after the sermon, ‘Erschrecke doch, du allzu sichere Seele’, where shock is expressed in a
panicky and difficult tenor part and a similarly agile flute part.
The seven-movement chorale cantata BWV 7 ‘Christ unser Herr zum Jordan kam’ was composed for the feast
of John the Baptist on 24 June 1724. The text deals with the baptism of Jesus by John the Baptist in the waters
of the river Jordan. Bach succeeded in symbolising in musical figures the Jordan, the water and the baptism.
The broken triads in the bass part of the opening chorus, for instance, present an audio-visual image of the
waves. The semiquavers in the concertato violin part conjure up the same picture. The striking continuo line in
the bass aria (no. 2) depicts the plunging baptism water.
Cantata 196 `Der Herr denket an uns’ is one of Bach’s early cantatas, probably written around 1708 during his
Mühlhausen period. According to the Bach biographer Spitta it was a wedding cantata for the marriage of the
aunt of Maria Barbara, Bach’s first wife, to pastor Johann Lorenz Stauber, who had consecrated Bach’s own
marriage shortly before. Certain features also indicate that this is an early work: the conciseness of the individual
movements, the absence of recitatives and the use of psalm texts to the exclusion of free poetry.
Clemens Romijn
146
BWV 102
Herr, deine Augen sehen nach dem
Glauben!
Erster Teil
1. Coro
Herr, deine Augen sehen nach dem Glauben!
Du schlägest sie, aber sie fühlen's nicht; du
plagest sie, aber sie bessern sich nicht. Sie
haben ein härter Angesicht denn ein Fels und
wollen sich nicht bekehren.
2. Recitativo Basso
Wo ist das Ebenbild, das Gott uns eingepräget,
Wenn der verkehrte Will sich ihm zuwiderleget?
Wo ist die Kraft von seinem Wort,
Wenn alle Besserung weicht aus dem Herzen
fort?
Der Höchste suchet uns durch Sanftmut zwar
zu zähmen,
Ob der verirrte Geist sich wollte noch
bequemen;
Doch, fährt er fort in dem verstockten Sinn,
So gibt er ihn in's Herzens Dünkel hin.
3. Aria Alto
Weh der Seele, die den Schaden
Nicht mehr kennt
Und, die Straf auf sich zu laden,
Störrig rennt,
Ja von ihres Gottes Gnaden
Selbst sich trennt.
4. Arioso Basso
Verachtest du den Reichtum seiner Gnade,
Geduld und Langmütigkeit? Weißest du
nicht, daß dich Gottes Güte zur Buße locket?
Du aber nach deinem verstockten und
unbußfertigen Herzen häufest dir selbst den
Zorn auf den Tag des Zorns und der
Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes.
Zweiter Teil
5. Aria Tenore
Erschrecke doch,
Du allzu sichre Seele!
Denk, was dich würdig zähle
Der Sünden Joch.
Die Gotteslangmut geht auf einem Fuß von
Blei,
Damit der Zorn hernach dir desto schwerer
sei.
6. Recitativo Alto
Beim Warten ist Gefahr;
Willst du die Zeit verlieren?
Der Gott, der ehmals gnädig war,
Kann leichtlich dich vor seinen Richtstuhl
führen.
Wo bleibt sodann die Buß? Es ist ein
Augenblick,
Der Zeit und Ewigkeit, der Leib und Seele
scheidet;
Verblendter Sinn, ach kehre doch zurück,
Daß dich dieselbe Stund nicht ende unbereitet!
7. Choral
Heut lebst du, heut bekehre dich,
Eh morgen kommt, kann's ändern sich;
Wer heut ist frisch, gesund und rot,
Ist morgen krank, ja wohl gar tot.
So du nun stirbest ohne Buß,
Dein Leib und Seel dort brennen muß.
Hilf, o Herr Jesu, hilf du mir,
Daß ich noch heute komm zu dir
Und Buße tu den Augenblick,
Eh mich der schnelle Tod hinrück,
Auf daß ich heut und jederzeit
Zu meiner Heimfahrt sei bereit.
BWV 7
Christ unser Herr zum Jordan kam.
1. Coro
Christ unser Herr zum Jordan kam
Nach seines Vaters Willen,
Von Sankt Johanns die Taufe nahm,
Sein Werk und Amt zu erfüllen;
Da wollt er stiften uns ein Bad,
Zu waschen uns von Sünden,
Ersäufen auch den bittern Tod
Durch sein selbst Blut und Wunden.
2. Aria Basso
Merkt und hört, ihr Menschenkinder,
Was Gott selbst die Taufe heisst.
Es muss zwar hier Wasser sein,
Doch schlecht Wasser nicht allein.
Gottes Wort und Gottes Geist
Tauft und reiniget die Sünder.
3. Recitativo Tenore
Dies hat Gott klar
Mit Worten und mit Bildern dargetan,
Am Jordan liess der Vater offenbar
Die Stimme bei der Taufe Christi hören;
Er sprach: Dies ist mein lieber Sohn,
An diesem hab ich Wohlgefallen,
Er ist vom hohen Himmelsthron
Der Welt zu gut
In niedriger Gestalt gekommen
Und hat das Fleisch und Blut
Der Menschenkinder angenommen;
Den nehmet nun als euren Heiland an
147
Und höret seine teuren Lehren!
4. Aria Tenore
Des Vaters Stimme liess sich hören,
Der Sohn, der uns mit Blut erkauft,
Ward als ein wahrer Mensch getauft.
Der Geist erschien im Bild der Tauben,
Damit wir ohne Zweifel glauben,
Es habe die Dreifaltigkeit
Uns selbst die Taufe zubereit'.
5. Recitativo Basso
Als Jesus dort nach seinen Leiden
Und nach dem Auferstehn
Aus dieser Welt zum Vater wollte gehn,
Sprach er zu seinen Jüngern:
Geht hin in alle Welt und lehret alle Heiden,
Wer blaubet und getaufet wird auf Erden,
Der soll gerecht und selig werden.
6. Aria Alto
Menschen, glaubt doch dieser Gnade,
Dass ihr nicht in Sünden sterbt,
Noch im Höllenpfuhl verderbt!
Menschenwerk und -heiligkeit
Gilt vor Gott zu keiner Zeit.
Sünden sind uns angeboren,
Wir sind von Natur verloren;
Glaub und Taufe macht sie rein,
Dass sie nicht verdammlich sein.
7. Chorale
Das Aug allein das Wasser sieht,
Wie Menschen Wasser giessen,
Der Glaub allein die Kraft versteht
Des Blutes Jesu Christi,
Und ist für ihm ein rote Flut
Von Christi Blut gefärbet,
Die allen Schaden heilet gut
Von Adam her geerbet,
Auch von uns selbst begangen.
BWV 196
Der Herr denket an uns
1. Sinfonia
2. Coro
Der Herr denket an uns und segnet uns. Er
segnet das Haus Israel, er segnet das Haus
Aaron.
3. Aria Soprano
Er segnet, die den Herrn fürchten, beide,
Kleine und Große.
4. Aria (Duetto) Tenore Basso
Der Herr segne euch je mehr und mehr, euch
und eure Kinder.
5. Coro
Ihr seid die Gesegneten des Herrn, der
Himmel und Erde gemacht hat. Amen.
CD III-21
CANTATAS BWV 46-107 & 179
The three cantatas on this CD date from the beginning of Bachs stay in Leipzig.
BWV 46 was written for 1 August 1723. The beautiful opening chorus (later used in the Mass in B Minor) uses
a text from Lamentations well known from Handels Messiah: `Behold and see if there be any sorrow like unto
my sorrow.' The structure of the chorus is that of a prelude and fugue. Words of sorrow like Schmerz and
Jammer are highlighted by chromatic lines. A tenor recitative follows in which the recurring recorder figure
could be seen either to illustrate the water-billows of which the text speaks, or the weeping over Jerusalem.
That judgement is not reserved for Jerusalem alone is made clear by the furious bass aria in which the breaking
148
of a thunderstorm is vividly painted. After a warning sung by the alto, one of Bach's most remarkable arias follows,
in which two oboes da caccia in combination with the recorders create a unique and lovely sound illustrating
the mother chicken gathering her Küchlein. The final chorale is enhanced by the sonorous recorders
soaring above the chorale melody like `doves of mercy' (Whittaker).
BWV 107 was written for 23 July 1724. The whole work is based on one chorale, and the text of the different
verses is used unchanged. The opening chorus has the chorale melody in the sopranos. The instrumental opening
loosely refers to the chorale melody, the chorale lines are woven into the musical structure in a beautiful
way, the name Immanuel (`God with us') at the end of line 4 being singled out for special treatment. The bass
recitative shows Bach's ingenuity in transforming the tight structure of a chorale verse into a recitative. Four
arias follow, all without da capo, treating the chorale text in different ways. The bass aria, an encouragement
to doubting believers, is an exciting dance introduced by a fascinating little theme in the continuo. After a tenor
aria with continuo, and a soprano aria in which the last line of the chorale melody is heard, another tenor aria
is again a joyful dance, with long notes illustrating the words warte and feste. Trust in God is also the theme
of the richly illustrative chorale, a siciliano of great beauty.
BWV 179 was written for 8 August 1723. A severe fugue (re-used by Bach in the Missa in G) preaches against
hypocrisy, with dramatic halftones on falsche and Heuchelei. The opening phrase of the fugue is answered by
its inversion, possibly suggesting the duplicity of hypocrites. An emotional tenor recitative is followed by a just
as emotional aria, also later re-used by Bach. A bass recitative puts the publican from the gospel reading as an
example before us. Then two oboes da caccia play an extremely moving melody while the soprano pleads for
mercy. Again Bach used the music later, this time for the Missa in A. A remarkable chorale closes the piece,
with a final line full of dissonance.
Clemens Romijn
BWV 46
Schauet doch und sehet, ob irgendein
Schmerz sei
1. Coro
Schauet doch und sehet, ob irgendein
Schmerz sei wie mein Schmerz, der mich
trogen hat. Denn der Herr hat mich voll
Jammers gemacht am Tage seines grimmigen
Zorns.
2. Recitativo Tenore
So klage du, zerstörte Gottesstadt,
Du armer Stein- und Aschenhaufen!
Laß ganze Bäche Tränen laufen,
Weil dich betroffen hat
Ein unersetzlicher Verlust
Der allerhöchsten Huld,
So du entbehren mußt
Durch deine Schuld.
Du wurdest wie Gomorra zugerichtet,
Wiewohl nicht gar vernichtet.
O besser! wärest du in Grund verstört,
Als daß man Christi Feind jetzt in dir lästern
hört.
Du achtest Jesu Tränen nicht,
So achte nun des Eifers Wasserwogen,
Die du selbst über dich gezogen,
Da Gott, nach viel Geduld,
149
Den Stab zum Urteil bricht.
3. Aria Basso
Dein Wetter zog sich auf von weiten,
Doch dessen Strahl bricht endlich ein
Und muß dir unerträglich sein,
Da überhäufte Sünden
Der Rache Blitz entzünden
Und dir den Untergang bereiten.
4. Recitativo Alto
Doch bildet euch, o Sünder, ja nicht ein,
Es sei Jerusalem allein
Vor andern Sünden voll gewesen!
Man kann bereits von euch dies Urteil lesen:
Weil ihr euch nicht bessert
Und täglich die Sünden vergrößert,
So müsset ihr alle so schrecklich umkommen.
5. Aria Alto
Doch Jesus will auch bei der Strafe
Der Frommen Schild und Beistand sein,
Er sammelt sie als seine Schafe,
Als seine Küchlein liebreich ein;
Wenn Wetter der Rache die Sünder belohnen,
Hilft er, daß Fromme sicher wohnen.
6. Choral
O großer Gott von Treu,
Weil vor dir niemand gilt
Als dein Sohn Jesus Christ,
Der deinen Zorn gestillt,
So sieh doch an die Wunden sein,
Sein Marter, Angst und schwere Pein;
Um seinetwillen schone,
Uns nicht nach Sünden lohne.
BWV 107
Was willst du dich betrüben
1. Coro
Was willst du dich betrüben,
O meine liebe Seel?
Ergib dich, den zu lieben,
Der heißt Immanuel!
Vertraue ihm allein,
Er wird gut alles machen
Und fördern deine Sachen.
Wie dir's wird selig sein!
2. Recitativo Basso
Denn Gott verlässet keinen,
Der sich auf ihn verläßt.
Er bleibt getreu den Seinen.
Die ihm vertrauen fest.
Läßt sich's an wunderlich,
So laß dir doch nicht grauen!
Mit Freuden wirst du schauen,
Wie Gott wird retten dich.
3. Aria Basso
Auf ihn magst du es wagen
Mit unerschrocknem Mut,
Du wird mit ihm erjagen,
Was dir ist nütz und gut.
Was Gott beschlossen hat,
Das kann niemand hindern
Aus allen Menschenkindern;
Es geht nach seinem Rat.
4. Aria Tenore
Wenn auch gleich aus der Höllen
Der Satan wollte sich
Dir selbst entgegenstellen
Und toben wider dich.
So muß er doch mit Spott
Von seinen Ränken lassen,
Damit er dich will fassen;
Denn dein Werk fördert Gott.
5. Aria Soprano
Es richt's zu seinen Ehren
Und deiner Seligkeit;
Soll's sein, kein Mensch kanns wehren.
Und wärs ihm doch so leid.
Will's denn Gott haben nicht,
So kann's niemand forttreiben.
Es muss zurückebleiben,
Was Gott will, das geschicht.
6. Aria Tenore
Darum ich mich ihm ergebe,
Im sei es heimgestellt;
Nach nichts ich sonst mehr strebe
Denn nur was ihm gefällt.
Drauf wart ich und bin still,
Sein Will der ist der beste.
Das glaub ich steif und feste,
Gott mach es, wie er will!
7. Coro
Herr, gib, daß ich dein Ehre
Ja all mein Leben lang
Von Herzensgrund vermehre,
Dir sage Lob und Dank!
O Vater, Sohn und Geist,
Der du aus lauter Gnade
Abwendest Not und Schaden,
Sei immerdar gepreist.
BWV 179
Siehe zu, daß deine Gottesfurcht nicht
Heuchelei sei
150
1. Coro
Siehe zu, daß deine Gottesfurcht nicht
Heuchelei sei, und diene Gott nicht mit falschem
Herzen!
2. Recitativo Tenore
Das heutge Christentum
Ist leider schlecht bestellt:
Die meisten Christen in der Welt
Sind laulichte Laodicäer
Und aufgeblasne Pharisäer,
Die sich von außen fromm bezeigen
Und wie ein Schilf den Kopf zur Erde beugen,
Im Herzen aber steckt ein stolzer Eigenruhm;
Sie gehen zwar in Gottes Haus
Und tun daselbst die äußerlichen Pflichten,
Macht aber dies wohl einen Christen aus?
Nein, Heuchler könnens auch verrichten.
3. Aria Tenore
Falscher Heuchler Ebenbild
Können Sodomsäpfel heißen,
Die mit Unflat angefüllt
Und von außen herrlich gleißen.
Heuchler, die von außen schön,
Können nicht vor Gott bestehn.
4. Recitativo Basso
Wer so von innen wie von außen ist,
Der heißt ein wahrer Christ.
So war der Zöllner in dem Tempel,
Der schlug in Demut an die Brust,
Er legte sich nicht selbst ein heilig Wesen
bei;
Und diesen stelle dir,
O Mensch, zum rühmlichen Exempel
In deiner Buße für;
Bist du kein Räuber, Ehebrecher,
Kein ungerechter Ehrenschwächer,
Ach bilde dir doch ja nicht ein,
Du seist deswegen engelrein!
Bekenne Gott in Demut deine Sünden,
So kannst du Gnad und Hilfe finden!
5. Aria Soprano
Liebster Gott, erbarme dich,
Laß mir Trost und Gnad erscheinen!
Meine Sünden kränken mich
Als ein Eiter in Gebeinen,
Hilf mir, Jesu, Gottes Lamm,
Ich versink im tiefen Schlamm!
6. Choral
Ich armer Mensch, ich armer Sünder
Steh hier vor Gottes Angesicht.
Ach Gott, ach Gott, verfahr gelinder
Und geh nicht mit mir ins Gericht!
Erbarme dich, erbarme dich,
Gott, mein Erbarmer, über mich!
CD III-22
CANTATAS BWV 6-163 & 96
BWV 6, a cantata written for Easter Monday 1725, refers to the story of two disciples, on their way to Emmaus
after Christ's resurrection, being met by Christ himself (unbeknown) and asking him to stay with them. Their
call Bleib bei uns runs through the opening chorus, both in the choir and, high up, in the violin and oboe. The
word bleib (stay) gets a long, `staying' note, once again both in choir and orchestra. The atmosphere of a falling
night is evoked beautifully. An alto aria follows in dark colours, the word `darkness' illustrated in semitones.
The bass recitative picks up the idea of darkness, the voice sinking to its lowest point for Dunkelheit. In
between, the chorale `Ach bleib bei uns' is sung in a lovely and moving setting (well-known as one of the
Schübler organ chorale preludes). In the following tenor aria the prayer to be kept from sin (illustrated by a striking
dissonant on Sünden and the heavy steps of the weary traveller on the Sündenwegen) combines with lovely
flourishes on words like `light' and `shine'. A simple chorale concludes one of Bachs best-loved cantatas.
BWV 163, written for 24 November 1715, deals with the unlikely theme of taxation. The words `each one his
due' determine the opening tenor aria, echoing through continuo, violins and then the voice. A harmonically
interesting bass recitative leads to a truly astounding bass aria, with unforgettable patterns and rhythms for the
two celli. The whole number uses low instruments and a low voice, yet everything glitters and shines like the
coins that we pay to Jesus: our hearts. A duet recitative, an interesting experiment of the young Bach, leads on
to a just as interesting duet in which the two voices first compete and then get into line, the chorale `Meinem
Jesum lass ich nicht' being played by the violins. The choir finally enters with a simple chorale.
BWV 96 was written for 8 October 1724, the year in which Bach wrote mainly chorale cantatas. The beautiful
chorale `Herr Christ, der ein'ge Gottessohn' is sung in the opening chorus by the altos (sustained by a trombone).
The musical material of the other voices is based on the instrumental opening, which consists of figures
for oboes and violins, with a hauntingly beautiful line for discant recorder soaring above them. Line 5 of the
chorale reveals the meaning of this: Christ is the morning star glittering on the horizon. After a simple alto recitative
a tenor aria gives the flute player something to do: the cantatas from this period have many flute passages,
suggesting there was a good flautist in Leipzig at the time. Another recitative illustrating the path to heaven
with an upward line, leads towards a brief but exciting bass aria. The bass sings of the many wrong steps to the
left and the right that we so often take. The orchestra shows this: the instruments seem not to know where they
are going, turning left and right, and playing `false' notes on verirrter Schritt. After very low notes on sinken
the way to heaven's gate is opened. In the final chorale the transition from the old man to the new life is made
once more, clearly illustrated in the basses.
Clemens Romijn
151
BWV6
Bleib bei uns, denn es will Abend werden
1. Chor
Bleib bei uns, denn es will Abende werden,
und der Tag hat sich geneiget.
2. Aria Alto
Hochgelobter Gottessohn,
Lass es dir nicht sein entgegen,
Dass wir itzt vor deinem Thron
Eine Bitte niederlegen:
Bleib, ach bleibe unser Licht,
Weil die Finsternis einbricht!
3. Choral Soprano
Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ,
Weil es nun Abend worden ist,
Dein göttlich Wort, das helle Licht,
Lass ja bei uns auslöschen nicht!
In dieser letzten betrübten Zeit
Verleih uns, Herr, Beständigkeit,
152
Dass wir dein Wort und Sakrament
Rein behalten bis an unser End.
4. Recitativo Basso
Es hat die Dunkelheit
An vielen Orten überhandgenommen.
Woher ist aber dieses kommen?
Bloss daher, weil sowohl die Kleinen als die
Grossen
Nicht in Gerechtigkeit
Von dir, o Gott gewandelt
Und wider Christenpflicht gehandelt.
Drum hast du auch den Leuchter umgestossen.
5. Aria Tenore
Jesu, lass uns auf dich sehen,
Dass wir nicht
In den Sündenwegen gehen.
Lass das Licht
Deines Worts uns helle scheinen
Und dich jederzeit treu meinen.
6. Choral
Beweis dein Macht, Herr Jesu Christ,
Der du Herr aller Herren bist;
Beschirm dein arme Christenheit,
Dass sie dich lob in Ewigkeit.
BWV 163
Nur jedem das Seine!
1. Aria Tenore
Nur jedem das Seine!
Muß Obrigkeit haben
Zoll, Steuern und Gaben,
Man weigre sich nicht
Der schuldigen Pflicht!
Doch bleibet das Herze dem Höchsten alleine.
2. Recitativo Basso
Du bist, mein Gott, der Geber aller Gaben;
Wir haben, was wir haben,
Allein von deiner Hand.
Du, du hast uns gegeben
Geist, Seele, Leib und Leben
Und Hab und Gut und Ehr und Stand!
Was sollen wir
Denn dir
Zur Dankbarkeit dafür erlegen,
Da unser ganz Vermögen
Nur dein und gar nicht unser ist?
Doch ist noch eins, das dir, Gott, wohlgefällt:
Das Herze soll allein,
Herr, deine Zinsemünze sein.
Ach! aber ach! ist das nicht schlechtes Geld?
Der Satan hat dein Bild daran verletzet,
Die falsche Münz ist abgesetzet.
3. Aria Basso
Laß mein Herz die Münze sein,
Die ich dir, mein Jesu, steure!
Ist sie gleich nicht allzu rein,
Ach, so komm doch und erneure,
Herr, den schönen Glanz bei ihr!
Komm, arbeite, schmelz und präge,
Daß dein Ebenbild bei mir
Ganz erneuert glänzen möge!
4. Arioso (Duetto) Soprano Alto
Ich wollte dir,
O Gott, das Herze gerne geben;
Der Will ist zwar bei mir,
Doch Fleisch und Blut will immer widerstreben.
Dieweil die Welt
Das Herz gefangen hält,
So will sie sich den Raub nicht nehmen lassen;
Jedoch ich muß sie hassen,
Wenn ich dich lieben soll.
So mache doch mein Herz mit deiner Gnade
voll;
Leer es ganz aus von Welt und allen Lüsten
Und mache mich zu einem rechten Christen.
5. Aria (Duetto) Soprano Alto
Nimm mich mir und gib mich dir!
Nimm mich mir und meinem Willen,
Deinen Willen zu erfüllen;
Gib dich mir mit deiner Güte,
Daß mein Herz und mein Gemüte
In dir bleibe für und für,
Nimm mich mir und gib mich dir!
6. Choral
Führ auch mein Herz und Sinn
Durch deinen Geist dahin,
Daß ich mög alles meiden,
Was mich und dich kann scheiden,
Und ich an deinem Leibe
Ein Gliedmaß ewig bleibe.
BWV 96
Herr Christ, der einge Gottessohn
1. Coro
Herr Christ, der einge Gottessohn,
Vater in Ewigkeit,
Aus seinem Herzn entsprossen,
Gleichwie geschrieben steht,
Er ist der Morgensterne,
Sein' Glanz steckt er so ferne
Für andern Sternen klar.
2. Recitativo Alto
O Wunderkraft der Liebe,
Wenn Gott an sein Geschöpfe denket,
CD III-23
CANTATAS BWV 178-156 & 27
BWV 178 was written for 30 July 1724. The opening chorus treats the opening verse of the chorale `Wo Gott
der Herr' in a militant fashion: the struggle against false prophets is a hard one. The first line is homophonic,
dealing with the safe keeping of God and ending on a tremendous unisono long note on hält. The second line
about the raging enemies has raging music. Strangely enough the same notes are repeated for line 3 and 4 with
completely different text. In the remarkable recitative the alto sings the chorale melody; the same melody is
played in a different tempo in the continuo. The idea for the bas aria is derived from the wild sea waves. The
following tenor aria gives us the chorale again, as does the next number for the choir, with recitative interruptions;
a fascinating detail is the und stürzen in the bass part. The last aria before the two closing chorale verses
is given to the tenor, a diatribe against Vernunft. Human reason is literally silenced.
It is hard to see why BWV 156 (23 January 1729) should not hold the same position among Bach lovers as
153
Wenn sich die Herrlichkeit
Im letzten Teil der Zeit
Zur Erde senket;
O unbegreifliche, geheime Macht!
Es trägt ein auserwählter Leib
Den großen Gottessohn,
Den David schon
Im Geist als seinen Herrn verehrte,
Da dies gebenedeite Weib
In unverletzter Keuschheit bliebe.
O rieche Segenskraft! so sich auf uns ergossen,
Da er den Himmel auf, die Hölle zugeschlossen.
3. Aria Tenore
Ach, ziehe die Seele mit Seilen der Liebe,
O Jesu, ach zeige dich kräftig in ihr!
Erleuchte sie, daß sie dich gläubig erkenne,
Gib, daß sie mit heiligen Flammen entbrenne,
Ach wirke ein gläubiges Dürsten nach dir!
4. Recitativo Soprano
Ach, führe mich, o Gott, zum rechten Wege,
Mich, der ich unerleuchtet bin,
Der ich nach meines Fleisches Sinn
So oft zu irren pflege;
Jedoch gehst du nur mir zur Seiten,
Willst du mich nur mit deinen Augen leiten,
So gehet meine Bahn
Gewiß zum Himmel an.
5. Aria Basso
Bald zur Rechten, bald zur Linken
Lenkte sich mein verirrter Schritt.
Gehe doch, mein Heiland, mit,
Laß mich in Gefahr nicht sinken,
Laß mich ja dein weises Führen
Bis zur Himmelspforte spüren!
6. Choral
Ertöt uns durch dein Güte,
Erweck uns durch dein Gnad;
Den alten Menschen kränke,
Daß der neu' leben mag
Wohl hier auf dieser Erden,
Den Sinn und all Begierden
Und G'danken hab'n zu dir.
BWV 178
Wo Gott der Herr nicht bei uns hält
1. Coro
Wo Gott der Herr nicht bei uns hält,
Wenn unsre Feinde toben,
Und er unser Sach nicht zufällt
Im Himmel hoch dort oben,
Wo er Israel Schutz nicht ist
Und selber bricht der Feinde List,
So ist's mit uns verloren.
2. Choral e Recitativo Alto
Was Menschenkraft und -witz anfäht,
Soll uns billig nicht schrecken;
Denn Gott der Höchste steht uns bei
Und machet uns von ihren Stricken frei.
Er sitzet an der höchsten Stätt,
Er wird ihrn Rat aufdecken.
Die Gott im Glauben fest umfassen,
Will er niemals versäumen noch verlassen;
Er stürzet der Verkehrten Rat
Und hindert ihre böse Tat.
Wenn sie's aufs klügste greifen an,
Auf Schlangenlist und falsche Ränke sinnen,
Der Bosheit Endzweck zu gewinnen;
So geht doch Gott ein ander Bahn:
Er führt die Seinigen mit starker Hand,
Durchs Kreuzesmeer, in das gelobte Land,
Da wird er alles Unglück wenden.
Es steht in seinen Händen.
3. Aria Basso
Gleichwie die wilden Meereswellen
Mit Ungestüm ein Schiff zerschellen,
So raset auch der Feinde Wut
Und raubt das beste Seelengut.
Sie wollen Satans Reich erweitern,
Und Christi Schifflein soll zerscheitern.
4. Choral Tenore
Sie stellen uns wie Ketzern nach,
Nach unserm Blut sie trachten;
Noch rühmen sie sich Christen auch,
154
BWV 106, the Actus Tragicus. The less appealing title might explain this. The theme is the same: the Christian
hope in the face of death. The opening sinfonia must surely rank among Bachs most beautiful melodies, the
shy accompanying violins creating a fitting atmosphere for the rest of the cantata. The opening aria with chorale
stays on the same high level. The beautiful melodic line both in the violins and in the tenor voice, with a
long `standing' note on steh, is set off by a tottering syncopic bass line indicating that the other foot is already
in the grave. In the bass recitative resignation sets in after a hard struggle. In the alto aria words like Leiden,
Sterben, Bitten und Flehen are clearly illustrated, as is Freude. After a second recitative the closing chorale on
the words `Herr wie du willt' stresses the leading thought of this wonderful work.
In BWV 27 (6 October 1726) the theme of death returns. The opening chorale, interspersed with recitative, is
quite solemn, with its pendulum-like continuo, and an impressive long, pleading note on bet. After an interesting
recitative (all's well that ends well) the alto sings a welcome to death. The text is illustrated impressively
in many ways: `following' music at the word folgen, chromatic lines on Plagen and Tod. A soprano recitative
with a high note on Himmel and an upward surge on `fly away' leads to a vigorous bass aria with a vivid contrast
between the quiet `good night' and the raging confusion of the world. Here the believer is not with one
foot in his grave, but in heaven! The beautiful final chorale is unique in the cantatas. It is the only five-part
chorale, and the only one not by Bach; Bach uses a setting by Johann Rosenmüller.
Clemens Romijn
155
Die Gott allein groß achten.
Ach Gott, der teure Name dein
Muß ihrer Schalkheit Deckel sein,
Du wirst einmal aufwachen.
5. Choral e Recitativo Basso Tenore Alto
Auf sperren sie den Rachen weit,
Baß
Nach Löwenart mit brüllendem Getöne;
Sie fletschen ihre Mörderzähne
Und wollen uns verschlingen.
Tenor
Jedoch,
Lob und Dank sei Gott allezeit;
Tenor
Der Held aus Juda schützt uns noch,
Es wird ihn' nicht gelingen.
Alt
Sie werden wie die Spreu vergehn,
Wenn seine Gläubigen wie grüne Bäume
stehn.
Er wird ihrn Strick zerreißen gar
Und stürzen ihre falsche Lahr.
Baß
Gott wird die törichten Propheten
Mit Feuer seines Zornes töten
Und ihre Ketzerei verstören.
Sie werden's Gott nicht wehren.
6. Aria Tenore
Schweig, schweig nur, taumelnde Vernunft!
Sprich nicht: Die Frommen sind verlorn,
Das Kreuz hat sie nur neu geborn.
Denn denen, die auf Jesum hoffen,
Steht stets die Tür der Gnaden offen;
Und wenn sie Kreuz und Trübsal drückt,
So werden sie mit Trost erquickt.
7. Coro
Die Feind sind all in deiner Hand,
Darzu all ihr Gedanken;
Ihr Anschläg sind dir, Herr, bekannt,
Hilf nur, daß wir nicht wanken.
Vernunft wider den Glauben ficht,
Aufs Künftge will sie trauen nicht,
Da du wirst selber trösten.
Den Himmel und auch die Erden
Hast du, Herr Gott, gegründet;
Dein Licht laß uns helle werden,
Das Herz uns werd entzündet
In rechter Lieb des Glaubens dein,
Bis an das End beständig sein.
Die Welt laß immer murren.
BWV 156
Ich steh mit einem Fuß im Grabe
1. Sinfonia
2. Choral Soprano e Aria Tenore
Ich steh mit einem Fuß im Grabe,
Machs mit mir, Gott, nach deiner Güt,
Bald fällt der kranke Leib hinein,
Hilf mir in meinen Leiden,
Komm, lieber Gott, wenn dirs gefällt,
Was ich dich bitt, versag mir nicht.
Ich habe schon mein Haus bestellt,
Wenn sich mein Seel soll scheiden,
So nimm sie, Herr, in deine Händ.
Nur laß mein Ende selig sein!
Ist alles gut, wenn gut das End.
3. Recitativo Basso
Mein Angst und Not,
Mein Leben und mein Tod
Steht, liebster Gott, in deinen Händen;
So wirst du auch auf mich
Dein gnädig Auge wenden.
Willst du mich meiner Sünden wegen
Ins Krankenbette legen,
Mein Gott, so bitt ich dich,
Laß deine Güte größer sein als die
Gerechtigkeit;
Doch hast du mich darzu versehn,
Daß mich mein Leiden soll verzehren,
Ich bin bereit,
Dein Wille soll an mir geschehn,
Verschone nicht und fahre fort,
Laß meine Not nicht lange währen;
Je länger hier, je später dort.
4. Aria Alto
Herr, was du willt, soll mir gefallen,
Weil doch dein Rat am besten gilt.
In der Freude,
In dem Leide,
Im Sterben, in Bitten und Flehn
Laß mir allemal geschehn,
Herr, wie du willt.
5. Recitativo Basso
Und willst du, daß ich nicht soll kranken,
So werd ich dir von Herzen danken;
Doch aber gib mir auch dabei,
Daß auch in meinem frischen Leibe
Die Seele sonder Krankheit sei
Und allezeit gesund verbleibe.
Nimm sie durch Geist und Wort in acht,
Denn dieses ist mein Heil,
Und wenn mir Leib und Seel verschmacht,
So bist du, Gott, mein Trost und meines
Herzens Teil!
156
6. Choral
Herr, wie du willt, so schicks mit mir
Im Leben und im Sterben;
Allein zu dir steht mein Begier,
Herr, laß mich nicht verderben!
Erhalt mich nur in deiner Huld,
Sonst wie du willt, gib mir Geduld,
Dein Will, der ist der beste.
BWV 27
Wer weiß, wie nahe mir mein Ende?
1. Choral e Recitativo Soprano Alto Tenore
Wer weiß, wie nahe mir mein Ende?
Sopran
Das weiß der liebe Gott allein,
Ob meine Wallfahrt auf der Erden
Kurz oder länger möge sein.
Hin geht die Zeit, her kommt der Tod,
Alt
Und endlich kommt es doch so weit,
Daß sie zusammentreffen werden.
Ach, wie geschwinde um behende
Kann kommen meine Todesnot!
Tenor
Wer weiß, ob heute nicht
Mein Mund die letzten Worte spricht.
Drum bet ich alle Zeit:
Mein Gott, ich bitt durch Christi Blut,
Mach's nur mit meinem Ende gut!
2. Recitativo Tenore
Mein Leben hat kein ander Ziel,
Als daß ich möge selig sterben
Und meines Glaubens Anteil erben;
Drum leb ich allezeit
Zum Grabe fertig und bereit,
Und was das Werk der Hände tut,
Ist gleichsam, ob ich sicher wüßte,
Daß ich noch heute sterben müßte:
Denn Ende gut, macht alles gut!
3. Aria Alto
Willkommen! will ich sagen,
Wenn der Tod ans Bette tritt.
Fröhlich will ich folgen, wenn er ruft,
In die Gruft,
Alle meine Plagen
Nehm ich mit.
4. Recitativo Soprano
Ach, wer doch schon im Himmel wär!
Ich habe Lust zu scheiden
Und mit dem Lamm,
Das aller Frommen Bräutigam,
Mich in der Seligkeit zu weiden.
Flügel her!
Ach, wer doch schon im Himmel wär!
5. Aria Basso
Gute Nacht, du Weltgetümmel!
Itzt mach ich mit dir Beschluß;
Ich steh schon mit einem Fuß
Bei dem lieben Gott im Himmel.
6. Choral
Welt, ade! ich bin dein müde,
Ich will nach dem Himmel zu,
Da wird sein der rechte Friede
Und die ewge, stolze Ruh.
Welt, bei dir ist Krieg und Streit,
Nichts denn lauter Eitelkeit,
In dem Himmel allezeit
Friede, Freud und Seligkeit
157
CD III-24
CANTATAS BWV 115-55 & 94
BWV 115, written for 5 November 1724, is called `One of the most perfect of all' by Whittaker, and rightly so.
The lovely, lovely opening chorale, with flute, oboe d'amore and violin in unison creating a wonderful sound, uses
the melody also known as `Straf mich nicht in deinem Zorn', a very apposite association which the congregation
would not have missed. Bach's joy rhythm which permeates the music stresses confidence in the face of judgement.
The alto aria is an impressive siciliano; the solemn, quiet melody evokes the idea of sleep in a superb way,
a sleep out of which we may, however, be painfully woken up. A bass recitative follows, and then another miraculous
and truly lovely number follows, with a duet between flute and violoncello piccolo. Adelightful grace note
and a litlle high jump of the melody could be illustrations of our prayers going upwards, while the downward lines
illustrate our bending our knee in prayer. As with the alto aria our heart rejoices that there is a full da capo. Arecitative
and simple chorale end this gem.
BWV 55 is a solo cantata for tenor, the only one Bach wrote (17 November 1726). An expressive aria opens the
work, in which flute and oboe play a wailing line, whilst the unjust sinner wrings his hands before a just God.
The words just and unjust always go opposite ways: when the one goes up, the other goes down. A recitative in
which, in truly baroque rhetoric style, the Allerhöchste gets the highest note, while a sustained note in the continuo
illustrates the persistence of sin, is followed by an aria with beautiful flute runs full of pleading motives. A
recitative with violin accompaniment leads to the chorale `Bin ich gleich von dir gewichen', well known from the
Matthew Passion.
BWV 94 is a lively chorale cantata (6 August 1724) in which the leading idea, `Was frag ich nach der Welt', is
illuminated from many sides. In the opening chorus the sopranos sing the chorale melody, the other voices following
their lead. The key to the joyful musical material is the word Wollust. The fact that the world which is being
denounced is at the same time painted so wonderfully is the central paradox of this cantata. The tenor aria further
on in the work, with its celebration of the Lust und Freud which the text denounces as Eitelkeit, is another
example. Before that the bass has sung about how this world vanishes like a vapour (lovely fleeting motive on
Rauch), ending in the repeated taunting question: why should I look to the world? This is followed by a recitative
plus chorale and an aria for alto in which the flute jumps up and down to illustrate the stupidity of this world.
Another recitative with chorale and the tenor aria already referred to lead to a final aria, this time for soprano, rather
stern with a lovely middle part. Two verses of the chorale end the work.
Clemens Romijn
158
BWV 115
Mache dich, mein Geist, bereit
1. Coro
Mache dich, mein Geist, bereit,
Wache, fleh und bete,
Daß dich nicht die böse Zeit
Unverhofft betrete;
Denn es ist
Satans List
Über viele Frommen
Zur Versuchung kommen.
2. Aria Alto
Ach schläfrige Seele, wie? ruhest du noch?
Ermuntre dich doch!
Es möchte die Strafe dich plötzlich erwecken
Und, wo du nicht wachest,
Im Schlafe des ewigen Todes bedecken.
3. Recitativo Basso
Gott, so vor deine Seele wacht,
Hat Abscheu an der Sünden Nacht;
Er sendet dir sein Gnadenlicht
Und will vor diese Gaben,
Die er so reichlich dir verspricht,
Nur offne Geistesaugen haben.
Des Satans List ist ohne Grund,
Die Sünder zu bestricken;
Brichst du nun selbst den Gnadenbund,
Wirst du die Hilfe nie erblicken.
Die ganze Welt und ihre Glieder
Sind nichts als falsche Brüder;
Doch macht dein Fleisch und Blut hiebei
Sich lauter Schmeichelei.
4. Aria Soprano
Bete aber auch dabei
Mitten in dem Wachen!
Bitte bei der großen Schuld
Deinen Richter um Geduld,
Soll er dich von Sünden frei
Und gereinigt machen!
5. Recitativo Tenore
Er sehnet sich nach unserm Schreien,
Er neigt sein gnädig Ohr hierauf;
Wenn Feinde sich auf unsern Schaden freuen,
So siegen wir in seiner Kraft:
Indem sein Sohn, in dem wir beten,
Uns Mut und Kräfte schafft
Und will als Helfer zu uns treten.
6. Choral
Drum so laßt uns immerdar
Wachen, flehen, beten,
Weil die Angst, Not und Gefahr
Immer näher treten;
Denn die Zeit
Ist nicht weit,
Da uns Gott wird richten
Und die Welt vernichten.
BWV 55
Ich armer Mensch, ich Sündenknecht
1. Aria Tenore
Ich armer Mensch, ich Sündenknecht,
Ich geh vor Gottes Angesichte
Mit Furcht und Zittern zum Gerichte.
Er ist gerecht, ich ungerecht.
Ich armer Mensch, ich Sündenknecht!
2. Recitativo Tenore
Ich habe wider Gott gehandelt
Und bin demselben Pfad,
Den er mir vorgeschrieben hat,
Nicht nachgewandelt.
Wohin? soll ich der Morgenröte Flügel
Zu meiner Flucht erkiesen,
Die mich zum letzten Meere wiesen,
So wird mich doch die Hand des
Allerhöchsten finden
Und mir die Sündenrute binden.
Ach ja!
Wenn gleich die Höll ein Bette
Vor mich und meine Sünden hätte,
So wäre doch der Grimm des
Höchsten da.
Die Erde schützt mich nicht,
Sie droht mich Scheusal zu verschlingen;
Und will ich mich zum Himmel schwingen,
Da wohnet Gott, der mir das Urteil spricht.
3. Aria Tenore
Erbarme dich!
Laß die Tränen dich erweichen,
Laß sie dir zu Herzen reichen;
Laß um Jesu Christi willen
Deinen Zorn des Eifers stillen!
Erbarme dich!
4. Recitativo Tenore
Erbarme dich!
Jedoch nun
Tröst ich mich,
Ich will nicht für Gerichte stehen
Und lieber vor dem Gnadenthron
Zu meinem frommen Vater gehen.
Ich halt ihm seinen Sohn,
Sein Leiden, sein Erlösen für,
Wie er für meine Schuld
Bezahlet und genug getan,
Und bitt ihn um Geduld,
Hinfüro will ich's nicht mehr tun.
So nimmt mich Gott zu Gnaden wieder an.
159
5. Choral
Bin ich gleich von dir gewichen,
Stell ich mich doch wieder ein;
Hat uns doch dein Sohn verglichen
Durch sein Angst und Todespein.
Ich verleugne nicht die Schuld,
Aber deine Gnad und Huld
Ist viel größer als die Sünde,
Die ich stets bei mir befinde.
BWV 94
Was frag ich nach der Welt
1. Coro
Was frag ich nach der Welt
Und allen ihren Schätzen
Wenn ich mich nur an dir,
Mein Jesu, kann ergötzen!
Dich hab ich einzig mir
Zur Wollust fürgestellt,
Du, du bist meine Ruh:
Was frag ich nach der Welt!
2. Aria Basso
Die Welt ist wie ein Rauch und Schatten
Der bald verschwindet und vergeht,
Weil sie nur kurze Zeit besteht.
Wenn aber alles fällt und bricht,
Bleibt Jesus meine Zuversicht,
An dem sich meine Seele hält.
Darum: was frag ich nach der Welt!
3. Choral e Recitativo Tenore
Die Welt sucht Ehr und Ruhm
Bei hocherhabnen Leuten.
Ein Stolzer baut die prächtigsten Paläste,
Er sucht das höchste Ehrenamt,
Er kleidet sich aufs beste
In Purpur, Gold, in Silber, Seid und Samt.
Sein Name soll für allen
In jedem Teil der Welt erschallen.
Sein Hochmuts-Turm
Soll durch die Luft bis an die Wolken dringen,
Er trachtet nur nach hohen Dingen
Und denkt nicht einmal dran,
Wie bald doch diese gleiten.
Oft bläset eine schale Luft
Den stolzen Leib auf einmal in die Gruft,
Und da verschwindet alle Pracht,
Wormit der arme Erdenwurm
Hier in der Welt so grossen Staat gemacht.
Acht! solcher eitler Tand
Wird weit von mir aus meiner Brust verbannt.
Dies aber, was mein Herz
Vor anderm rühmlich hält,
Was Christen wahren Ruhm und rechte Ehre
gibet,
Und was mein Geist,
Der sich der Eitelkeit entreißt,
Anstatt der Pracht und Hoffart liebet,
Ist Jesus nur allein,
Und dieser solls auch ewig sein.
Gesetzt, daß mich die Welt
Darum vor töricht hält:
Was frag ich nach der Welt!
4. Aria Alto
Betörte Welt, berörte Welt!
Auch dein Reichtun, Gut und Geld
Ist Betrug und falscher Schein.
Du magst den eitlen Mammon zählen,
Ich will davor mir Jesum wählen;
Jesus, Jesus soll allein
Meiner Seele Reichtum sein.
Betörte Welt, betörte Welt!
5. Choral e Recitativo Basso
Die Welt bekümmert sich.
Was muß doch wohl der Kummer sein?
O Torheit! dieses macht ihr Pein:
Im Fall sie wird verachtet.
Welt, schäme dich!
Gott hat dich ja so sehr geliebet,
Dass er sein eingebornes Kind
Vor deine Sünd
Zur größten Schmach um dein Ehre gibet,
Und du willst nicht um Jesu willen leiden?
Die Traurigkeit der Welt ist niemals größer,
Als wenn man ihr mit List
Nach ihren Ehren trachtet.
Es ist ja besser,
Ich trage Christi Schmach,
Solang es ihm gefällt.
Es ist ja nur ein Leiden dieser Zeit,
Ich weiß gewiß, daß mich die Ewigkeit
Dafür mit Preis und Ehren krönet;
Ob mich die Welt
Verspottet und verhöhnet,
Ob sie mich gleich verächtlich hält,
Wenn mich mein Jesus ehrt:
Was frag ich nach der Welt!
6. Aria Tenore
Die Welt kann ihre Lust und Freud,
Das Blendwerk schnöder Eitelkeit,
Nicht hoch genug erhöhen.
Sie wühlt, nur gelben Kot zu finden,
Gleich einem Maulwurf in den Gründen
Und läßt dafür den Himmel stehen.
7. Aria Soprano
Es halt es mit der blinden Welt,
Wer nichts auf seine Seee hält,
Mir ekelt vor der Erden.
CD III-25
CANTATAS BWV 26-164 & 139
BWV 26 for 19 November 1724 is based on the chorale `Ach wie flüchtig, ach wie nichtig'. A text apt to fire
Bach's imagination. The transitoriness of life is shown by musical lines fleeting away into the mist. The
homophonous passages hammer the message home. The tenor aria (the longest aria Bach wrote) alternates flute
and flute/violin passages in an interesting way. The rushing water to which our life can be compared provides
the idea for the music. Words like Schnell and Eilen are as always taken up for musical illustration. A recitative
for alto follows, and then a fascinating bass aria, in which the woodwind play a sarcastic dance macabre:
the temptation of concentrating on earthly goods will lead to ruin. A soprano recitative and four-part chorale
round off this great work.
BWV 164 (26 August 1725) is a sermon on the parable of the Good Samaritan: christians ought not to be christians
in word only, but christians in deed. The opening phrase directed at the followers of Christ is sung twice,
before the criticism starts. The bass recitative is a paraphrase of one of the beatitudes (`Blessed are the merciful')
in which the word Barmherzigkeit gets a beautiful arioso. The plight of those who knock on the doors of
our heart in vain is painted in vivid colours. The alto aria has one of those characteristic Bachian dialogues in
which the two voices (here two flutes) take over each other's musical phrases all the time; the word Erbarmen
once again is in for something special whenever it occurs. A tenor recitative follows with a cold note on kalt
and the highest note on Heiland, and then comes a soprano/bass duet with a truly beautiful line for the flutes,
oboes and violins together. The theme is followed by its inverse, illustrating the opening of our hands to help
160
Ich will nur meinen Jesum lieben
Und mich in Buß und Glauben üben,
So kann ich reich und selig werden.
8. Choral
Was frag ich nach der Welt!
Im Hui muß sie verchwinden,
Ihr Ansehn kann durchaus
Den blassen Tod nicht binden.
Die Güter müssen fort,
Und alle Lust verfällt;
Bleibt Jesus nur bei mir:
Was frag ich nach der Welt!
Was frag ich nach der Welt!
Mein Jesus ist mein Leben,
Mein Schatz, mein Eigentum,
Dem ich mich ganz ergeben,
Mein ganzes Himmelreich,
Und was mir sonst gefällt.
Drum sag ich noch einmal:
Was frag ich nach der Welt!
BWV 26
Ach wie flüchtig, ach wie nichtig
1. Coro
Ach wie flüchtig, ach wie nichtig
Ist der Menschen Leben!
Wie ein Nebel bald entstehet
Und auch wieder bald vergehet,
So ist unser Leben, sehet!
2. Aria Tenore
So schnell ein rauschend Wasser schießt,
So eilen unser Lebenstage.
Die Zeit vergeht, die Stunden eilen,
Wie sich die Tropfen plötzlich teilen,
Wenn alles in den Abgrund schießt.
3. Recitativo Alto
Die Freude wird zur Traurigkeit,
Die Schönheit fällt als eine Blume,
Die größte Stärke wird geschwächt,
Es ändert sich das Glücke mit der Zeit,
Bald ist es aus mit Ehr und Ruhme,
Die Wissenschaft und was ein Mensche dichtet,
Wird endlich durch das Grab vernichtet.
4. Aria Basso
An irdische Schätze das Herze zu hängen,
Ist eine Verführung der törichten Welt.
Wie leichtlich entstehen verzehrende Gluten,
Wie rauschen und reißen die wallenden
Fluten,
Bis alles zerschmettert in Trümmern zerfällt.
5. Recitativo Soprano
Die höchste Herrlichkeit und Pracht
Umhüllt zuletzt des Todes Nacht.
Wer gleichsam als ein Gott gesessen,
Entgeht dem Staub und Asche nicht,
Und wenn die letzte Stunde schläget,
Daß man ihn zu der Erde träget,
Und seiner Hoheit Grund zerbricht,
Wird seiner ganz vergessen.
6. Choral
Ach wie flüchtig, ach wie nichtig
Sind der Menschen Sachen!
Alles, alles, was wir sehen,
Das muß fallen und vergehen.
Wer Gott fürcht', bleibt ewig stehen.
BWV 164
Ihr, die ihr euch von Christo nennet
1. Aria Tenore
Ihr, die ihr euch von Christo nennet,
Wo bleibet die Barmherzigkeit,
Daran man Christi Glieder kennet?
Sie ist von euch, ach, allzu weit.
Die Herzen sollten liebreich sein,
So sind sie härter als ein Stein.
2. Recitativo Basso
Wir hören zwar, was selbst die Liebe spricht:
161
our neighbour. The beautiful chorale `Ertöt uns durch dein Güte' closes the cantata.
BWV 139 is based on the hymn `Wohl dem, der sich auf seinen Gott', and was written for 12 November 1724.
It treats of the quiet trust that the christian can have in the Lord. The trusting pace of the christian walking with
God pervades the chorus, with only `sin' briefly breaking through this. The tenor aria contrasts the friendship of
God, with a long line on Freund, and the fiery raging of the enemy. As so often the word Spötter (mockers) is
made to sound like laughter. An imaginative alto recitative is followed by a memorable bass aria. The heavy
band which misfortune puts around us is illustrated muscially, as is the distant light with long coloraturas. Then
the helping hand brings relief. The soprano sings of what our ultimate offering to God should be: our inner souls.
Satan's wiles will fail: a downward figure. Woodwind and violin play with the sopranos in the final chorale.
Clemens Romijn
162
Die mit Barmherzigkeit den Nächsten hier
umfangen
Die sollen vor Gericht
Barmherzigkeit erlangen.
Jedoch, wir achten solches nicht!
Wir hören noch des Nächsten Seufzer an!
Er klopft an unser Herz; doch wirds nicht
aufgetan!
Wir sehen zwar sein Händeringen,
Sein Auge, das von Tränen fleußt;
Doch läßt das Herz sich nicht zur Liebe
zwingen.
Der Priester und Levit,
Der hier zur Seite tritt,
Sind ja ein Bild liebloser Christen;
Sie tun, als wenn sie nichts von fremdem
Elend wüßten,
Sie gießen weder Öl noch Wein
Ins Nächsten Wunden ein.
3. Aria Alto
Nur durch Lieb und durch Erbarmen
Werden wir Gott selber gleich.
Samaritergleiche Herzen
Lassen fremden Schmerz sich schmerzen
Und sind an Erbarmung reich.
4. Recitativo Tenore
Ach, schmelze doch durch deinen
Liebesstrahl
Des kalten Herzens Stahl,
Daß ich die wahre Christenliebe,
Mein Heiland, täglich übe,
Daß meines Nächsten Wehe,
Er sei auch, wer er ist,
Freund oder Feind, Heid oder Christ,
Mir als mein eignes Leid zu Herzen allzeit
gehe!
Mein Herz sei liebreich, sanft und mild,
So wird in mir verklärt dein Ebenbild.
5. Aria (Duetto) Soprano Basso
Händen, die sich nicht verschließen,
Wird der Himmel aufgetan.
Augen, die mitleidend fließen,
Sieht der Heiland gnädig an.
Herzen, die nach Liebe streben,
Will Gott selbst sein Herze geben.
6. Choral
Ertöt uns durch dein Güte,
Erweck uns durch dein Gnad!
Den alten Menschen kränke,
Daß der neu' leben mag
Wohl hier auf dieser Erden,
Den Sinn und all Begehrden
Und Gdanken habn zu dir.
BWV 139
Wohl dem, der sich auf seinen Gott
1. Coro
Wohl dem, der sich auf seinen Gott
Recht kindlich kann verlassen!
Den mag gleich Sünde, Welt und Tod
Und alle Teufel hassen,
So bleibt er dennoch wohlvergnügt,
Wenn er nur Gott zum Freunde kriegt.
2. Aria Tenore
Gott ist mein Freund; was hilft das Toben,
So wider mich ein Feind erhoben!
Ich bin getrost bei Neid und Haß.
Ja, redet nur die Wahrheit spärlich,
Seid immer falsch, was tut mir das?
Ihr Spötter seid mir ungefährlich.
3. Recitativo Alto
Der Heiland sendet ja die Seinen
Recht mitten in der Wölfe Wut.
Um ihn hat sich der Bösen Rotte
Zum Schaden und zum Spotte
Mit List gestellt;
Doch da sein Mund so weisen Ausspruch tut,
So schützt er mich auch vor der Welt.
4. Aria Basso
Das Unglück schlägt auf allen Seiten
Um mich ein zentnerschweres Rand.
Doch plötzlich erscheinet die helfende Hand.
Mir scheint des Trostes Licht von weiten;
Da lern ich erst, daß Gott allein
Der Menschen bester Freund muß sein.
5. Recitativo Soprano
Ja, trag ich gleich den größten Feind in mir,
Die schwere Last der Sünden,
Mein Heiland läßt mich Ruhe finden.
Ich gebe Gott, was Gottes ist,
Das Innerste der Seelen.
Will er sie nun erwählen,
So weicht der Sünden Schuld, so fällt des
Satans List.
6. Choral
Dahero Trotz der Höllen Heer!
Trotz auch des Todes Rachen!
Trotz aller Welt! mich kann nicht mehr
Ihr Pochen traurig machen!
Gott ist mein Schutz, mein Hilf und Rat;
Wohl dem, der Gott zum Freunde hat!
163
CD III-26
CANTATAS BWV 103-185 & 2
Cantata 103 ‘Ihr werdet weinen und heulen’ for Sunday Jubilate 22 April 1725 is the first of nine cantatas in
which Bach employed texts by Mariane von Ziegler, though he did occasionally adapt Ziegler’s words. Not
until the tenor aria no.5 does the generally somber and desperate mood of the cantata make an about-turn. In
the words of the final chorale this is summarised as ‘Dein kurzes Leid soll sich in Freud und ewig Wohl verkehren’,
corresponding to the ‘Weinen-Freude’ contrast in the text from St John’s gospel upon which the complex
opening chorus is based. The colourful text, full of grief, gave Bach ample opportunity for musical text
depiction, such as the augmented second, poignant leap of a seventh and chromaticism at the word ‘weinen’ in
no. 1. The end of this opening chorus takes a surprising turn in a short, slow bass solo at the words ‘Ihr aber
werdet traurig sein’. More extensive solos are for the alto in the melancholic aria no. 3, with its expressive concertato
part for the violin or traverso, and for the tenor in no. 5, the jubilant and reassuring mood being underlined
by the trumpet and two oboes d’amore.
The Weimar Cantata 185 ‘Barmherziges Herze der ewigen Liebe’, to a text by Salomo Franck, was written ten
years earlier for the fourth Sunday after Trinity 14 July 1715. The work survives in different versions, since
Bach repeated it several times in Weimar and Leipzig, adapting it to new insights. The cantata is scored for four
soloists, choir, oboe and basso continuo. It opens with a chorale-based movement in the form of a duet for soprano
and tenor, the oboe playing the melody ‘Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ’. The alto recitative no. 2 leads to
a slow aria (no. 3) in which two striking imitations of the voice are heard in the basso continuo at the words
‘Sei bemüht in dieser Zeit, Seele, reichlich auszustreuen’ (note particularly the coloratura at ‘ausstreuen’). A
particular moment in the bass aria no. 5 is when the word ‘Christenkunst’ is sculptured by staccato notes. The
work ends with a four-part chorale employing the same melody as the opening duet, to which Bach adds a freely
composed part for the violin.
Cantata no. 2 ‘Ach, Gott, vom Himmel sieh’ darein’ is the second work from the 1724 chorale-based cantata
cycle; it employs a chorale text in which Luther made a free adaptation of parts of psalm 12. The cantata was
written for the second Sunday after Trinity 18 June 1724. The six-movement work is embraced by two choral
movements, the first a strict, archaic motet with the cantus firmus in the alto, and the last a simple four-part
chorale. In between are two recitative-aria pairs.
164
BWV 103
Ihr werdet weinen und heulen
1. Coro e Arioso Basso
Chor
Ihr werdet weinen und heulen, aber die Welt
wird sich freuen. Baß
Ihr aber werdet traurig sein.
Doch eure Traurigkeit soll in Freude verkehret
werden.
2. Recitativo Tenore
Wer sollte nicht in Klagen untergehn,
Wenn uns der Liebste wird entrissen?
Der Seelen Heil, die Zuflucht kranker Herzen
Acht nicht auf unsre Schmerzen.
3. Aria Alto
Kein Arzt ist außer dir zu finden,
Ich suche durch ganz Gilead;
Wer heilt die Wunden meiner Sünden,
Weil man hier keinen Balsam hat?
Verbirgst du dich, so muß ich sterben.
Erbarme dich, ach, höre doch!
Du suchest ja nicht mein Verderben,
Wohlan, so hofft mein Herze noch.
4. Recitativo Alto
Du wirst mich nach der Angst auch wiederum
erquicken;
So will ich mich zu deiner Ankunft schicken,
Ich traue dem Verheißungswort,
Daß meine Traurigkeit
In Freude soll verkehret werden.
5. Aria Tenore
Erholet euch, betrübte Sinnen,
Ihr tut euch selber allzu weh.
Laßt von dem traurigen Beginnen,
Eh ich in Tränen untergeh,
Mein Jesus läßt sich wieder sehen,
O Freude, der nichts gleichen kann!
Wie wohl ist mir dadurch geschehen,
Nimm, nimm mein Herz zum Opfer an!
6. Choral
Ich hab dich einen Augenblick,
O liebes Kind, verlassen;
Sieh aber, sieh, mit großem Glück
Und Trost ohn alle Maßen
Will ich dir schon die Freudenkron
Aufsetzen und verehren;
Dein kurzes Leid soll sich in Freud
Und ewig Wohl verkehren.
BWV 185
Barmherziges Herze der ewigen Liebe
1. Aria (Duetto e Choral) Soprano Tenore
Barmherziges Herze der ewigen Liebe,
Errege, bewege mein Herze durch dich;
Damit ich Erbarmen und Gütigkeit übe,
O Flamme der Liebe, zerschmelze du mich!
2. Recitativo Alto
Ihr Herzen, die ihr euch
In Stein und Fels verkehret,
Zerfließt und werdet weich,
Erwägt, was euch der Heiland lehret,
Übt, übt Barmherzigkeit
Und sucht noch auf der Erden
Dem Vater gleich zu werden!
Ach! greifet nicht durch das verbotne Richten
Dem Allerhöchsten ins Gericht,
Sonst wird sein Eifer euch zernichten.
Vergebt, so wird euch auch vergeben;
Gebt, gebt in diesem Leben;
Macht euch ein Kapital,
Das dort einmal
Gott wiederzahlt mit reichen Interessen;
Denn wie ihr meßt, wird man euch wieder
messen.
3. Aria Alto
Sei bemüht in dieser Zeit,
Seele, reichlich auszustreuen,
Soll die Ernte dich erfreuen
In der reichen Ewigkeit,
Wo, wer Gutes ausgesäet,
Fröhlich nach den Garben gehet.
4. Recitativo Basso
Die Eigenliebe schmeichelt sich!
Bestrebe dich,
Erst deinen Balken auszuziehen,
Denn magst du dich um Splitter auch bemühen,
Die in des Nächsten Augen sein.
Ist gleich dein Nächster nicht vollkommen
rein,
So wisse, daß auch du kein Engel,
Verbeßre deine Mängel!
Wie kann ein Blinder mit dem andern
Doch recht und richtig wandern?
Wie, fallen sie zu ihrem Leide
Nicht in die Gruben alle beide?
5. Aria Basso
Das ist der Christen Kunst:
Nur Gott und sich erkennen,
Von wahrer Liebe brennen,
Nicht unzulässig richten,
Noch fremdes Tun vernichten,
Des Nächsten nicht vergessen,
Mit reichem Maße messen:
Das macht bei Gott und Menschen Gunst,
CD III-27
CANTATAS BWV 60-78 & 151
Cantata 60 ‘O Ewigkeit, du Donnerwort’ is a celebrated example of an allegorical dialogue cantata. Fear and
Hope converse with one another in the face of death. These roles are taken by the alto (Fear) and the tenor
(Hope). The third figure is Christ, represented by the bass. The cantata has five movements and a symmetrical
165
Das ist der Christen Kunst.
6. Choral
Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ,
Ich bitt, erhör mein Klagen,
Verleih mir Gnad zu dieser Frist,
Laß mich doch nicht verzagen;
Den rechten Weg, o Herr, ich mein,
Den wollest du mir geben,
Dir zu leben,
Mein'm Nächsten nütz zu sein,
Dein Wort zu halten eben.
BWV 2
Ach Gott, vom Himmel sieh darein
1. Chor
Ach Gott, vom Himmel sieh darein,
und laß dichs doch erbarmen!
Wie wenig sind der Heilgen dein,
Verlassen sind wir Armen;
Dein Wort man nicht läßt haben wahr,
Der Glaub ist auch verloschen gar
bei allen Menschkindern.
2. Rezitativ Tenore
Sie lehren eitel falsche List,
was wider Gott und seine Wahrheit ist;
Und was der eigen Witz erdenket,
O, Jammer! der die Kirche schmerzlich kränket
Das muß anstatt der Bibel stehn.
Der eine wählet dies, der andre das,
Die törichte Vernunft ist ihr Kompaß;
Sie gleichen denen Totengräbern,
Die, ob sie zwar von außen schön,
Nur Stank und Moder in sich fassen
Und lauter Unflat sehen lassen.
3. Arie Alto
Tilg, o Gott, die Lehren,
So dein Wort verkehren!
Wehre doch der Ketzerei
Und allen Rottengeistern;
Denn sie sprechen ohne Scheu:
Trotz dem, der uns will meistern!
4. Rezitativ Basso
Die Armen sind verstört,
Ihr seufzend Ach, ihr ängstlich Klagen
Bei soviel Kreuz und Not,
Wodurch die Feinde fromme Seelen plagen,
Dringt in das Gnadenohr des Allerhöchsten
ein.
Darum spricht Gott: ich muß ihr Helfer sein!
Ich hab ihr Flehn erhört,
Der Hilfe Morgenrot,
Der reinen Wahrheit heller Sonnenschein
Soll sie mit neuer Kaft,
Die Trost und Leben schafft,
Erquicken und erfreuen.
Ich will mich ihrer Not erbarmen,
Mein heilsam Wort soll sein die Kraft der
Armen.
5. Arie Tenore
Durchs Feuer wird das Silber rein,
Durchs Kreuz das Wort bewährt erfunden.
Drum soll ein Christ zu allen Stunden
Im Kreuz und Not geduldig sein.
6. Choral
Das wollst du, Gott, bewahren rein
Für diesem argn Geschlechte;
Und laß ins dir befohlen sein,
Sichs in uns nicht flechte,
Daß ins dir befohlen sein,
Der gottlos Hauf sich umher findt,
Wo solche lose Leute sind
In deinem Volk erhaben.
166
structure. The contrast between Fear and Hope is considerable, as appears from the text of the recitative no. 2:
Fear: ‘O schwerer Gang zum letzten Kampf und Streite!’, to which Hope replies: ‘Mein Beistand ist schon da’.
The introductory chorale-based movement too is a duet, the chorale melody being heard in the alto and in the
horn part. The roles are cast to reflect the different characters, the tenor moving freely in aria-like writing while
the alto sings ‘only’ the chorale. In the duet no. 3 the oboe d’amore and solo violin follow the same role pattern.
In the alto recitative no. 4 the pangs of death are full of contrast as Fear is reassured three times by a bass
arioso to words from the Book of Revelation: ‘Selig sind die Toten’.
The title of Cantata 78 ‘Jesu, der du meine Seele’ originates from the chorale with the same text by Johann Rist,
dating from 1641. The work was written for the 14th Sunday after Trinity 10 September 1724. The theme is
the suffering of Christ and his victory over sin and the devil. The cantata begins with a chorus employing the
chorale melody in the soprano and the horn part. It is a lament, with the rhythm and typical chromatic bass line
of the chaconne. The choral passages alternate with instrumental ritornellos. Between this chorus and the concluding
chorale are three solo movements (a duet and two arias) and two recitatives. A notable feature of the
duet no. 3 is that the bass line is divided into a basso continuo and a separate part for the organ and cello. The
words ‘Wir eilen mit schwachen doch emsigen Schritten’ are translated into a nervously ornamented, rising
passage: ‘eilen’.
In comparison with the two preceding works on this cd Cantata 151 ‘Süsser Trost, mein Jesus kommt’ for 27
December is a happy, optimistic and radiant piece in the unproblematic key of G major. The relatively modest
scoring includes four soloists, choir, oboe d’amore, traverso and basso continuo; Bach may even have intended
the simple final chorale to be sung by the four soloists alone, so as not to burden his choir after the hectic
Christmas services. Bach wrote splendid solos for the chosen instruments, including the reassuring opening
soprano aria ‘Süsser trost’, with wonderful garlands interwoven by the traverso, and the beautiful oboe d’amore
part in the aria no. 3.
Clemens Romijn
167
BWV 60
O Ewigkeit, du Donnerwort II
Dialogus
Furcht (Alto), Hoffnung (Tenore), Christus
(Basso)
1. Aria Tenore e Choral Alto
O Ewigkeit, du Donnerwort,
O Schwert, das durch die Seele bohrt,
O Anfang sonder Ende!
O Ewigkeit, Zeit ohne Zeit,
Ich weiß vor großer Traurigkeit
Nicht, wo ich mich hinwende
Mein ganz erschrocknes Herze bebt
Daß mir die Zung am Gaumen klebt.
Herr, ich warte auf dein Heil.
2. Recitativo Alto Tenore
Alt
O schwerer Gang zum letzten Kampf und
Streite!
Tenor
Mein Beistand ist schon da,
Mein Heiland steht mir ja
Mit Trost zur Seite.
Alt
Die Todesangst, der letzte Schmerz
Ereilt und überfällt mein Herz
Und martert diese Glieder.
Tenor
Ich lege diesen Leib vor Gott zum Opfer nieder.
Ist gleich der Trübsal Feuer heiß,
Genung, es reinigt mich zu Gottes Preis.
Alt
Doch nun wird sich der Sünden große Schuld
vor mein Gesichte stellen.
Tenor
Gott wird deswegen doch kein Todesurteil
fällen.
Er gibt ein Ende den Versuchungsplagen,
Daß man sie kann ertragen.
3. Aria (Duetto) Alto Tenore
Alt
Mein letztes Lager will mich schrecken,
Tenor
Mich wird des Heilands Hand bedecken,
Alt
Des Glaubens Schwachheit sinket fast,
Tenor
Mein Jesus trägt mit mir die Last.
Alt
Das offne Grab sieht greulich aus,
Tenor
Es wird mir doch ein Friedenshaus.
4. Recitativo Alto e Arioso Basso
Alt
Der Tod bleibt doch der menschlichen Natur
verhaßt
Und reißet fast
Die Hoffnung ganz zu Boden.
Baß
Selig sind die Toten;
Alt
Ach! aber ach, wieviel Gefahr
Stellt sich der Seele dar,
Den Sterbeweg zu gehen!
Vielleicht wird ihr der Höllenrachen
Den Tod erschrecklich machen,
Wenn er sie zu verschlingen sucht;
Vielleicht ist sie bereits verflucht
Zum ewigen Verderben.
Baß
Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben;
Alt
Wenn ich im Herren sterbe,
Ist denn die Seligkeit mein Teil und Erbe?
Der Leib wird ja der Würmer Speise!
Ja, werden meine Glieder
Zu Staub und Erde wieder,
Da ich ein Kind des Todes heiße,
So schein ich ja im Grabe an verderben.
Baß
Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben,
von nun an.
Alt
Wohlan!
Soll ich von nun an selig sein:
So stelle dich, o Hoffnung, wieder ein!
Mein Leib mag ohne Furcht im Schlafe ren,
Der Geist kann einen Blick in jene Freude
tun.
5. Choral
Es ist genug;
Herr, wenn es dir gefällt,
So spanne mich doch aus!
Men Jesu kömmt;
Nun gute Nacht, o Welt!
Ich fahr ins Himmelshaus,
Ich fahre sicher hin mit Frieden,
Mein großer Jammer bleibt danieden.
Es ist genug.
BWV 78
Jesu, der du meine Seele
1. Coro
Jesu, der du meine Seele
Hast durch deinen bittern Tod
Aus des Teufels finstern Höhle
Und der schweren Seelennot
Kräftiglich herausgerissen
Und mich solches lassen wissen
Durch dein angenehmes Wort,
Sei doch itzt, o Gott, mein Hort!
2. Aria (Duetto) Soprano Alto
Wir eilen mit schwachen, doch emsigen
Schritten,
O Jesu, o Meister, zu helfen zu dir.
Du suchest die Kranken und Irrenden treulich.
Ach höre, wie wir
168
Die Stimmen erheben, um Hülfe zu bitten!
Es sei uns dein gnädiges Antlitz erfreulich!
3. Recitativo Tenore
Ach! ich bin ein Kind der Sünden,
Ach! ich irre weit und breit.
Der Sünden Aussatz, so an mir zu enden,
Verläßt mich nicht in dieser Sterblichkeit.
Mein Wille trachtet nur nach Bösen.
Der Geist zwar spricht: ach! wer wird mich
erlösen?
Aber Fleisch und Blut zu zwingen
Und das Gute zu vollbringen,
Ist über alle meine Kraft.
Will ich den Schaden nicht verhehlen,
So kann ich nicht, wie oft ich fehle, zählen.
Drum nehm ich nun der Sünden Schmerz und
Pein
Und meiner Sorgen Bürde,
So mir sonst unerträglich würde,
Ich liefre sie dir, Jesu, seufzend ein.
Rechne nicht die Missetat,
Die dich, Herr, erzürnet hat!
4. Aria Tenore
Das Blut, so meine Schuld durchstreicht,
Macht mir das Herze wieder leicht
Und spricht mich frei.
Ruft mich der Höllen Heer zum Streite,
So stehet Jesus mir zur Seite,
Daß ich beherzt und sieghaft sei.
5. Recitativo Basso
Die Wunden, Nägel, Kron und Grab,
Die Schläge, so man dort dem Heiland gab,
Sind ihm nunmehro Siegeszeichen
Und können mir verneute Kräfte reichen.
Wenn ein erschreckliches Gericht
Den Fluch vor die Verdammten spricht,
So kehrst du ihn in Segen.
Mich kann kein Schmerz und keine Pein
bewegen,
Weil sie mein Heiland kennt;
Und da dein Herz vor mich in Liebe brennt,
So lege ich hinwieder
Das meine vor dich nieder.
Dies mein Herz, mit Leid vermenget,
So dein teures Blut besprenget,
So am Kreuz vergossen ist,
Geb ich dir, Herr Jesu Christ.
6. Aria Basso
Nun du wirst mein Gewissen stillen,
So wider mich um Rache schreit,
Ja, deine Treue wird's erfüllen,
Weil mir dein Wort die Hoffnung beut.
Wenn Christen an dich glauben,
Wird sie kein Feind in Ewigkeit
Aus deinen Händen rauben.
7. Choral
Herr, ich glaube, hilf mir Schwachen,
Laß mich ja verzagen nicht;
Du, du kannst mich stärker machen,
Wenn mich Sünd und Tod anficht.
Deiner Güte will ich trauen,
Bis ich fröhlich werde schauen
Dich, Herr Jesu, nach dem Streit
In der süßen Ewigkeit.
BWV 151
Süßer Trost, mein Jesus kömmt
1. Aria Soprano
Süßer Trost, mein Jesus kömmt,
Jesus wird anitzt geboren!
Herz und Seele freuet sich,
Denn mein liebster Gott hat mich
Nun zum Himmel auserkoren.
2. Recitativo Basso
Erfreue dich, mein Herz,
Denn itzo weicht der Schmerz,
Der dich so lange Zeit gedrücket.
Gott hat den liebsten Sohn,
Den er so hoch und teuer hält,
Auf diese Welt geschicket.
Er läßt den Himmelsthron
Und will die ganze Welt
Aus ihren Sklavenketten
Und ihrer Dienstbarkeit erretten.
O wundervolle Tat!
Gott wird ein Mensch und will auf Erden
Noch niedriger als wir und noch viel ärmer
werden.
3. Aria Alto
In Jesu Demut kann ich Trost,
In seiner Armut Reichtum finden.
Mir macht desselben schlechter Stand
Nur lauter Heil und Wohl bekannt,
Ja, seine wundervolle Hand
Will mir nur Segenskränze winden.
4. Recitativo Tenore
Du teurer Gottessohn,
Nun hast du mir den Himmel aufgemacht
Und durch dein Niedrigsein
Das Licht der Seligkeit zuwege bracht.
Weil du nun ganz allein
Des Vaters Burg und Thron
Aus Liebe gegen uns verlassen,
So wollen wir dich auch
Dafür in unser Herze fassen.
5. Choral
Heut schleußt er wieder auf die Tür
Zum schönen Paradeis,
Der Cherub steht nicht mehr dafür,
Gott sei Lob, Ehr und Preis.
169
CD III-28
CANTATAS BWV 128-154 & 62
Cantata 128 ‘Auf Christi Himmelfahrt allein’ has, by reason of its performance on Ascension Day 10 May 1725,
a festive instrumentation including brass. The work requires three soloists (alto, tenor and bass), four-part choir,
two oboes d’amore, oboe da caccia, two horns and a high trumpet. The latter instrument plays a most illustrative
role in the bass aria no. 3, underlining the words ‘auf, auf, mit hellem Schall’. Although Bach included this cantata
in the cycle of chorale cantatas it is really an ‘odd man out’, since it is based not on one but on two chorales:
the opening chorus and the final chorale employ different melodies. In the opening chorus the orchestra comes
into its own in jubilant and energetic semiquaver writing. In the earlier-mentioned aria no. 3 Bach has a surprise
in store when, before the final ritornello, he inserts an unexpected accompanied recitative. The charming duet no.
4 in rocking 6/8 time has a most appropriate oboe d’amore part. The work ends with a simple chorale.
Cantata 154 ‘Mein liebster Jesus ist verloren’ for the first Sunday after Epiphany 9 January 1724 is likewise based
on two different chorales, heard in the third and eighth movements. It is likely that Bach wrote parts of this work
in Weimar, adapting and extending it for performance in Leipzig. The theme of the work is sinful man, who has
lost the way to Jesus and is desperately in search of him. Thus the introductory tenor aria is in B minor, with an
uneasy chromatic lamento in chaconne rhythm. More peaceful is the rocking alto aria no. 4 in Amajor. The absence
of a bass part is a remarkable effect, as Bach paints a picture of Jesus concealed behind the clouds. In the succeeding
bass arioso we hear the words of Jesus himself: ‘Wisset ihr nicht, dass ich sein muss in dem das meines
Vaters ist’. The duet no. 7 forms a complete contrast to the opening aria. Here the arousing key of D major dominates:
‘Wohl mir, Jesus ist gefunden’.
The six-movement Advent Cantata 62 ‘Nun komm, der Heiden Heiland’ is part of the 1724 cycle of chorale cantatas.
It is framed by two choral movements based on the world-famous chorale ‘Nun komm der Heiden Heiland’,
the text of which is Luther’s translation of the hymn Veni, redemptor gentium. In the opening chorus the melody
is heard in the soprano and the accompanying horn part. In the context of Advent ( = coming or arrival) the crucial
word is ‘komm’. Two aria-recitative pairs follow. In the bass recitative no. 3 Bach illustrates the word ‘laufen’
realistically with a scale figure, and the word ‘Gefall’ne’ with a descending seventh. Quite appropriate to the
pastoral mood of Advent and the image of the child in a cradle is the rocking siciliano rhythm of the tenor aria
no. 2. In the bass aria, in fighting spirit, Bach creates a continuo part in parallel movement with the high strings.
170
BWV 128
Auf Christi Himmelfahrt allein
1. Coro
Auf Christi Himmelfahrt allein
Ich meine Nachfahrt gründe
Und allen Zweifel, Angst und Pein
Hiermit stets überwinde;
Denn weil das Haupt im Himmel ist,
Wird seine Glieder Jesus Christ
Zu rechter Zeit nachholen.
2. Recitativo Tenore
Ich bin bereit, komm, hole mich!
Hier in der Welt
Ist Jammer, Angst und Pein;
Hingegen dort, in Salems Zelt,
Werd ich verkläret sein.
Da seh ich Gott von Angesicht zu Angesicht,
Wie mir sein heilig Wort verspricht.
3. Aria e Recitativo Basso
Auf, auf, mit hellem Schall
Verkündigt überall:
Mein Jesus sitzt zur Rechten!
Wer sucht mich anzufechten?
Ist er von mir genommen,
Ich werd einst dahin kommen,
Wo mein Erlöser lebt.
Mein Augen werden ihn in größter Klarheit
schauen.
O könnt ich im voraus mir eine Hütte bauen!
Wohin? Vergebner Wunsch!
Er wohnet nicht auf Berg und Tal,
Sein Allmacht zeigt sich überall;
So schweig, verwegner Mund,
Und suche nicht dieselbe zu ergründen!
4. Aria (Duetto) Alto Tenore
Sein Allmacht zu ergründen,
Wird sich kein Mensche finden,
Mein Mund verstummt und schweigt.
Ich sehe durch die Sterne,
Daß er sich schon von ferne
Zur Rechten Gottes zeigt.
5. Coro
Alsdenn so wirst du mich
Zu deiner Rechten stellen
Und mir als deinem Kind
Ein gnädig Urteil fällen,
Mich bringen zu der Lust,
Wo deine Herrlichkeit
Ich werde schauen an
In alle Ewigkeit.
BWV 154
Mein liebster Jesus ist verloren
1. Aria Tenore
Mein liebster Jesus ist verloren:
O Wort, das mir Verzweiflung bringt,
O Schwert, das durch die Seele dringt,
O Donnerwort in meinen Ohren.
2. Recitativo Tenore
Wo treu ich meinen Jesum an,
Wer zeiget mir die Bahn,
Wo meiner Seele brünstiges Verlangen,
Mein Heiland, hingegangen?
Kein Unglück kann mich so empfindlich rühren,
Als wenn ich Jesum soll verlieren.
3. Choral
Jesu, mein Hort und Erretter,
Jesu, meine Zuversicht,
Jesu, starker Schlangentreter,
Jesu, meines Lebens Licht!
Wie verlanget meinem Herzen,
Jesulein, nach dir mit Schmerzen!
Komm, ach komm, ich warte dein,
Komm, o liebstes Jesulein!
4. Aria Alto
Jesu, laß dich finden,
Laß doch meine Sünden
Keine dicke Wolken sein,
Wo du dich zum Schrecken
Willst für mich verstecken,
Stelle dich bald wieder ein!
5. Arioso Basso
Wisset ihr nicht, daß ich sein muß in dem,
das meines Vaters ist ?
6. Recitativo Tenore
Dies ist die Stimme meines Freundes,
Gott Lob und Dank!
Mein Jesu, mein getreuer Hort,
Läßt durch sein Wort
Sich wieder tröstlich hören;
Ich war vor Schmerzen krank,
Der Jammer wollte mir das Mark
In Beinen fast verzehren;
Nun aber wird mein Glaube wieder stark,
Nun bin ich höchst erfreut;
Denn ich erblicke meiner Seele Wonne,
Den Heiland, meine Sonne,
Der nach betrübter Trauernacht
Durch seinen Glanz mein Herze fröhlich
macht.
Auf, Seele, mache dich bereit!
Du mußt zu ihm
In seines Vaters Haus, hin in den Tempel
CD III-29
CANTATAS BWV 192-93-145 & 171
Only three movements of Cantata 192 ‘Nun danket alle Gott’ have survived: a tenor aria framed by two choral
movements. The original score has been lost, as has the tenor part of the choral sections. The work is based on
the similarly named chorale ‘Nun danket alle Gott’, heard in the soprano part of the final chorus. It is assumed
that the cantata was written for Reformation Day 1730.
Cantata 93 ‘Wer nur den lieben Gott lässt walten’ is a chorale cantata for the 5th Sunday after Trinity, 9 July
171
ziehn;
Da läßt er sich in seinem Wort erblicken,
Da will er dich im Sakrament erquicken;
Doch, willst du würdiglich sein Fleisch und
Blut genießen,
So mußt du Jesum auch in Buß und Glauben
küssen.
7. Aria (Duetto) Alto Tenore
Wohl mir, Jesus ist gefunden,
Nun bin ich nicht mehr betrübt.
Der, den meine Seele liebt,
Zeigt sich mir zur frohen Stunden.
Ich will dich, mein Jesu, nun nimmermehr
lassen,
Ich will dich im Glauben beständig umfassen.
8. Choral
Meinen Jesum laß ich nicht,
Geh ihm ewig an der Seiten;
Christus läßt mich für und für
Zu den Lebensbächlein leiten.
Selig, wer mit mir so spricht:
Meinen Jesum laß ich nicht.
BWV 62
Nun komm, der Heiden Heiland II
1. Coro
Nun komm, der Heiden Heiland,
Der Jungfrauen Kind erkannt,
Des sich wundert alle Welt,
Gott solch Geburt ihm bestellt.
2. Aria Tenore
Bewundert, o Menschen, dies große
Geheimnis:
Der höchste Beherrscher erscheinet der Welt.
Hier werden die Schätze des Himmels entdecket,
Hier wird uns ein göttliches Manna bestellt,
O Wunder! die Keuschheit wird gar nicht
beflecket.
3. Recitativo Basso
So geht aus Gottes Herrlichkeit und Thron
Sein eingeborner Sohn.
Der Held aus Juda bricht herein,
Den Weg mit Freudigkeit zu laufen
Und uns Gefallne zu erkaufen.
O heller Glanz, o wunderbarer Segensschein!
4. Aria Basso
Streite, siege, starker Held!
Sei vor uns im Fleische kräftig!
Sei geschäftig,
Das Vermögen in uns Schwachen
Stark zu machen!
5. Recitativo (Duetto) Soprano Alto
Wir ehren diese Herrlichkeit
Und nahen nun zu deiner Krippen
Und preisen mit erfreuten Lippen,
Was du uns zubereit';
Die Dunkelheit verstört' uns nicht
Und sahen dein unendlich Licht.
6. Choral
Lob sei Gott, dem Vater, g'ton,
Lob sei Gott, sein'm eingen Sohn,
Lob sei Gott, dem Heilgen Geist,
Immer und in Ewigkeit!
BWV 192
Nun danket alle Gott
1. Coro
Nun danket alle Gott
Mit Herzen, Mund und Händen,
Der große Dinge tut
An uns und allen Enden,
Der uns von Mutterleib
Und Kindesbeinen an
Unzählig viel zugut
Und noch jetzund getan.
2. Aria (Duetto) Soprano Basso
Der ewig reiche Gott
Woll uns bei unserm Leben
Ein immer fröhlich Herz
Und edlen Frieden geben
Und uns in seiner Gnad
Erhalten fort und fort
Und uns aus aller Not
Erlösen hier und dort.
3. Coro
Lob, Ehr und Preis sei Gott,
Dem Vater und dem Sohne
Und dem, der beiden gleich
Im hohen Himmelsthrone,
172
1724. The work is for four soloists, four-part choir, two oboes and basso continuo, but it survives only in a later
version as performed by Bach in Leipzig in about 1732/33. It is not known to what extent Bach then adapted the
earlier piece. As is customary the opening chorus and final chorale are based on the chorale melody.
Surprisingly, Bach also employed this melody in the slow introduction to the bass recitative no. 2. In the tenor
aria no. 3 the chorale is heard in the voice, and in the soprano and alto duet no. 4 in the violins, while the tenor
movement no. 5 again combines chorale and recitative, with wonderful text depiction at the words ‘wenn Blitz
und Donner kracht’. After an aria for soprano with oboe accompaniment the cantata closes with a four-part chorale.
Cantata 145 ‘Ich lebe, mein Herze, zu deinem Ergötzen’, for Easter, possibly 19 april 1729, provides something
of a puzzle. The work survives in incomplete form and ha
s a somewhat confusing history in which different versions are likely to have played a role. The original version
probably had five movements, two choral movements being added to the beginning at a later date by an unknown
person. The first of these, ‘Auf, mein Herz, des Herren Tag’, is from Bach’s hand, but the second, ‘So du
mit deinem Munde bekennest Jesum’ is by Telemann. The Bach scholar Alfred Dürr even suspects that the cantata
once had an instrumental introduction too.
The six-movement Cantata 171 ‘Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm’ is a New Year’s Cantata, probably
composed for 1 January 1729. The strict and archaic opening chorus thanks its familiarity to the fact that
Bach used it again in 1748/49 for the ‘Patrem omnipotentem’ in the Credo of the Mass in B Minor. Here the first
of the three trumpets has a solo role. But the cantata is in turn borrowed: the soprano aria no. 4 is an adaptation
of the ninth movement of the Birthday Cantata 205, and the final chorale is the same as that of Cantata 41.
Clemens Romijn
173
Dem dreieinigen Gott,
Als der ursprünglich war
Und ist und bleiben wird
Jetzund und immerdar.
BWV 93
Wer nur den lieben Gott läßt walten
1. Coro
Wer nur den lieben Gott läßt walten
Und hoffet auf ihn allezeit,
Den wird er wunderlich erhalten
In allem Kreuz und Traurigkeit.
Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut,
Der hat auf keinen Sand gebaut.
2. Choral e Recitativo Basso
Was helfen uns die schweren Sorgen?
Sie drücken nur das Herz
Mit Zentnerpein, mit tausend Angst und
Schmerz.
Was hilft uns unser Weh und Ach?
Es bringt nur bittres Ungemach.
Was hilft es, daß wir alle Morgen
mit Seufzen von dem Schlaf aufstehn
Und mit beträntem Angesicht des Nachts zu
Bette gehn?
Wir machen unser Kreuz und Leid
Durch bange Traurigkeit nur größer.
Drum tut ein Christ viel besser,
Er trägt sein Kreuz mit christlicher
Gelassenheit.
3. Aria Tenore
Man halte nur ein wenig stille,
Wenn sich die Kreuzesstunde naht,
Denn unsres Gottes Gnadenwille
Verläßt uns nie mit Rat und Tat.
Gott, der die Auswerwählten kennt,
Gott, der sich uns ein Vater nennt,
Wird endlich allen Kummer wenden
Und seinen Kindern Hilfe senden.
4. Aria (Duetto) Soprano Alto
Er kennt die rechten Freudesstunden,
Er weiß wohl, wenn es nützlich sei;
Wenn er un nur hat treu erfunden
Und merket keine Heuchelei,
So kömmt Gott, eh wir uns versehn,
Und lässet uns viel Guts geschehn.
5. Choral e Recitativo Tenore
Denk nicht in deiner Drangsalhitze,
Wenn Blitz und Donner kracht
Und die ein schwüles Wetter bange macht,
Daß du von Gott verlassen seist.
Gott bleibt auch in der größten Not,
Ja gar bis in den Tod
Mit seiner Gnade bei den Seinen.
Du darfst nicht meinen,
Daß dieser Gott im Schoße sitze,
Der täglich wie der reiche Mann,
In Lust und Freuden leben kann.
Der sich mit stetem Glücke speist,
Bei lauter guten Tagen,
Muß oft zuletzt,
Nachdem er sich an eitler Lust ergötzt,
"Der Tod in Töpfen" sagen.
Die Folgezeit verändert viel!
Hat Petrus gleich die ganze Nacht
Mit leerer Arbeit zugebracht
Und nichts gefangen:
Auf Jesu Wort kann er noch einen Zug erlangen.
Drum traue nur in Armut, Kreuz und Pein
Auf deines Jesu Güte
Mit gläubigem Gemüte;
Nach Regen gibt er Sonnenschein
Und setzet jeglichem sein Ziel.
6. Aria Soprano
Ich will auf den Herren schaun
Und stets meinem Gott vertraun.
Er ist der rechte Wundermann.
Der die Reichen arm und bloß
Und die Armen reich und groß
Nach seinem Willen machen kann.
7. Choral
Sing, bet und geh auf Gottes Wegen,
Verricht das Deine nur getreu
Und trau des Himmels reichem Segen,
So wird er bei dir werden neu;
Denn welcher seine Zuversicht
Auf Gott setzt, den verläßt er nicht.
BWV 145
Ich lebe, mein Herze, zu deinem Ergötzen
1. Aria (Duetto) Tenore Soprano
Jesus (Tenore), Seele (Soprano)
{Tenor}
Ich lebe, mein Herze, zu deinem Ergötzen,
{Sopran}
Du lebest, mein Jesu, zu meinem Ergötzen,
{Tenor,Sopran}
{Mein,Dein} Leben erhebet {dein, mein}
Leben empor.
beide
Die klagende Handschrift ist völlig zerrissen,
Der Friede verschalt ein ruhig Gewissen
Und öffnet den Sündern das himmlische Tor.
2. Recitativo Tenore
Nun fordre, Moses, wie du willt,
Das dräuende Gesetz zu üben,
174
Ich habe meine Quittung hier
Mit Jesu Blut und Wunden unterschrieben.
Dieselbe gilt,
Ich bin erlöst, ich bin befreit
Und lebe nun mit Gott in Fried und
Einigkeit,
Der Kläger wird an mir zuschanden,
Denn Gott ist auferstanden.
Mein Herz, das merke dir!
3. Aria Basso
Merke, mein Herze, beständig nur dies,
Wenn du alles sonst vergißt,
Daß dein Heiland lebend ist;
Lasse dieses deinem Gläuben
Einen Grund und Feste bleiben,
Auf solche besteht er gewiß.
Merke, meine Herze, nur dies.
4. Recitativo Soprano
Mein Jesus lebt,
Das soll mir niemand nehmen,
Drum sterb ich sonder Grämen.
Ich bin gewiß
Und habe das Vertrauen,
Daß mich des Grabes Finsternis
Zur Himmelsherrlichkeit erhebt;
Mein Jesus lebt,
Ich habe nun genug,
Mein Herz und Sinn
Will heute noch zum Himmel hin,
Selbst den Erlöser anzuschauen.
5. Choral
Drum wir auch billig fröhlich sein,
Singen das Halleluja fein
Und loben dich, Herr Jesu Christ;
Zu Trost du uns erstanden bist.
Halleluja!
BWV 171
Gott, wie dein Name, so ist auch dein
Ruhm
1. Coro
Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm
bis an der Welt Ende.
2. Aria Tenore
Herr, so weit die Wolken gehen,
Gehet deines Namens Ruhm.
Alles, was die Lippen rührt,
Alles, was noch Odem führt,
Wird dich in der Macht erhöhen.
3. Recitativo Alto
Du süßer Jesus-Name du,
In dir ist meine Ruh,
Du bist mein Trost auf Erden,
Wie kann denn mir
Im Kreuze bange werden?
Du bist mein festes Schloß und mein Panier,
Da lauf ich hin,
Wenn ich verfolget bin.
Du bist mein Leben und mein Licht,
Mein Ehre, meine Zuversicht,
Mein Beistand in Gefahr
Und mein Geschenk zum neuen Jahr.
4. Aria Sonato
Jesus soll mein erstes Wort
In dem neuen Jahre heißen.
Fort und fort
Lacht sein Nam in meinem Munde,
Und in meiner letzten Stunde
Ist Jesus auch mein letztes Wort.
5. Recitativo Basso
Und da du, Herr, gesagt:
Bittet nur in meinem Namen,
So ist alles Ja! und Amen!
So flehen wir,
Du Heiland aller Welt, zu dir:
Verstoß uns ferner nicht,
Behüt uns dieses Jahr
Für Feuer, Pest und Kriegsgefahr!
Laß uns dein Wort, das helle Licht,
Noch rein und lauter brennen;
Gib unsrer Obrigkeit
Und dem gesamten Lande
Dein Heil des Segens zu erkennen;
Gib allezeit
Glück und Heil zu allem Stande.
Wir bitten, Herr, in deinem Namen,
Sprich: ja! darzu, sprich: Amen, Amen!
6. Choral
Dein ist allein die Ehre,
Dein ist allein der Ruhm.
Geduld im Kreuz uns lehre,
regier' all' unser Thun,
bis wir getrost abscheiden
in's ew'ge Himmelreich,
zum wahren Fried' und Freuden,
den Heil'gen Gottes gleich.
175
CD III-30
CANTATAS BWV 8-186 & 3
The chorale cantata 8 ‘Liebster Gott, wann werd’ ich sterben’ for the 16th Sunday after Trinity was first performed
on 24 September 1724. Later, in 1740, Bach created a new version with two solo violins and horn,
transposing the work from E major to D major. As in the other cantatas which Bach wrote for this Sunday, the
text relates the gospel story of the boy wakened from death by Jesus. The title reflects associated contemplations
on death and the transitory nature of life. The work begins with an impressive chorus with the ornamented
chorale cantus firmus in the soprano. In a dramatic mood, time ticks away to plucked strings, and the hour
of death strikes to repeated notes on the flute. The expressive tenor aria no. 2 in the poignant key of C sharp
minor is imbued with the fear of death: not only anguishing oboe d’amore lines, but again ominous pizzicatos
in the bass.
When Bach commenced employment as cantor of the Thomaskirche in 1723 he was expected to make farreaching
changes to the musical life of the church. Having set himself the target of an enormous production of
weekly cantatas, he was quickly forced to make use of existing work, as in the case of Cantata 186 ‘Ärgre dich,
o Seele, nicht’. This cantata for the 7th Sunday after Trinity, 11 July 1723, goes back to the lost Cantata 186a
written in Weimar in 1717. In borrowing this composition, however, Bach hardly made things easy for himself:
for many Sundays he planned cantatas in two parts, or two complementary cantatas, to be performed before
and after the sermon as in the present case. The eleven movements of the work are arranged in two parts, both
ending with the same chorale sung to two different texts.
The six-movement chorale cantata 3 ‘Ach, Gott, wie manches Herzeleid’ for the 2nd Sunday after Epiphany,
dates from 1725, two years later. Before
celebrating Jesus as the Saviour of those in need, this same need, misery and desperation, indeed the very torments
of hell, are dealt with exhaustively. Thus the appropriately plaintive melodic lines in the oboe solos of
the opening chorus, and the poignant chromaticism in the bass aria no. 3 (in F sharp minor!) at the words
‘Höllenangst und Pein’.
Clemens Romijn
176
BWV8
Liebster Gott, wenn werd ich sterben
1. Chor
Liebster Gott, wenn werd ich sterben?
Meine Zeit läuft immer hin,
Und des alten Adams Erben,
Unter denen ich auch bin,
Haben dies zum Vaterteil,
Dass sie nicht eine kleine Weil
Arm und elend sein auf Erden
Und denn selber Erde werden.
2. Aria
Was willst du dich, mein Geist, entsetzen,
Wenn meine letzte Stunde schlägt?
Mein Leib neigt täglich sich zur Erden,
Und da muss seine Ruhstatt werden,
Wohin man so viel tausend trägt.
3. Recitativo
Zwar fühlt mein schwaches Herz
Furcht, Sorge, Schmerz:
Wo wird mein Leib die Ruhe finden?
Wer wird die Seele doch
Vom aufgelegten Sündenjoch
Befreien und entbinden?
Das Meine wird zerstreut,
Und wohin werden meine Lieben
In ihrer Traurigkeit
Zertrennt, vertrieben?
4. Aria
Doch weichet, ihr tollen, vergeblichen
Sorgen!
Mich rufet mein Jesus: wer sollt nicht gehn?
Nichts was mir gefällt,
Besitzet die Welt.
Erscheine mir, seliger, fröhlicher Morgen,
Verkläret und herrlich vor Jesu zu stehn.
5. Recitativo
Behalte nur, o Welt, das Meine!
Du nimmst ja selbst mein Fleisch und mein
Gebeine,
So nimm auch meine Armut hin;
Genug, dass mir aus Gottes Überfluss
Das höchste Gut noch werden muss,
Genug, dass ich dort reich und selig bin.
Was aber ist von mir zu erben,
Als meines Gottes Vatertreu?
Die wird ja alle Morgen neu
Und kann nicht sterben.
6. Choral
Herrscher über Tod und Leben,
Mach einmal mein Ende gut,
Lehre mich den Geist aufgeben
Mit rechtwohlgefasstem Mut.
Hilf, dass ich ein ehrlich Grab
Neben frommen Christen hab
Und auch endlich in der Erde
Nimmermehr zu schanden werde!
BWV 186
Ärgre dich, o Seele, nicht
Erster Teil
1. Coro
Ärgre dich, o Seele, nicht,
Daß das allerhöchste Licht,
Gottes Glanz und Ebenbild,
Sich in Knechtsgestalt verhüllt,
Ärgre dich, o Seele, nicht!
2. Recitativo Basso
Die Knechtsgestalt, die Not, der Mangel
Trifft Christi Glieder nicht allein,
Es will ihr Haupt selbst arm und elend sein.
Und ist nicht Reichtum, ist nicht Überfluß
Des Satans Angel,
So man mit Sorgfalt meiden muß?
Wird dir im Gegenteil
Die Last zu viel zu tragen,
Wenn Armut dich beschwert,
Wenn Hunger dich verzehrt,
Und willst sogleich verzagen,
So denkst du nicht an Jesum, an dein Heil.
Hast du wie jenes Volk nicht bald zu essen,
So seufzest du: Ach Herr, wie lange willst du
mein vergessen?
3. Aria Basso
Bist du, der mir helfen soll,
Eilst du nicht, mir beizustehen?
Mein Gemüt ist zweifelsvoll,
Du verwirfst vielleicht mein Flehen;
Doch, o Seele, zweifle nicht,
Laß Vernunft dich nicht bestricken.
Deinen Helfer, Jakobs Licht,
Kannst du in der Schrift erblicken.
4. Recitativo Tenore
Ach, daß ein Christ so sehr
Vor seinen Körper sorgt!
Was ist er mehr?
Ein Bau von Erden,
Der wieder muß zur Erde werden,
Ein Kleid, so nur geborgt.
Er könnte ja das beste Teil erwählen,
So seine Hoffnung nie betrügt:
Das Heil der Seelen,
So in Jesu liegt.
O selig! wer ihn in der Schrift erblickt,
Wie er durch seine Lehren
Auf alle, die ihn hören,
Ein geistlich Manna schickt!
Drum, wenn der Kummer gleich das Herze
nagt und frißt,
So schmeckt und sehet doch, wie freundlich
Jesus ist.
5. Aria Tenore
Mein Heiland läßt sich merken
In seinen Gnadenwerken.
Da er sich kräftig weist,
Den schwachen Geist zu lehren,
Den matten Leib zu nähren,
Dies sättigt Leib und Geist.
6. Choral
Ob sichs anließ, als wollt er nicht,
Laß dich es nicht erschrecken;
177
Denn wo er ist am besten mit,
Da will ers nicht entdecken.
Sein Wort laß dir gewisser sein,
Und ob dein Herz spräch lauter Nein,
So laß dir doch nicht grauen.
Zweiter Teil
7. Recitativo Basso
Es ist die Welt die große Wüstenei;
Der Himmel wird zu Erz, die Erde wird zu
Eisen,
Wenn Christen durch den Glauben weisen,
Daß Christi Wort ihr größter Reichtum sei;
Der Nahrungssegen scheint
Von ihnen fast zu fliehen,
Ein steter Mangel wird beweint,
Damit sie nur der Welt sich desto mehr entziehen;
Da findet erst des Heilands Wort,
Der höchste Schatz,
In ihren Herzen Platz:
Ja, jammert ihn des Volkes dort,
So muß auch hier sein Herze brechen
Und über sie den Segen sprechen.
8. Aria Soprano
Die Armen will der Herr umarmen
Mit Gnaden hier und dort;
Er schenket ihnen aus Erbarmen
Den höchsten Schatz, das Lebenswort.
9. Recitativo Alto
Nun mag die Welt mit ihrer Lust vergehen;
Bricht gleich der Mangel ein,
Doch kann die Seele freudig sein.
Wird durch dies Jammertal der Gang
Zu schwer, zu lang,
In Jesu Wort liegt Heil und Segen.
Es ist ihres Fußes Leuchte und ein Licht auf
ihren Wegen.
Wer gläubig durch die Wüste reist,
Wird durch dies Wort getränkt, gespeist;
Der Heiland öffnet selbst, nach diesem Worte,
Ihm einst des Paradieses Pforte,
Und nach vollbrachtem Lauf
Setzt er den Gläubigen die Krone auf.
10. Aria (Duetto) Soprano Alto
Laß, Seele, kein Leiden
Von Jesu dich scheiden,
Sei, Seele, getreu!
Dir bleibet die Krone
Aus Gnaden zu Lohne,
Wenn du von Banden des Leibes nun frei.
11. Choral
Die Hoffnung wart' der rechten Zeit,
Was Gottes Wort zusaget.
Wenn das geschehen soll zur Freud,
Setzt Gott kein g'wisse Tage.
Er weiß wohl, wenn's am besten ist,
Und braucht an uns kein arge List,
Des solln wir ihm vertrauen.
BWV 3
Ach Gott, wie manches Herzeleid
1. Chor
Ach Gott, wie manches Herzeleid
Begegnet mir zu dieser Zeit!
Der schmale Weg ist trübsalvoll,
Den ich zum Himmel wandern soll.
2. Choral und Rezitativ
Wie schwerlich läßt sich Fleisch und Blut
So nur nach Irdischem und Eitlem trachtet
Und weder Gott noch Himmel achtet,
Zwingen zu dem ewigen Gut
Da du, o Jesu, nun mein alles bist,
Und doch mein Fleisch so widerspenstig ist.
Wo soll ich mich denn wenden hin?
Das Fleisch ist schwag, doch will der Geist;
So hilf du mir, der du mein Herze heißt.
Zu dir, o Jesu, steht mein Sinn.
Wer deinem Rat und deiner Hilfe traut,
Der hat wohl nie auf falschen Grund gebaut,
Da du der ganzen Welt zum Trost gekommen,
Und unser Fleisch an dich Genommen,
So rettet uns dein Sterben
Vom endlichen Verderben.
Drum schmecke doch ein gläubiges Gemüte
des Heilands Freundlichkeit und Güte.
3. Arie Basso
Empfind ich Höllenangst und Pein,
Dich muß beständig in dem Herzen
Ein rechter Freudenhimmel sein.
Ich darf nur Jesu Namen nennen,
Der kann auch unermeßne Schmerzen
Als einen leichten Nebel trennen.
4. Rezitativ Tenore
Es mag mir Leib und Geist verschmachten,
Bist du, o Jesu, mein
Und ich bin dein,
Will ichs nicht achten
Dein treuer Mund
Und dein unendlich Lieben
Das unverändert stets geblieben,
Erhält mir noch den ersten Bund,
Der meine Brust mit Freudigkeit erfüllet
Und auch des Todes Furcht, des Grabes
Schrecken stillet
Fällt Not und Mangel gleich von allen Seiten
ein,
Mein Jesu wird mein Schatz und Reichtum
sein.
5. Arie Duetto Soprano/Alto
Wenn Sorgen auf mich dringen,
Will ich in Freudigkeit
Zu meinen Jesu singen.
Mein Kreuz hilft Jesu tragen,
Drum will ich gläubig sagen:
Es dient zum besten allezeit.
6. Choral
Erhalt mein Herz in Glauben rein,
So leb und sterb ich dir allein.
Jesu, mein Trost, hör mein Begier,
O mein Heiland, wär ich bei dir.

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